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Traumreisende

Traumreisende

Titel: Traumreisende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marlo Morgan
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inne, um sich eine Beschreibung auszudenken, und fuhr dann fort: »Wisst ihr, wie es sich anfühlt, wenn man sich mit einem glatten, polierten Stein über die Wange fährt? Oder das Gefühl, wenn man einfach im Wasser treibt, wo man überhaupt keinen Widerstand spürt? Dieser Stoff ist, als wäre man in die weichsten, zartesten Wolken gehüllt. Ja, es ist ein Gefühl, als würde der Himmel eure Haut berühren. Es ist, als trüge man die Glätte eines polierten Steins. Der Stoff heißt >Seide<. Ich habe einmal ein Tuch daraus in der Hand gehalten. In China gibt es Leute, deren ganze Kleidung aus Seide besteht.«
    Sie hielt inne, weil ihr nichts mehr weiter einfiel. Die Gruppe saß unter dem Sternenhimmel, und jeder Zuhörer stellte sich auf seine Weise die Erfahrung mit diesem neuen Begriff vor: der Berührung von Seide.
    Der Neumond wich den ersten Strahlen des Morgenlichts. Als sie die Lagerstätte säuberten, war jeder noch erfüllt von der Geschichte der fernen Gegenden. Dann ließ der alte Googana alle in einer Reihe hintereinander Aufstellung nehmen, Bauch an Rücken, die linke Schulter der aufgehenden Sonne zugewandt. Die linken Arme hingen mit offener Handfläche in Kniehöhe herunter. Die rechten Arme wurden über den Kopf gehoben, die Handflächen dem Licht geöffnet. Sie beugten sich aus der Taille leicht nach vorn, so dass eine gebogene Linie entstand, und schauten alle nach Osten. Gemeinsam wiederholten sie den Spruch, den sie jeden Morgen sprachen:
    »Es ist heute, Göttliche Einheit! Wir gehen diesen Weg, um wegen seines Daseinszwecks das zu ehren, was immer da draußen ist. Unser Zweck ist es, den Zweck zu ehren. Wenn es dem höchsten Wohl allen Lebens dient, sind wir offen für die Erfahrung, heute wieder zu essen.«
    Mitamit, der Geistwindläufer, beendete die Säuberung der Stelle, die sie am vorhergehenden Abend für das Feuer benutzt hatten. Während er die Asche unter den Sand mischte, sprach er mit dem Holz und der Erde. Er erklärte, wie dankbar die Gruppe für die Wärme gewesen sei, und bot dem verbrannten Holz nun eine Gegengabe an. Dieses Geschenk war die Wiedervereinigung mit der Erde, damit sie einander nähren und Vorbereitungen für neues Leben, das Wachstum neuer Bäume treffen konnten. »Warum benutzt du das Wort >Geschenk    »Das sind sie auch«, antwortete Mitamit. »Aber nicht nur für die Menschen. Und oft ist, wie ich gehört habe, in der Welt der >Veränderten< das, was gegeben wird, ganz und gar kein Geschenk.«
    »Wie meinst du das?«
    »Ein Geschenk ist, wenn du jemandem etwas gibst, was dieser sich wünscht, nicht etwas, von dem du meinst, er sollte es haben, oder etwas, das zu geben du dich verpflichtet fühlst. Nur wenn die betreffende Person es sich wünscht und du in der Lage bist, es zu geben, handelt es sich um ein Geschenk.«
    Benala warf ein: »Aber es ist noch mehr daran. Deine Erfahrung endet mit dem Geben, während die Erfahrung der anderen Person mit dem Empfangen und Annehmen erst beginnt. Wenn du etwas Gefühlsmäßiges mit dem verbindest, was du verschenkt hast, wenn du irgendwelche Bedingungen stellst, dann ist es kein echtes Geschenk. Ein Geschenk gehört dem Empfänger, und er kann damit tun, was immer er will.
    Siehst du, wenn ein >Veränderter< etwas gibt und vom Empfänger erwartet, dass er sich bedankt, den Gegenstand trägt, zur Schau stellt oder ihm etwas anderes dafür gibt, dann ist es kein Geschenk. Es sollte dann anders genannt werden.«
    »Wir lieben es, Geschenke zu geben und zu empfangen«, fuhr Mitamit fort. »Das macht jeden Tag, jede Mahlzeit, jede Lagerstätte zu etwas Besonderem, du wirst sehen.«
    Die weißhaarige Wurtawurta meldete sich ebenfalls zu Wort:
    »Es gibt soviel zu erzählen, aber wir müssen am Anfang beginnen, und jeder wird etwas zu der Erzählung beitragen.

    Weißt du, wie lange die Ewigkeit dauert?« fragte sie Beatrice, aber sie antwortete selbst, ehe diese Zeit hatte, ihre Gedanken zu ordnen. »Es ist eine sehr, sehr lange Zeit. Die Ewigkeit hat keinen Anfang und kein Ende. Sie hat kein Morgen und kein Gestern. Sie ist wie ein Kreis, und du musst diese ungeheuere Größe begreifen, bevor man von anderen Dingen mit dir reden sollte. Kannst du begreifen und verstehen, wie lange die Ewigkeit dauert?« Beatrice bejahte.
    »Gut«, fuhr die ältere Frau fort, »denn du bist ewig. Du bist von dort gekommen, du gehst dorthin zurück, und alles, was du

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