Traurige Therapeuten: Roman (German Edition)
Curtius im Bücherregal suchte ich ein paar harmlose Tabletten zusammen: Dogmatil, den braven Stimmungsaufheller, ein paar Lefax-Kautabletten – für die Darmpolypen, sagte ich – und eine Probepackung Diclofenac-Zäpfchen, sehr nützlich auch gegen psychotische Entzündungen aller Art. In diesem Augenblick erhob sich die Fürstin Elvira Tamara von Ilsenburg-Hatzfeld, schüttelte ihre blonden Locken, sah wehe in die Weite, das heißt, auf die abwaschbaren Tapeten, Motiv Bach mit Trauerweiden , und furzte.
13 Für den Heilberuf ist es immer eine schöne Sache, wenn Prognose, Diagnose und Medikation von den Patienten angenommen werden.
Da sehen Sie, sagte ich, reichen Sie ihr sofort eine Lefax, Madame. Sie sprach zu mir in dunkler Stunde von diesen Beschwerden, will sagen, während der Hypnose.
Sie sind ein großer Seelendoktor, sagte Larissa, Hipnose ist wie Religion, ich weiß, auch unser Rasputin war ein potenter Hipnosepope und fromm wie ich, danke. Und meine Prinzessin hat gesprochen in Hipnose zu Ihnen – aber was?!
Gottlob kam mir der geniale Einfall nicht zu spät.
Das Sprechen sei nicht wörtlich zu nehmen, sagte ich, was ich von Elvira erfuhr oder was sie mir übermittelte, teilte sich eher als Schwingung mit, als Impuls – und da waren wir uns einig im Kontakt: funktionelle Dyspepsie.
Was ist das, fragte Madame und riss ihre schönen Katzenaugen weit auf.
Ein ganzer Beschwerde-Komplex, nicht nur eine einfache Verdauungsstörung, Blähungen gehörten dazu, Völlegefühle, nagende Schmerzen im oberen Abdomen und umfassende Traurigkeit aller Organe und ihrer Zellen.
Jetzt hatte ich sie so weit.
Ihr Busen wogte, wie es in der besseren Literatur heißt, und sie fragte: Herr Doktor, was tun?
Die Patientenbindung ist enorm wichtig. Fixierung tut not, und die in jedem Quartal.
Die Fürstin, der blaublütige Barsoi, sagte ich, müsse jede Woche zur Hypnose, sonst drohe unweigerlich Depravation.
Bosche moy, sagte Madame und suchte ihr Taschentuch, noch mehr Krankheit für arme Prinzessin. Dada, wir werden kommen. Und dann sank sie vor dem russischen Windspiel nieder, umfasste den edlen Kopf und schleckte ihn ab; die tapfere Hündin, hoffentlich nicht gravide, ertrug die unerwünschten Zärtlichkeiten wie alle Kinder mit Ergebenheit.
Die Summe auf dem Barscheck war ganz großartig, aber ich möchte sie nicht niederschreiben, um meinen Compagnon Curtius nicht zu kränken.
Larissa weinte beim Abschied, und ich musste ihr eine Mullbinde reichen.
Man hätte abtreiben missen, sagte sie an der Tür, wenn Geschehnis wäre zugestoßen.
14 Gute Taten werden immer bestraft.
Kaufte mir in einer Papeterie ein Merkheft, echtes Leder, Krokodil.
Vermisste wahrscheinlich exotische Tiere.
Ich notierte getreulich –
Barsoi behandelt, Besitzerin verrückte reiche Russin, verheiratet mit einem deutschen Adeligen. Wahrscheinlich schwanger; nicht alle Beschwerden in psychogene Symptome verlagert. Dame Larissa entzückend, vielleicht auf Diät setzen und Lefax vom Köter. Da müssen zwanzig Kilo wegschmelzen, vielleicht Absaugung bei Hahnwindel in Chur; dann Liebesbeziehung.
Spüre Erkältung aufdämmern; Nasenschleimhäute noch nicht affiziert, aber Nebenhöhlen unangenehm besetzt. Frau Horak wieder erkältet, in den Nasenlöchern hat sie Mentholstöpsel. In mir keimt ein furchtbarer Verdacht, was die Flucht meines Freundes Curtius betrifft. Warum flieht ein erfolgreicher Tiertherapeut seine Praxis, wenn er keinen vernünftigen Grund hat, außer Abscheu vor Mensch und Tier? Sollten Allergene im Spiel sein?
Was sagt die statistische Wahrscheinlichkeit – drei Allergiker zufällig in einer Praxis? Kein Zufall.
Praxis in keinem guten Zustand, siehe Sauberkeit und Hygiene.
Fragte nach der Putzfrau.
Keine mehr da.
Die Polin hatte eine Schmutzphobie, die Jugoslawin litt an Allergien gegen Milben, Schimmelpilze und gemeinen Hausstaub. Sonderbar, dass der Balkan keine Resistenzen entwickelt hat. Andererseits sollen Allergien weltweit verbreitet sein, in Afrika beobachtete man an einem Honigdachs eine Pollenallergie.
Trank mit Frau Horak Tee um 18 Uhr nach der Behandlung einer kahlen Katze, deren Exploration nichts ergab. Keine Ätiologie. Hatte Höhenangst und konnte nicht mehr auf Kühlschränke springen. Aber von der Hypsophobie kriegt man keinen Haarausfall! Jetzt hockte das arme Vieh unter der Couch und fror. Verschrieb ihr ein Angoraleibchen und Eierlikör.
Frau Horak trank ihren Tee mit Rum. Man kam
Weitere Kostenlose Bücher