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Traveler - das Finale

Traveler - das Finale

Titel: Traveler - das Finale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm-Goldmann-Verlag <München>
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abbrechen.«
    Zusammen rissen und zerrten sie am Geländer, bis sich ein Teil davon aus der Verankerung löste. Maya legte das Gitter flach auf den Boden und schob es über den Steg hinaus, bis es mit einem Ende auf der Säule zu liegen kam wie eine schmale Brücke.
    »Ich wusste, dass Ihnen etwas einfallen würde«, sagte Pickering.
    Maya rückte sich den Trageriemen des Köchers zurecht und betrat die provisorische Brücke, die ein bisschen schwankte, aber zu halten schien. Maya wagte einen Schritt und dann noch einen, wobei sie sich bemühte, nicht in die Tiefe zu schauen. Als sie in der Mitte angekommen war, bog sich das Geländer leicht durch, aber schließlich erreichte sie die andere Seite mit wenigen Schritten.
    Sie setzte den Knüppel wie eine Brechstange an, hebelte die Tür aus den Angeln und betrat den Kartenraum. Es handelte sich um ein kleines, fensterloses Lager von der Größe einer Vorratskammer. An den Wänden standen Regale mit schwarzen Pappkisten. Jede einzelne Kiste war mit Seidenkordel verschnürt und trug ein Etikett mit verblichener Nummer.
    Maya zog eine Kiste heraus und stellte sie auf den Tisch. Die Flucht schien zum Greifen nah, und Maya musste sich zusammenreißen. Sie knüpfte langsam die Kordel auf, öffnete die Kiste und entdeckte eine Lithografie einer menschlichen, geflügelten Gestalt, aus deren Körper Licht auszutreten schien. Ein Engel. Unter der Abbildung lag ein zweiter Engel, dessen Kleidung eine andere Farbe hatte.
    Wütend riss Maya zwei weitere Pappkisten heraus und
stellte sie übereinander auf den Tisch. Sie fand bunte Drucke von Engeln, die Schwerter und Goldkästchen hielten. Sie fand aus Büchern ausgerissene Illustrationen, Aquarelle und Holzschnitte, aber das Motiv blieb immer gleich: Engel, auf der Erde und im Himmel. Schwebende Engel und fliegende Engel und Engel auf einem goldenen Thron. Schwarze Engel, weiße Engel und sogar einen mit sechs Armen und grüner Haut. Aber weit und breit keine Karte.
    Plötzlich hörte sie von draußen ein Poltern. Mit der Pappkiste in der Hand trat Maya an die Türschwelle. Die provisorische Brücke war beiseitegetreten worden und lag nun drei Stockwerke tiefer zwischen den Trümmern.
    Pickering stand auf der Galerie und lächelte triumphierend. »Nicht weggehen«, kicherte er, »ich muss die Patrouille holen.«
    »Die werden Sie umbringen.«
    »Nein, die kennen mich. Ich kann jeden aufspüren, der sich in dieser Stadt verirrt hat oder vermisst wird – sogar Dämonen wie Sie.«
    »Was ist mit der Karte, Pickering? Ich habe die Karte gefunden, in die der Tunnel unter dem Fluss eingezeichnet ist.«
    »Zeigen Sie sie mir. Ich will sie sehen.«
    »Klar. Kein Problem.« Maya schwenkte die Kiste. »Sie müssen mir nur hier runterhelfen.«
    Pickering überlegte kurz, dann schüttelte er den Kopf. »Die Karte kann nicht existieren, weil es keinen Fluchtweg von dieser Insel gibt.«
    »Wenn Sie mir helfen, beschütze ich Sie vor den Wölfen.«
    »Wenn ich bei Ihnen bleibe, kommen wir beide um. Sie haben immer noch Hoffnung, Maya, das ist Ihre Schwäche. Nur deswegen haben Sie sich in die Bibliothek führen lassen.«
    Als er sich umdrehte und davonhuschte, griff Maya in die
Kiste und warf ein paar Blätter mit leuchtend bunten Engeln in die Luft. Die Drucke und Zeichnungen flatterten in die dunkle Tiefe . Hoffnung. Deine größte Schwäche.
    Und nun war die Hoffnung gestorben.

SECHS
    M ichael wachte in einer mit Blumen dekorierten Suite auf. Als er aus der Dusche kam, zogen zwei Dutzend rote Rosen seinen Blick an, und in einer Kristallvase neben dem Waschbecken stand ein blühendes Weißdornbüschel. In den Blumengaben steckten kleine Kärtchen, persönliche Grüße von Mrs. Brewster und anderen Mitgliedern der Bruderschaft. VIEL GLÜCK, stand auf einer. UNSERE HOFFNUNG BEGLEITET SIE AUF IHREM WEG.
    Michael hegte bezüglich der Aufrichtigkeit dieser guten Wünsche keine Illusionen. Er war noch am Leben, weil die Bruderschaft sich durch ihn einen Machtgewinn versprach. Als auf dem Monitor des Quantencomputers die Wörter »komm zu uns« aufgeblinkt waren, hatte Michael sofort gewusst, dass der Vorstand eine weitere Reise von ihm verlangen würde. Es war seine Aufgabe, sich in die Dunkelheit hinauszuwagen und bahnbrechende Technologien heranzuschaffen.
    Er zog sich ein T-Shirt und eine Trainingshose an und ging in den Wohnbereich der Suite. Vor einer Stunde hatte ein Wachmann des Forschungszentrums ein weiteres prächtiges Blumengesteck auf

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