Traveler - Roman
nördlich der Stadt. Die Zimmer waren fünfhundert Meter vom Ventura Freeway entfernt, und durch die Scheiben drang das beständige Geräusch vorbeifahrender Autos. Als Gabriel um vier Uhr früh aufwachte, hörte er, wie Michael im Badezimmer per Handy telefonierte. »Ich habe noch andere Alternativen«, flüsterte Michael. »Bei Ihnen klingt es so, als hätte ich keine Wahl.«
Am Morgen blieb Michael im Bett liegen, die Bettdecke bis über den Kopf gezogen. Gabriel holte aus einem nahe gelegenen Restaurant Muffins und Kaffee. Auf der Titelseite einer Zeitung prangte ein Foto von zwei Männern, die sich vor einem Flammenmeer in Sicherheit brachten, und die dazugehörige Überschrift verkündete: Heißer Wind facht Großfeuer an.
Als Gabriel ins Motelzimmer zurückkehrte, war Michael aufgestanden und hatte geduscht. Er polierte gerade seine Schuhe mit einem feuchten Lappen. »Ich kriege nachher Besuch von jemand, der mein Problem wahrscheinlich lösen kann.«
»Wer ist das?«
»Sein wirklicher Name lautet Frank Salazar, aber alle Leute nennen ihn Mr. Bubble. Als er ein Junge war und in East Los Angeles lebte, hat er eine Seifenblasenmaschine in einem Nachtklub bedient.«
Während sich Michael die Wirtschaftsnachrichten im Fernsehen ansah, lag Gabriel auf dem Bett und starrte die Decke an. Er schloss die Augen und stellte sich vor, er würde auf seinem Motorrad das obere Teilstück der Bergstraße hinauffahren, die nach Angeles Crest führte. Er schaltete in einen kleinen Gang, legte sich in die Kurven und sah das Grün der Landschaft am Straßenrand vorbeiziehen. Michael lief fortwährend auf dem schmalen Streifen Teppichboden zwischen Fernseher und Bett hin und her.
Es klopfte. Michael spähte durch die Gardinen, dann öffnete er die Tür. Ein hünenhafter Samoaner mit breitem Gesicht und buschigem schwarzem Haar stand draußen auf dem Gang. Über einem T-Shirt trug er ein offenes Hawaiihemd, sodass man sein Schulterholster sehen konnte, in dem eine 45er Automatik steckte.
»Hallo, Deek. Wo ist Ihr Boss?«
»Unten im Auto. Ich soll erst die Lage checken.«
Der Samoaner trat ein, schaute in Bad und Kleiderschrank nach, schob seine riesigen Hände unter die Bettdecken und hob die Sesselkissen hoch. Michael lächelte, als wäre das alles völlig normal. »Keine Waffen, Deek. Sie wissen doch, dass ich die Dinger nicht leiden kann.«
»Sicherheit kommt an erster Stelle. Das sagt uns Mr. Bubble immer.«
Nachdem er die beiden Brüder abgetastet hatte, verschwand Deek und kehrte eine Minute später mit einem glatzköpfigen muskulösen Latino und einem älteren Mann mit einer großen getönten Brille und einem türkisfarbenen Golfhemd zurück. Mr. Bubble hatte viele Leberflecken und eine rosa Narbe am Halsansatz. »Wartet draußen«, sagte er zu seinen Leibwächtern, dann schloss er die Tür.
Mr. Bubble schüttelte Michael die Hand. »Schön, Sie zu sehen.« Er hatte eine sanfte, dünne Stimme. »Wer ist der Mann da?«
»Mein Bruder Gabriel.«
»Familie ist was Gutes. Man soll seiner Familie immer treu bleiben.« Mr. Bubble ging zu Gabriel und gab auch ihm die Hand. »Sie haben einen schlauen Bruder. Vielleicht war er diesmal ein bisschen zu schlau.«
Mr. Bubble nahm in dem Sessel neben dem Fernseher Platz. Michael setzte sich auf die Bettkante und sah ihn an. Seit sie von der Farm in South Dakota geflohen waren, hatte Gabriel seinen Bruder immer wieder dabei beobachtet, wie er fremde Menschen dazu überredete, ihm etwas abzukaufen oder sich an einem seiner Pläne zu beteiligen. Mit Mr. Bubble würde er allerdings kein leichtes Spiel haben. Die Augen des Mannes waren durch die getönten Gläser kaum zu erkennen, und auf seinen Lippen lag ein leichtes Lächeln, so als erwartete er, gleich eine Comedyshow geboten zu bekommen.
»Haben Sie mit Ihren Freunden in Philadelphia gesprochen?« , fragte Michael.
»Das dauert seine Zeit. Ich werde Sie und Ihren Bruder in den nächsten Tagen beschützen. So lange, bis das Problem gelöst ist. Den Torrellis werde ich das Bürohaus an der Melrose Avenue anbieten. Und ich selbst bekomme als Honorar Ihren Anteil am Fairfax-Gebäude.«
»Das ist viel zu viel für nur einen Gefallen«, meinte Michael. »Dann gehört mir ja gar nichts mehr.«
»Sie haben einen Fehler gemacht, Michael. Und jetzt wollen ein paar Leute Sie umbringen. Irgendwie müssen Sie das Problem aus der Welt schaffen.«
»Das mag ja sein, aber –«
»Sicherheit kommt an erster Stelle. Sie werden zwei
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