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Traumsammler: Roman (German Edition)

Traumsammler: Roman (German Edition)

Titel: Traumsammler: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Khaled Hosseini
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Traum vom Kunststudium sonst so rasch aufgegeben und mich so wenig gesträubt, als Baba mich damals bat, nicht nach Baltimore zu gehen? Hätte ich mich sonst von Neal getrennt, mit dem ich bis vor einigen Jahren verlobt war? Er besaß eine kleine Firma, die Solaranlagen installiert. Er hatte ein eckiges, gefurchtes Gesicht, das mir auf Anhieb gefiel, als er in Abe’s Kabob-Haus den Blick von der Speisekarte hob und lächelnd die Bestellung aufgab. Er war geduldig, freundlich und ausgeglichen. Was ich Pari über ihn erzählt habe, stimmt so nicht. Neal hat mich nicht wegen einer schöneren Frau verlassen. Ich war es, die unsere Beziehung ganz gezielt scheitern ließ. Er versprach sogar, zum Islam überzutreten und Farsi-Unterricht zu nehmen, aber ich habe immer neue Ausreden gesucht. Am Ende bin ich in Panik geraten und zurück in die vertrauten Winkel, Ecken und Nischen des Lebens bei meinen Eltern geflohen.
    Pari kommt auf die Beine. Sie streicht den Saum ihres Kleides glatt, und ich empfinde es wieder als ein Wunder, dass sie hier ist, so dicht neben mir steht.
    »Ich möchte dir etwas zeigen«, sage ich.
    Ich stehe auch auf und gehe in mein Zimmer. Wenn man sein Zuhause nie verlässt, räumt niemand das alte Kinderzimmer aus oder verkauft die Spielzeuge bei einem Garagenflohmarkt oder verschenkt die Kleider, denen man entwachsen ist. Mir ist natürlich bewusst, dass ich mit fast dreißig noch viel zu viele Kindheitsrelikte besitze, die ich größtenteils in der großen Truhe vor dem Fußende meines Bettes aufbewahre, deren Deckel ich jetzt hebe – alte Puppen, das rosa Pony, das ich mit einem Kamm für die Mähne bekam, die Bilderbücher, die Karten zu Geburtstagen und zum Valentinstag, die ich in der Grundschule aus Bohnen, Glitzerzeug und Sternchen für meine Eltern bastelte. Als ich mich von Neal getrennt habe, sagte er zum Abschied zu mir: Ich kann nicht auf dich warten, Pari. Ich kann nicht darauf warten, dass du endlich erwachsen wirst.
    Ich schließe den Deckel und kehre ins Wohnzimmer zurück. Pari sitzt gegenüber von Baba auf dem Sofa, und ich setze mich neben sie.
    »Hier«, sage ich und reiche ihr einen Stapel Postkarten.
    Sie nimmt ihre Lesebrille vom Beistelltisch und löst das Gummiband, das die Karten zusammenhält. Beim Anblick der ersten Karte runzelt sie die Stirn. Sie zeigt den Caesars Palace in Las Vegas bei Nacht, glitzernd und hell erleuchtet. Pari dreht die Karte um und liest laut vor.
21. Juli 1992
Liebe Pari,

Du ahnst ja nicht, wie heiß es hier wird. Baba hat heute eine Brandblase bekommen, als er die Hand auf die Motorhaube unseres Mietwagens gelegt hat! Mutter musste sie mit Zahncreme behandeln. In Caesars Palace gibt es römische Soldaten mit Schwert, Helm und rotem Umhang. Baba wollte Mutter mit ihnen fotografieren, aber sie hat sich geweigert. Ich habe es dann getan! Ich zeige Dir die Bilder, sobald wir zurück sind. So viel für heute. Ich vermisse Dich. Ich wünschte, Du wärst hier.

Pari

P.S.: Während ich Dir schreibe, esse ich einen richtig fetten Eisbecher.
    Sie nimmt die nächste Postkarte zur Hand, Hearst Castle, und liest mit angehaltenem Atem. Er hatte einen Privatzoo! Ist das nicht irre? Känguruhs, Zebras, Antilopen, Trampeltiere (Kamele mit zwei Höckern!). Eine aus Disneyland, die Micky mit dem Hut eines Zauberers und einem Zauberstab zeigt. Mutter hat gekreischt, als der Erhängte von der Decke gefallen ist! Du hättest sie hören sollen! Lake Tahoe. La Jolla Cove. Big Sur. Seventeen Mile Drive. Muir Woods. Ich vermisse Dich. Du würdest es hier toll finden. Ich wünschte, Du wärst hier.
    Ich wünschte, Du wärst hier.
    Ich wünschte, Du wärst hier.
    Pari nimmt die Brille ab. »Du hast Postkarten an dich selbst geschrieben?«
    Ich schüttele den Kopf. »Nein, an dich.« Ich lache. »Peinlich, was?«
    Pari legt die Postkarten auf den Couchtisch und rutscht näher an mich heran. »Erzähl.«
    Ich blicke auf meine Hände, lasse die Armbanduhr kreisen. »Ich habe mir immer vorgestellt, wir wären Zwillingsschwestern, du und ich. Niemand außer mir konnte dich sehen. Ich habe dir alles erzählt. All meine Geheimnisse. Für mich warst du wirklich, und du warst mir ganz nahe. Mit dir fühlte ich mich nicht so allein. Als wären wir Doppelgänger. Verstehst du, was ich meine?«
    Ein Lächeln tritt in ihre Augen. »Ja.«
    »Ich habe mir immer vorgestellt, wir wären zwei Blätter, die der Wind weit auseinandergeweht hat, die aber durch die tiefen, verschlungenen Wurzeln

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