Traveler - das Finale
veränderten alles. Maya warf sich die Pumpgun auf den Rücken, damit die Kinder sie nicht mehr sahen, und näherte sich ihnen, während sie beruhigend auf sie einredete.
»Keine Angst. Niemand wird euch etwas tun.«
Sie nahm ein kleines Mädchen bei der Hand und führte die Kinder zurück zum Stahlkäfig. »Jetzt seid ihr in Sicherheit. Der böse Mann ist tot«, sagte sie. »Wir bringen euch zu euren Familien zurück.«
Boone erwartete sie am Schacht. Die Metalltür des Käfigs quietschte schrill, als er sie aufschob. Die Kinder huschten in den Aufzug wie Küken, die sich vor einem Falken retten wollen, aber anstatt ihnen zu folgen, drückte Boone die Tür
zu und wandte sich an Maya. Er sah aus, als hätten sie die Schlacht verloren.
»Da war noch ein Kind.«
»Wie bitte?«
»Am anderen Stollenende liegt die Leiche eines kleinen Mädchens. Es stand nicht auf der Liste.«
Maya wurde übel. Sie waren in den Berg hinabgestiegen und hatten den Dämon besiegt – und doch verloren. Unwillkürlich legte sie sich eine Hand an den Bauch. Ihre Vorsicht schwand, und sie folgte Boone in den dunklen Stollen, bis sie an eine Gabelung kamen. Sie hatte sich darauf gefasst gemacht, eine Kinderleiche zu sehen, konnte aber nichts erkennen als Steine und Geröll. Plötzlich zog Boone die Automatik aus seinem Hosenbund und drehte sich zu ihr um. Sie hatte keine Möglichkeit, sich zu verteidigen.
Boone starrte sie lange an, und in seinem Gesicht sah Maya nichts anderes als Kummer und Schmerz.
»Vergib mir.«
Maya nickte. Ja. Ich vergebe dir.
Mit einer schnellen Geste hob Boone die Waffe an und schoss sich in den Kopf.
EINUNDVIERZIG
P riest benutzte die Schlüsselkarte von Boone und betrat die Suite im Culver Hotel. Sofort sah er die beiden Toten, einen am Boden, einen zweiten auf dem Sofa. Der Harlequin zog sich einen Plastikbeutel über die rechte Hand und drehte den Knauf der Schlafzimmertür. Der dritte Söldner lag neben dem Bett, einen überraschten Ausdruck im Gesicht.
Als er neben dem Toten stand, fiel Priest ein Vers aus den Gesammelten Briefen des Isaac T. Jones ein: »Der törichte Mann ruft einen Dämon, auf seinen Feldern zu ernten und ihm das Wasser zu tragen. Aber der Dämon wird seinen Herrn vernichten.«
»Zum Teufel, ja«, murmelte Priest. Es sah ganz danach aus, als hätte Boones persönlicher Dämon sein ganzes Umfeld abgeschlachtet. Priest versuchte, nicht in die Blutlache zu treten, als er Badezimmer und Kleiderschränke inspizierte. Dann rief er Maya auf dem Handy an.
»Wir haben drei tote Ratten gefunden.«
»Mach, dass du da rauskommst. Und hilf unserem Freund, seinen Bruder zu finden. Ich rufe dich an, sobald ich mehr weiß.«
Priest verließ das Hotel und ging zu seinem Auto zurück. In Boones Hotelzimmer hatte Maya einen Umschlag mit Fotos der vierzehn vermissten Kinder gefunden. Nun saß Gabriel auf dem Beifahrersitz und studierte jedes Foto einzeln.
»Boone hat die Wahrheit gesagt. In dem Zimmer lagen drei Leichen. Was sollen wir jetzt tun?«
»Vielleicht ist der Moment gekommen, die Bruderschaft
herauszufordern. Wenn die Kinder noch am Leben sind, werden sie unsere Geschichte bestätigen.«
»Wirst du deine Ansprache halten?«
»Lass uns erst auf eine Nachricht von Maya warten. Falls sie Gutes zu berichten hat, werden wir den Offenbarungswurm aktivieren. Ich habe ein Laptop mit Webcam dabei. Wir sollten uns einen Ort mit Internetzugang suchen, an dem wir ungestört sind.«
»Wir könnten zu meiner Kampfsportschule fahren. Meine Schüler betreiben sie immer noch.«
Priest fuhr in südlicher Richtung durch die Stadt, bis sie seine alte Nachbarschaft erreicht hatten. All die vertrauten Schilder zogen vorüber. Die Grundschule mit dem Maschendrahtzaun. Ein Donut-Laden mit vergitterten Fenstern. Eine Reihe von Palmen, deren Stämme mit Grafitti beschmiert waren und den Straßengangs als Grenzmarkierungen dienten.
In der Innenstadt von Los Angeles standen Wolkenkratzer, aber im Grunde verkörperte nichts den Architekturstil der Stadt besser als die billigen, zweigeschossigen, verputzten Wohnhäuser dieses Viertels. Priest jedoch fühlte sich keiner Stadt, keiner Sprache und keinem Namen in einem Pass mehr verbunden. So vieles in der Welt war nichts als auf die Tanzfläche geschmissener Glitter.
Sein altes Kampfsportstudio befand sich in einer kleinen Ladenzeile in der Florence Avenue. Den Spirituosenladen gab es noch, aber in der ehemaligen Videothek hatte ein Kosmetikgeschäft
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