Traummoerder
Freundin?«
Der Anrufer ignorierte die Frage. »Haben Sie eine persönliche E-Mail-Adresse? Eine private, nicht die Ihrer Redaktion, und eine private Handynummer? Geben Sie mir beides und vergessen Sie, dass ich jemals danach gefragt habe.«
Damit wurde die Verbindung abgebrochen. Schipp legte den Hörer auf die Station. Obwohl er sich den Kopf zerbrach, woher der Anrufer so viel über ihn wissen konnte, musste er grinsen. Die meisten anderen würde ein solcher Anruf zutiefst erschrecken, doch Schipp freute sich schon darauf, der Information nachzugehen und zu erkunden, ob etwas Wahres an dem Vorwurf des Anrufers war. Basierte Dermot Nolans Roman tatsächlich auf realen Begebenheiten?
Schipp stieg auf seinen Stuhl und linste über die Trennwand. »Ange, hast du dieses Buch noch bei der Hand – Worst Nightmares?«
Sie funkelte ihn böse an. »Zufällig ja. Blas nur nie wieder stinkenden Rauch in meine Richtung, verstanden?«
Schipp schlug eine Hand vor den Mund. »Kannst du mir das Buch für ein paar Minuten borgen?«
»Klar«, gab sie zurück. »Fang!« Sie warf ihm das Buch zu.
Kurz darauf war Schipp in Kapitel zwölf vertieft. Fünfundzwanzig Minuten später saß er im Büro des Chefredakteurs.
Es war kein einfaches Unterfangen, so kurzfristig eine Audienz beim Chefredakteur zu bekommen, aber wenn Schipp meinte, eine gute Story zu haben, dann steckte meistens etwas dahinter.
In dem großen Ledersessel, der bestimmt einige tausend Dollar gekostet hatte, sah Schipp aus wie ein Kleinkind in einem Sessel für Erwachsene. Ein gigantischer Schreibtisch trennte ihn von seinem Chefredakteur.
»Das ist ein ganz gefährliches Terrain, Schipp. Entweder sitzen Sie hier auf der Story des Jahres, oder wir werden mit Klagen zugeschüttet.«
»Es ist ein Tipp, Sir. In dieser Phase ist es nichts weiter. Der Informant könnte echt sein oder aber ein echtes Arschloch.«
»Na, na, Schipp«, tadelte Melhuish. Der Chefredakteur war dreiundsechzig Jahre alt und legte Wert auf eine gepflegte Sprache. Jargon, Schimpfworte oder Flüche waren ihm zuwider. »Wenn wir Hinweise auf Leichen an diesem Ort finden, dann hätten wir wirklich eine ziemlich anständige Story. Falls es noch dazu eine Verbindung zu Nolans Buch gibt, wie der Anrufer angedeutet hat, dann müssen wir rasch handeln – wir wollen doch nicht, dass uns ein anderes Blatt zuvorkommt und die Geschichte bringt, ehe wir unseren Anspruch darauf geltend machen konnten.«
»Natürlich nicht.«
»Kennen Sie diesen Informanten? Ist er verlässlich? Hat er einen Namen.«
»Ich habe nicht die leiseste Ahnung, wer er ist – und ich hatte noch nie mit ihm zu tun.«
»Sicher?«
»Das kann ich sogar ohne Stimmenanalyse mit Gewissheit sagen. Er hat eine außergewöhnliche Stimme. Ein bisschen wie Lee Marvin. Selbstverständlich könnte er sie verstellt haben.«
»In der Tat.« Melhuish legte die Spitzen seiner kurzen, dicken Finger aneinander, während er seine Gedanken sammelte. »Dieser Mann deutet an, dass Nolan seinem Roman wahre Ereignisse zugrunde gelegt und später in diesem Punkt gelogen hat. Ist das korrekt?«
»Ja.«
»Aber wieso sollte er die Unwahrheit sagen? Er hat doch offensichtlich sehr genau recherchiert.«
»Mein Informant riet mir, ein Polizeiteam mitzunehmen, wenn ich mir den Ort ansehe, den er mir genannt hat. Ich rechne damit, dass wir dort ein Grab finden. Er sagte, dass die Polizei, wenn sie dort gräbt, auf zwei Tote stoßen wird – auf Gareth Nash und seine Frau Laura. Ich habe mir die Liste der vermissten Personen genau angesehen, bevor ich Sie angerufen habe. Wie es scheint, gilt dieses Ehepaar seit ein paar Monaten als vermisst. Sie wurden bisher nicht gefunden.«
»Sie sind nur vermisst? Das ist nicht gerade spektakulär.«
»Wenn Sie Dermot Nolans Worst Nightmares gelesen hätten, würden Sie das nicht mehr sagen. In dem Buch heißen diese Leute Alan und Nancy Wood. Sie wurden in Australien zu Tode gefoltert.«
»Also wissen wir überhaupt nichts über diesen Informanten?«
»Ganz recht, Sir.«
»Es wirft eine Menge Fragen auf, wenn er so genau weiß, wo diese Toten begraben sind, und das schon seit einiger Zeit – sonst hätte er den Gestank nicht erwähnt, mit dem man rechnen muss, wenn sie ausgegraben werden.«
»Ja, das wirft Fragen auf, Sir.«
»Woher sollte Ihr Informant wissen, wo diese Toten zu finden sind, wenn er sie nicht selbst dort begraben hat?«
»Vielleicht hat er beobachtet, wie sie begraben wurden.«
»Und
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