Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Traumpfade

Traumpfade

Titel: Traumpfade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bruce Chatwin
Vom Netzwerk:
aussteigen zu sehen, mit einem »Eski« in der Hand. Marians goldener Haarschopf folgte. Sie sah unbeschreiblich glücklich aus. Sie trug ein anderes ge blümtes Kleid, das nicht weniger zerlumpt war als die an deren.
    »He!« rief ich. »Das ist ja wunderbar!«
    »Hallo, alter Freund!« Arkady lächelte. Er stellte den »Eski« auf den Boden und zog uns beide in einer seiner russischen Umarmungen an sich.
    »Aha! Ihr habt euch also gefunden.«
    »Lauter gute Nachrichten«, sagte Arkady. »Gute Nachrichten … toi, toi, toi … in Sachen Titus. Gut für Hanlon … Ist kein Krebs … Gut für die Eisenbahn. Sie haben noch einen Blick aufs Budget geworfen und sehen keine Möglichkeit, das Ding zu bauen. Die Arbeiten sind zum Stillstand gekommen. Ich habe meinen Job verloren, aber was soll’s?«
    »Und wissen Sie, wer da gehext hat?« sagte ich.
    »Old Alan«, sagte Arkady.
    »Vielleicht hat er sie weggesungen?«
    »Wie geht’s mit dem Schreiben?« fragte er.
    »Das übliche Chaos«, sagte ich.
    »Nicht so trübsinnig«, sagte Marian. »Wir haben einen wunderschönen Fisch zum Abendessen mitgebracht.«
    Im »Eski« waren ein vierpfündiger Barramunda und Kräuter zum Grillen. Außerdem hatten sie zwei Flaschen Weißwein vom Wynne-Weingut in Südaustralien hineingeschmuggelt.
    »He!« sagte ich. »Das ist was Besonderes! Wo haben Sie die her?«
    »Beziehungen«, sagte Arkady.
    »Wo ist Wendy?« Marian wandte sich an Rolf.
    »Mit den Kindern unterwegs, Buschnahrung suchen«, sagte er.
    Ungefähr fünf Minuten später kam Wendy am Steuer ihres alten Landrovers angefahren. Die Rücksitze waren mit grinsenden Kindern vollgestopft, von denen einige Goannas an den Schwänzen baumeln ließen.
    »Diese beiden«, sagte Rolf, »haben sich wiedergefunden.«
    »Oh, wie schön!« Sie sprang aus dem Wagen und stürzte in Marians Arme, und Arkady schloß sich ihnen an.
    Mit Estrella waren wir eine sechsköpfige Gesellschaft beim Abendessen. Wir aßen und lachten und tranken und erzählten alberne Geschichten. Estrella war eine Fundgrube für Absurdes. Ihr Lieblingsthema war der katholische Bischof der Kimberleys, der früher einmal U-Boot-Kommandant gewesen war und sich jetzt einbildete, ein As im Fliegen zu sein.
    »Dieser Mann«, sagte sie, »ist ein fenomeno … una maravilla … Er fliegt mit seinem aeroplano mitten in eine Gewitterwolke, um zu sehen, ob er richtig oder verkehrt herum wieder rauskommt.«
    Nach dem Kaffee ging ich, um den Wohnwagen für das junge Paar aufzuräumen. Arkady startete den Motor des Landcruisers.
    Er wollte um acht zu Titus aufbrechen.
    »Kann ich diesmal mitkommen?« fragte ich.
    Er zwinkerte Marian zu.
    »Natürlich können Sie mitkommen«, sagte sie.
    Wir sahen ihnen nach, als sie schlafen gingen. Sie waren zwei Menschen, die im Himmel füreinander gemacht waren. Sie waren seit dem Tag ihrer ersten Begegnung hoffnungslos ineinander verliebt gewesen, doch hatten sie sich immer mehr in ihre Panzer verkrochen, absichtlich aneinander vorbeigesehen, voller Verzweiflung, als wäre es zu gut, als sollte es nie sein, bis die Zurückhaltung und die Angst plötzlich wegschmolzen.
    Die Nacht war klar und warm. Wendy und ich schoben ihr Bettgestell nach draußen vor den Abstellraum. Sie zeigte mir, wie man das Teleskop scharf einstellte, und bevor ich einschlief, reiste ich um das Kreuz des Südens.

38
    U m acht waren wir unterwegs. Der Morgen war klar und frisch, aber später würde es heiß werden. Der Mann der Amadeus-Sippe, der mit dem Flugzeug mitgekommen war, saß zwischen Arkady und Marian und hielt eine Aktenmappe umklammert. Limpy, der sich für die Gelegenheit in Schale geworfen hatte, saß neben mir auf dem Rücksitz.
    Wir nahmen Kurs auf den Schauplatz meiner verunglückten Känguruhjagd, bogen dann aber links ab auf die Nebenstraße nach Alice. Nach ungefähr zehn Meilen verwandelte sich die gelbblühende Gestrüpplandschaft in ein wogendes, offenes Grasland mit verblichenen Halmen und windgestutzten Eukalyptusbäumen – blaugrün, wie die Farbe von Olivenbäumen, deren Blätter im Wind weiß werden; und wenn man die Augen zusammenkniff, konnte man meinen, in der grellen provenzalischen Landschaft von van Goghs Kornfeld bei Arles zu sein.
    Wir fuhren durch einen Wasserlauf und bogen erneut links in eine Sandpiste ein. In einem Gehölz stießen wir auf eine ordentlich wirkende Blechhütte und auf Titus’ Ford. Eine Frau sprang auf und rannte davon. Wie üblich heulten die Hunde.
    Titus, in Shorts

Weitere Kostenlose Bücher