Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Traveblut

Traveblut

Titel: Traveblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jobst Schlennstedt
Vom Netzwerk:
gerächt.
    Er versuchte, dem Kater fürs Erste mit einem doppelten Espresso aus dem Automaten entgegenzutreten. Anschließend setzte er sich wieder an seinen Schreibtisch und nahm sich noch einmal die Akten über die beiden Opfer vor.
    Sie hatten sich für halb drei bei Brigitte Jochimsens Sohn Bernd angekündigt. Er wohnte mit seiner Familie in Negernbötel, einem kleinen Dorf in der Nähe von Bad Segeberg. Ein wenig Zeit blieb also noch, um eine Kleinigkeit in der Stadt essen zu gehen. Andresen wählte Ida-Maries Nummer, doch sie nahm nicht ab. Er probierte es auf ihrem Handy. Wieder ohne Erfolg. Die Mailbox sprang an.
    »Hallo, wo steckst du denn? Ich wollte in der Mittagspause in die Stadt. Wenn du Lust hast, findest du mich ab halb eins in der Beckergrube in diesem Nudelladen.« Er legte auf und hielt einen Moment inne. Hatte er gerade etwa enttäuscht geklungen? War es tatsächlich schon so weit mit ihm? Irritiert über sein Verhalten verließ er das Büro. Auf dem Gang lief ihm Kregel über den Weg.
    »Ich hab Sibius eben getroffen. Der wollte unbedingt mit dir sprechen.«
    »Wenn du ihn siehst, kannst du ihm sagen, dass ich heute den ganzen Nachmittag unterwegs bin. Wenn er mir wieder ins Gewissen reden will, kann er sich das sparen.« Andresen wandte sich um und ging weiter. Er hatte genug von Sibius' Moralpredigten. Wenn jemand kein Recht dazu hatte, dann er.
    Andresen parkte seinen Wagen am Straßenrand der Beckergrube und betrat das Nudelkontor. Er setzte sich an einen Tisch im vorderen Teil des Restaurants und blickte in die Runde. Vorn am Fenster saß eine größere Gruppe junger Männer, die der Kleidung nach zu urteilen Banker waren.
    Er bestellte sich ein Wasser und blätterte in der Karte. Es war fünf nach halb eins. Zwei junge Mädchen betraten das Restaurant und setzten sich an die Bar. Die Bedienung brachte sein Wasser und fragte nach weiteren Wünschen.
    »Im Augenblick nichts, danke«, antwortete Andresen. Langsam verfestigte sich bei ihm das Gefühl, dass Ida-Marie nicht kommen würde. Vielleicht war ihr etwas dazwischengekommen. Oder sie hatte seine Nachricht gar nicht abgehört.
    Andresen entschied sich schließlich für Penne all'Arrabbiata, schlang die Nudeln hastig in sich hinein und bezahlte. Beim Verlassen des Restaurants warf er einen flüchtigen Blick auf sein Handy. Das Display zeigte einen unbeantworteten Anruf und eine Nachricht auf der Mailbox an. Ihm fiel wieder ein, dass er das Handy heute Morgen auf lautlos gestellt hatte. Rasch hörte er die Mailbox ab.
    »Hallo, Birger. Danke für deinen Anruf, wäre gerne mitgekommen. Ich muss aber leider gleich los und bin ziemlich in Eile. Ein privater Termin. Leider kann ich auch zu unseren Gesprächen heute Nachmittag nicht mitkommen. Ich hoffe, du schaffst das auch ohne mich. Ich melde mich später bei dir. Mach's gut.«
    Andresen stand auf dem Bürgersteig und starrte auf sein Handy. Er schüttelte den Kopf und ermahnte sich selbst, nicht länger an Ida-Marie zu denken. Dass sie ihn jedoch bei den Verhören am Nachmittag hängen ließ, wurmte ihn. Welchen privaten Grund gab es denn bitte, dass die Ermittlungen darunter leiden mussten?
    Gegen Viertel nach zwei erreichte er den Ortseingang von Negernbötel. An einer Dorfbäckerei hielt er an, um einen Espresso zu trinken.
    »So etwas haben wir hier nicht!«, lautete die knappe Antwort der Verkäuferin.
    Er entschied sich für einen normalen Kaffee und stellte sich an einen Stehtisch. Zwei ältere Männer, die an einem anderen Tisch standen, fachsimpelten über Fußball. Als Andresen gerade gehen wollte, hörte er, wie der dünnere der beiden sagte: »Hast du gehört, in Lübeck gab es eine weitere Wasserleiche. Soll Mord gewesen sein.«
    Andresen hielt inne und lauschte.
    »Dann hat ihr Sohn wohl doch nichts mit der Sache zu tun«, antwortete der andere. »Ich hätt's ihm zugetraut, damit er noch schneller an ihr Geld kommt.«
    »Du siehst zu viele schlechte Krimis, Klaus«, antwortete der Dünne. »Ich kenn den Jochimsen. Der dreht jeden Euro dreimal um, aber er würde nicht seine Mutter umbringen.«
    Andresen überlegte einen Moment lang, sich in das Gespräch einzumischen, verzichtete dann jedoch darauf. Das, was die beiden Alten erzählten, war der typische Dorftratsch. Nichts, was er für bare Münze nehmen sollte. Wenngleich er sich merkte, dass der Grundtenor, mit dem sie über Bernd Jochimsen gesprochen hatten, negativ war. Er bezahlte schließlich und verließ die

Weitere Kostenlose Bücher