Traummoerder
einzufühlen und ihre Gedanken und Gefühle zum Ausdruck zu bringen.«
»Nächste Frage?«
»Haben Sie Nachforschungen bei einigen dieser Morde angestellt? Ich frage mich, ob …«, der Mann legte eine kurze Pause ein,« … ob die Gräueltaten in ihrem Buch auf realen Vorkommnissen beruhen.«
»Der Roman ist reine Fiktion. Ich habe ausführliche allgemeine Recherchen betrieben, sowohl auf psychiatrischem als auch auf anderen Gebieten, aber die Handlungsstränge sind reine Phantasie.«
Allmählich gewöhnte er sich daran, eiskalt zu lügen – die Worte kamen ihm leicht über die Lippen, und seine Nerven waren nicht mehr bis zum Zerreißen gespannt.
Fortall wählte einen anderen Gast aus.
»Alex Shand, LA Times. Guten Tag, Mr. Nolan.«
»Guten Tag.«
»Als Erstes möchte ich Sie beglückwünschen. Sie stehen schon wochenlang auf den Bestsellerlisten – und jetzt kommt auch noch ein Film.«
»Danke. Es freut mich, dass mein Buch so gut aufgenommen wurde. Ihre Frage, bitte?«
»Können Sie verneinen oder bestätigen, dass Sie ursprünglich dagegen waren, aus Ihrem Stoff einen Film zu drehen? Und wenn ja, könnten Sie uns Ihre Gründe nennen?«
Augenblicklich wurde Dermot unsicher. Wie hatte dieser Mann erfahren, dass er nur widerwillig dem Filmvertrag zugestimmt hatte? Nur Esther, Neela und Nick wussten davon.
Einige Sekunden vergingen. Dermot warf Neela einen verstohlenen Blick zu, dann sah er Shand an, dem sein Zögern natürlich nicht entgangen war und der jetzt Neelas Gesicht aufmerksam musterte.
Dermot räusperte sich. »Lassen Sie es mich so ausdrücken: Ich war nie dagegen, die Möglichkeit eines Films in Betracht zu ziehen. Aber was man in einem Medium zum Ausdruck bringen kann, lässt sich manchmal nicht auf ein anderes übertragen. Man kann zum Beispiel sagen, dass sich die Werke von Francis Bacon nicht eignen, zu einem Film verarbeitet zu werden. Möglicherweise trifft das auch auf meinen Roman zu – wir müssen bei der Verfilmung ins Kalkül ziehen, dass manche Zuschauer leicht zu beeindrucken sind.«
Fortall rief ein attraktives Mädchen auf, das ziemlich weit vorne saß.
»Gillian Hanna. Guns and Ammo. Nach welchen Kriterien hat der Killer seine Opfer ausgesucht? Das wird in dem Roman nicht deutlich.«
»Er hat sie nicht ausgewählt – sie waren einfach da.« Die Standardantwort.
Das Mädchen verzog enttäuscht das Gesicht. »Meinen Sie nicht, Sie hätten eine andere Dimension hinzufügen sollen, um eine Begründung für die Morde anzubieten? Ich war die ganze Zeit überzeugt, dass die Leser auf den letzten Seiten erfahren, warum er sich gerade für diese Opfer entschieden hat. Und ich muss schon sagen, dass ich ziemlich enttäuscht war.«
»Das tut mir leid, Miss Hanna. Ich habe bei meinen Recherchen erfahren, dass die meisten Serienkiller ihre Taten irgendwie begründen können, so verrückt uns ihre Motive auch erscheinen mögen. Das hat meine Neugier geweckt, aber ich habe mich dann doch entschlossen, über jemanden zu schreiben, der zufällig und grundlos mordet, weil das ein ungewöhnliches Szenario ist.«
Die Fragestunde dauerte noch eine ganze Weile. Eine ältere Frau wollte wissen, ob Dermot jemanden kannte, der jemanden getötet hatte. Für einen Moment herrschte angespannte Stille im Saal. Dann fügte sie hinzu: »Ich frage mich einfach, ob Ihr Vater aktiven Militärdienst geleistet und Ihnen erklärt hat, wie es ist, einen Menschen zu töten. Nichts für ungut, Mr. Nolan.«
»Nein, mein Vater hat nie in einem Krieg gekämpft. Ich musste mir vorstellen, wie man sich fühlt, wenn man einen Mitmenschen ermordet hat«, antwortete Dermot und fügte hastig hinzu: »Genau genommen bin ich sehr froh, dass ich in diesem Punkt keine Erfahrungen aus erster Hand habe.«
Großes Gelächter.
Die letzte Frage kam von einem Mann mit Adlernase und funkelnden Augen. Er hatte seinen Platz ganz vorne. »Warum haben Sie die Handlung nach Australien verlegt? Was hat Ihnen an unseren Gefilden nicht gefallen? Wir in den USA haben immer noch die ›besten‹ Massenmörder der Welt.«
»Kein Zweifel, bei uns haben die merkwürdigsten Typen ihr Unwesen getrieben. Und wenn Sie im Besitz von speziellen Informationen sind, melden Sie sich bitte bei der Polizei«, sagte Dermot.
»Aber warum spielt der Roman nicht hier, in Amerika?«
»Ich dachte, dass Amerika allmählich reif ist, Geschichten zu lesen, die sich in anderen Gefilden abspielen. Da draußen wartet eine ganze Welt.«
Fortall
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