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Traumlawine

Traumlawine

Titel: Traumlawine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hubert Haensel
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die drei Wanderer, die sich wütend der lästigen Plage zu erwehren versuchten. Erfolglos, wie die vielen rasch anschwellenden Stiche auf der nackten Haut bewiesen.
    Joby trottete verbissen neben dem Steinmann einher. Er gab sich Mühe, Schritt zu halten. Immer wieder warf Sadagar ihm forschende Blicke zu, aber der Junge beklagte sich nicht, so sehr ihn der schnelle Marsch auch anstrengen mochte.
    Allmählich sanken ihre Füße tiefer ein; der Boden wurde schwammiger. Die Spuren, die sie hinterließen, füllten sich mit brackigem Wasser. Es roch nach Moder und Verwesung. Fauliger Schlamm bedeckte bald ihre Beinkleider bis zu den Knien.
    »Vor uns scheint ein Sumpf zu liegen«, meinte Nexapottl. »Wir sollten ihn umgehen, auch wenn uns dadurch Zeit verlorengeht.«
    Das feuchte Gelände begünstigte den Pflanzenwuchs. Üppig blühende Sträucher lösten bald die höheren Gewächse ab. Die Blütenkelche verströmten einen süßlichen Duft, der nicht allein die Insekten anlockte. Ehe Sadagar es sich versah, steckte Jobys Arm bereits bis zum Ellenbogen in einem der Kelche. Wahrscheinlich glaubte der Junge, daß es da irgend etwas zu klauen gab.
    Im nächsten Moment schrie er gellend auf. Sein Gesicht verzerrte sich zur schmerzerfüllten Grimasse.
    Der ganze Strauch geriet in Bewegung. Wurzelstränge schlugen nach den Beinen des Jungen, wickelten sich um seine Hüfte. Verzweifelt versuchte er, seinen Arm aus der Blüte zu befreien, doch die Umklammerung, in der er gefangen war, wurde nur fester.
    Eine geifernde Öffnung entstand im Stamm der Pflanze. Als Sadagar Joby zurückzerren wollte, griffen die Fangarme auch nach ihm.
    Er riß zwei seiner Wurfmesser aus dem Gürtel und schleuderte sie. Beide trafen ihr Ziel. Klebriger Pflanzensaft verspritzte nach allen Seiten.
    Joby wurde hochgewirbelt. Keuchend rang er nach Atem.
    Ein drittes Messer bohrte sich tief in den aufgerissenen Schlund der Pflanze. Ziellos peitschten Wurzelstränge durch die Luft. Joby bekam wieder Boden unter die Füße. Nexapottl packte zu und half, ihn zu befreien.
    Die Pflanze wurde zusehends schwächer. Aber überall ringsum begann es jetzt zu rascheln. Viele Gewächse gerieten in zuckende Bewegungen.
    »Nichts wie weg von hier!« Der Königstroll zog Joby einfach hinter sich her.
    »Meine Messer«, erinnerte Sadagar.
    »Laß sie.«
    Aber der Steinmann hörte nicht. Mit wenigen Schritten war er bei dem aufgeplatzten Stamm und schob seine Wurfmesser hastig in den Gürtel zurück.
    »Hinter dir!« brüllte Nexapottl.
    Ohne auch nur den Bruchteil eines Herzschlags zu zögern, hechtete der Steinmann vorwärts. Er kam auf Händen und Knien auf, rappelte sich sofort hoch und hastete weiter. Hinter ihm hob ein durch Mark und Bein gehendes Schmatzen an. Sich umwendend, erblickte er eine schier undurchdringliche Wand aus zuckenden Stämmen. Mangels anderer Opfer fielen die Pflanzen über ihresgleichen her. Sadagar schüttelte sich.
    »Bisher hatten wir Glück«, stellte sein Freund unumwunden fest. »Wir müssen weit vorsichtiger sein. Das gilt besonders für dich, Joby.«
    Der Junge nickte betreten. Immerhin schien er einzusehen, daß Gefahren überall lauern konnten.
    Von da an achteten sie noch mehr auf ihre Umgebung, die wie ein Irrgarten war, durch den sie sich mühsam hindurchtasten mußten. Weit sehen konnten sie nicht, weil die meisten Gewächse gut eineinhalb Mannslängen erreichten. Unter einem dünnen Moosteppich schien die Krume schwankend und trügerisch.
    »Wie weit ist es noch?« wollte Sadagar wissen.
    »Ich schätze, daß wir knapp die Hälfte des ebenen Sargoz durchquert haben«, sagte Nexapottl.
    Leise, unverständliche Stimmen wurden hörbar.
    Joby feuchtete seinen Zeigefinger mit Spucke an und streckte ihn in die Höhe.
    »Der Wind kommt von dort drüben«, sagte er und deutete nach rechts.
    »Das müssen die Piraten sein«, erschrak Sadagar. »Hoffentlich bemerken sie uns nicht.«
    Unwillkürlich wichen sie weiter zur Seite aus. Jetzt war zwar alles wieder ruhig, doch das mußte keineswegs bedeuten, daß die Gefahr vorüber war.
    »Wartet!« Der Steinmann blieb stehen und lauschte. Erst vernahm er nur das aufgeregte Pochen seines Herzens, dann hörte er das Geräusch eines brechenden dürren Astes. Das Knacken wiederholte sich gleich darauf, schien aber bereits wesentlich näher.
    »Schneller!« hauchte er. »Sie kommen in unsere Richtung.«
    Joby begann zu rennen. Wasser verspritzte nach allen Seiten, der Boden schwankte. Unvermittelt

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