Traumreisende
gehabt, sich vorzubereiten. So sollten die kreativen Säfte in jedem Menschen für sein ganzes Leben in Fluss gehalten werden. Beatrice stand auf und ging um die vier Frauen und zwei Männer herum. Sie hielt inne und tat so, als wolle sie zu Wurtawurta sprechen, aber dann richtete sie sich wieder auf und ging weiter. Alle lachten. Beatrice war für die Familie eine wahre Freude. Sie sorgte dafür, dass alle ihren Spaß hatten und sie selbst auch. Wie ein Kind ging sie von einem zum anderen, und dann, ehe noch jemand es richtig gemerkt hatte, hielt sie an und flüsterte Mitamit etwas ins Ohr. Er war ganz verblüfft. Nicht im Traum hätte er daran gedacht, dass sie das tun würde. Sie waren Freunde, aber da er ein unverheirateter Mann und sie eine unverheiratete Frau war, gingen sie immer zurückhaltend miteinander um. Er hatte nicht das Verlangen, sich eine Frau zu nehmen.
Er stand auf und sagte ein Gedicht auf: Der Reiher hat einen langen Hals, Der Pinguin winzige Füße,
Der Kookaburra eine kräftige Stimme, Doch der Adler ist unser Lieblingsfestmahl.
Was haben sie alle gemeinsam?
Das sind Eier in einem Nest.
Und wenn ihr einen Teil wählen solltet, Welcher Name würde am besten zu ihr passen?
Sie hat die weiße, durchsichtige Welt verlassen, Sie ist keine schützende, harte Schale.
Ich stelle Minendie vor, das Eigelb.
Ja, das passt gut zu dir.
Danach würde sie niemand mehr Beatrice nennen. Alle waren erfreut über Mitamits Gedicht. Als er Minendie bat, ihre Entscheidung zu erklären, antwortete sie: »Ich glaube, du hast mir ins Herz geschaut.« Dann wandte sie sich an die anderen und sagte: »Er hat euch genau gesagt, wie ich mich fühle. Es ist, als ginge ich von euren Armen umgeben, die mir den Weg weisen und mir erlauben, zu wachsen und mich zu verändern und zu entwickeln. Ich fühle mich genährt und geschützt. Ich fühle auch, dass ich nicht weiß, woher dieses Eigelb kam, und ich habe keine Ahnung, was am Ende auftauchen wird. Ihr seid wie die Mutter, die ich nie gekannt habe; ihr wärmt dieses Nest jeden Tag und akzeptiert bedingungslos das, was aus dem Ei schlüpft. Ich habe nie ein so wunderbares Gefühl gekannt, und ich werde immer dankbar für eure Freundschaft sein.«
Die Feier wurde mit weiteren Liedern und Tänzen fortgesetzt, bis sie schließlich alle erschöpft waren und einer nach dem anderen in den Schlaf fiel. Minendie schaute zum Himmel auf und ließ alles los, was Beatrice gewesen war. Sie hatte ihren Frieden geschlossen mit Pater Felix, Pater Paul, Schwester Agatha und den anderen. Morgen würde ein neuer Tag beginnen, und sie wäre neu geboren. An manchen Tagen unterhielten sie sich, während sie gingen.
An anderen Tagen schwiegen sie. Doch jeden Abend gab es eine Zeit der Gemeinsamkeit, gewöhnlich mit Musik und Liedern. Die Gruppe trug dazu spezielle Stöcke mit sich, mit denen der Rhythmus geschlagen wurde. Es waren zwei getrocknete poröse Holzstäbe von etwa zwanzig Zentimetern Länge mit abgerundeten Enden. Beide Stäbe waren mit einem Muster verziert, das in das Holz eingebrannt war. Jeden Abend wurden die Stäbe von jemand anderem benutzt, der sie zusammenschlug und einen Rhythmus vorgab. Manchmal wurden auch andere herumliegende Holzstücke verwendet, oder zwei Steine oder das Klatschen der Hände auf die Oberschenkel begleiteten den erwünschten Klang. Ein Instrument, das in Australien seit Tausenden von Jahren benutzt wird, heißt Didjeridoo.
Mitamit fand einen abgestorbenen Baum, den weiße Ameisen ausgehöhlt hatten. Er nahm einen geraden Ast von ungefähr ein Meter dreißig Länge, blies Sand hindurch und reinigte so das Innere. Dann benutzte er Steine, Sand und anderes Holz, um die Oberfläche an dem Ende zu glätten, auf das er seine Lippen legte. Verschieden strukturiertes Holz unterschiedlicher Bäume ergab höhere und tiefere Töne, aber Mitamit beherrschte sie alle. Er konnte mit dem Blasinstrument sogar Vogel-und andere Tierlaute nachahmen. Wenn die Gruppe sich in der Nähe eines Ortes befand, wo Wassergras wuchs, erzeugten sie ganz einzigartige Töne, indem sie darauf bliesen. Sie banden auch hohle Schilfstengel unterschiedlicher Länge zusammen und schufen so eine Art Mundharmonika.
»Jeder ist musikalisch«, sagten sie. »Musik ist ein Teil unserer irdischen Aufgabe. Wenn du nicht singst, weil du meinst, du könntest nicht singen, macht das den Sänger in dir nicht kleiner. Du ehrst einfach dein Talent nicht.« Sie sangen von historischen Ereignissen.
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