Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Traveler - das Finale

Traveler - das Finale

Titel: Traveler - das Finale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm-Goldmann-Verlag <München>
Vom Netzwerk:
Arbeit erledigt. Sie können gehen.«
    Eine Schattenhand löste sich aus Michaels Arm, nur um sofort wieder absorbiert zu werden. Michael konzentrierte sich ganz auf seinen Körper und vergaß die Zuschauer auf der Galerie. Er wurde sich der Energie in seinem Innern bewusst – des Lichts, das in jedem lebendigen Wesen leuchtet. Das Gefühl wurde intensiver, bis Michael meinte zu strahlen.
    Er bewegte seinen rechten Arm, und etwas zwängte sich aus der Haut heraus. Da war sie – eine aus zahllosen Lichtpunkten zusammengesetzte Hand, ein winziges Sternenbild. Binnen Sekunden folgte das restliche Licht hinterher, und Michael befreite sich von den Fesseln seines Körpers, von der ungelenken Schwere aus Fleisch und Blut. Er schwebte hinauf, bis das Licht in die dunkle Krümmung der Unendlichkeit hineingezogen wurde und verschwand.
     
    Zwischen Michael und den Sphären lagen die vier Barrieren aus Luft, Erde, Wasser und Feuer. Er ließ sie rasch hinter sich und steuerte auf jene schwarzen Flecken zu, die sein Fortkommen garantierten. Die Feuerhürde kam zuletzt, und vor ihr geriet er kurz ins Zögern; minutenlang starrte er den brennenden Altar an, bevor er sich dem Zugangspunkt im Buntglasfenster näherte. Eine große Macht lenkte sein Licht in eine bestimmte Richtung; er hatte das Gefühl, alle Moleküle seines Gehirns würden auseinandergerissen und erneut zusammengedrückt.

    Einen Augenblick später kam er zu sich. Er trieb im Wasser. Michael geriet in Panik und begann, wie wild zu strampeln und zu rudern. Seine Füße stießen an den Grund, und er richtete sich blinzelnd und zitternd auf wie der Überlebende einer Schiffskatastrophe, den man eben aus dem Meer gezogen hatte.
    Sein Leben war nicht in Gefahr – weder Mensch noch Tier waren zu sehen. Er konnte Arme und Beine frei bewegen. Er konnte denken, hören und sehen. Die Luft war warm, am Himmel hingen graue, bauschige Wolken. Offenbar stand er mitten in einem riesigen, von niedrigen Dämmen durchzogenen Reisfeld. Alle paar Meter ragte ein dünner Stock aus dem Wasser.
    Michael sah sich um und erkannte, dass die hier angebauten Pflanzen mit Reis nichts zu tun hatten. An der Wasseroberfläche trieben breite Blätter mit dicken Stielen, dazwischen schwammen Blütenkelche, die aussahen wie aus orangegelbem Wachs geschnitzte Becher. Die Blüten verströmten einen muffigen Verwesungsgeruch.
    Bevor er seinen Standpunkt verließ, musste er irgendwie den Rückweg in die Vierte Sphäre markieren. Er hielt den Blick starr auf seinen Standpunkt gerichtet, angelte im Wasser nach Stöcken und rammte drei davon so in den Schlamm, dass sie ein einfaches Gerüst bildeten. Als er auf der Suche nach einem vierten Stock herumwatete, stieß sein Fuß gegen einen festen Gegenstand von der Größe eines Kürbisses.
    Michael steckte eine Hand ins Wasser, tastete herum und spürte eine Berührung. Ein Tier – es bewegte sich schnell und hatte den Eindringling bemerkt. Das Tier schoss zwischen seinen Beinen hindurch, und im selben Moment spürte er, wie sich scharfe, nadelspitze Zähne in seine Wade bohrten. Michael riss das Knie hoch und sah ein schwarz glänzendes Tier an der Wasseroberfläche zappeln. Es hatte den Körper einer Schlange und den Kopf eines Aals.

    Schreiend und mit den Handkanten aufs Wasser schlagend durchwatete Michael hastig den Tümpel. Sein verwundetes Bein brannte dermaßen, dass er sich fragte, ob er soeben vergiftet worden war. Wenige Meter vor dem Ufer sank er noch tiefer in den Schlamm ein, und nur unter großen Mühen schaffte er es aufs Trockene.
    Michael zog sein Hosenbein hoch und untersuchte die Wunde, ein zerfranstes V aus vielen kleinen Blutpunkten. Sobald das Brennen nachließ, stand er auf und überblickte seine neue Welt. Das Dreibein aus Stöcken, das den Einstiegspunkt markierte, stand etwa zweihundert Meter entfernt im Wasser; die dunkelgrünen, von einem Raster aus Deichen durchzogenen Tümpel erstreckten sich bis an den Horizont. Am Himmel standen drei von den grauen Wolken verdunkelte Sonnen, die ein Dreieck bildeten. Bei seiner Reise hatte er sich auf ein helles Licht zubewegt, auf eine höhere Sphäre zu. Aber zwischen den Erdwällen war keine goldene Stadt zu sehen.
    »Hallo?«, rief er. »Hallo?« Seine Stimme klang schwach und wehleidig.
    Michael drehte sich um die eigene Achse und entdeckte etwas Neues – in der Ferne schien Festland zu liegen, und zwischen Gestrüpp und Bäumen loderte ein Feuer. Michael hielt sich immer auf

Weitere Kostenlose Bücher