Traveler - das Finale
dem Damm, der ein Viereck aus Wasser umschloss. Ein sanfter Wind kräuselte die Oberfläche, und kleine Wellen schlugen an die rotbraune Erde. Er hörte nichts als seinen eigenen Atem und das klatschende Geräusch seiner nassen Socken. Nach einer Weile bog er nach links auf einen neuen Damm ab und kam an ausgefransten, salbeiähnlichen Büschen und winzigen Bäumen vorbei, die ihre verdrehten Stummeläste zum Himmel reckten.
Als er Stimmen hörte, kroch er weiter. An einem Dickicht aus Pflanzen, deren längliche Blätter wie alte Lederstreifen aussahen, hielt er an.
Elf Männer und Frauen saßen um ein Feuer herum. Die Leute machten einen ärmlichen und zerlumpten Eindruck, gerade so, als hätten sie eine Flut oder einen Wirbelsturm überlebt. Alle, Männer wie Frauen, trugen breitkrempige Strohhüte und auf Kniehöhe umgeschlagene Schaftstiefel. Die Frauen trugen schwarze Röcke und Blusen, darunter eine rote oder grüne Hose, während die Kleidung der Männer mit grellbunten, geometrischen Figuren bedruckt war, zumeist Kreise und Dreiecke. Alle trugen etwas um den Hals: ein etwa acht Zentimeter breites, rotes Halsband mit Silberschließe. Sie hatten nichts weiter dabei als lange, gekrümmte Messer, die von ihren Gürteln hingen.
Die Leute diskutierten. Als es immer lauter wurde, rappelte sich ein alter Mann auf. Er hatte O-Beine, strähniges Haar und einen dicken Bauch, der ihm bis über die Gürtelschnalle hing. »Er war ein Dieb«, rief er, »ein hinterhältiger Dieb, der sich bei der Arbeit nicht um das Stiefelpaar an seiner Seite geschert hat! Das Problem ist nur – er hat gestohlen, wir müssen dafür bezahlen.«
Eine junge Frau, die Zweige ins Feuer geworfen hatte, meldete sich zu Wort. »Die Wasserkriecher sind auf dem Weg hierher. Und uns fehlt ein Mann zum vollen Dutzend.«
Michael konnte das Meiste verstehen, aber der Sprechrhythmus und die Wortwahl dieser Leute erschienen ihm seltsam altmodisch. Er kroch lautlos ein paar Meter nach rechts und entdeckte einen Toten, der an einem Strick in einem Baum hing.
Michael spielte mit dem Gedanken, durch das Unterholz zu den Dämmen zurückzukriechen, verwarf ihn aber sofort wieder. Auf dem Monitor hatten die Worte »komm zu uns« geblinkt. Ja, diese Leute hatten Messer, aber die Klingen waren fleckig und von Dreck verschmiert. Das sind Werkzeuge, dachte Michael. Keine Waffen. Er stand auf, bahnte sich einen Weg durchs Gestrüpp und betrat die Lichtung. Ein jeder sah
erschreckt aus, und der alte Mann fing an zu blinzeln wie ein Höhlentier, das ans Tageslicht gezerrt wird.
»Wie heißt dieser Ort?«, fragte Michael.
»Die … die Wasserfelder«, stammelte der Alte. »Das ist der überlieferte Name. Natürlich ist denkbar, dass sie irgendwann umbenannt werden.«
»Und was tun Sie hier?«
»Wir sind treue Diener, Sir. Wir alle. Wie Ihr sehen könnt.« Der alte Mann berührte sein Halsband. »Wir ernten den Spark.«
Michael zeigte auf den Gehängten. »Wer ist das?«
»Ein Dieb.« Die restliche Gruppe bestätigte die Erklärung mit Gemurmel und Geknurre. »Ja, ein Dieb … schlimmer noch als ein Ungläubiger …«
»Was hat er gestohlen?«
Der alte Mann schien über die Frage sehr verwundert. »Er hat sich umgebracht und sein Leben gestohlen, Sir. Aber es gehört den Göttern, und nur die Götter dürfen es nehmen.«
Michael schaute kurz zu dem Selbstmörder hinüber und sah, dass der Ast für einen schnellen Tod durch Genickbruch zu niedrig hing. Die Augen des Toten waren geöffnet und seine Stiefelspitzen berührten den Boden. Er sah aus wie ein linkischer Balletttänzer.
Ein Mann mit einem wütenden Gesicht erhob sich und rief: »Schluss mit Zahn und Zunge. Wir sitzen alle im selben Topf, und Ihr stellt ihn aufs Feuer!«
»Er ist kein Diener«, sagte der alte Mann und nickte in Michaels Richtung. »Aber ein Streiter ist er auch nicht, ansonsten hätte er uns längst in Brand gesteckt. Weiß nicht, wer er ist und was sein Behuf – was soll es also schaden, mit ihm zu sprechen?«
»Er ist ein Hirte«, sagte die junge Frau. »So wie die im Visionär.«
»Genau«, sagte Michael schnell, »ich bin ein Hirte. Und ich bin gekommen, mir die Wasserfelder anzusehen.«
»Nun, jetzt habt Ihr sie gesehen«, sagte jemand. »Und nun könnt Ihr zur Mitte zurücklaufen.«
»Haltet ein! Lasst mich rechnen«, sagte der Alte. »Gewährt mir einen kurzen Augenblick.« Alle sahen zu, wie er auf der engen Lichtung auf und ab lief. Wann immer der alte Mann
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