Traveler - Roman
Semester frei, und er gab vom Krankenhausbett aus sein Wissen an mich weiter.«
Als alle aufgegessen hatten, stand Sophia auf und schaute
Maya an. »Sie gehen jetzt besser, meine Liebe. Ich habe ein Handy im Wohnwagen, das auch meistens funktioniert. Sobald Gabriel abgeholt werden kann, melde ich mich bei Martin.«
Antonio nahm die leeren Leinensäcke und ging zum Tor. Maya und Gabriel standen dicht beieinander, schwiegen aber. Er überlegte, was er ihr sagen könnte. Passen Sie auf sich auf. Kommen Sie heil zurück. Bis bald. Aber keiner dieser Standardabschiedssätze eignete sich für einen Harlequin.
»Wiedersehen«, sagte sie.
»Wiedersehen.«
Maya machte ein paar Schritte, blieb dann stehen und drehte sich zu ihm um. »Nehmen Sie das Jadeschwert überall mit hin«, sagte sie. »Vergessen Sie das nicht. Es ist ein Talisman.«
Dann ging sie endgültig und verschwand nach und nach in der Ferne.
»Sie mag Sie.«
Gabriel sah Sophia an, und ihm wurde klar, dass sie Maya und ihn genau beobachtet hatte. »Wir respektieren einander …«
»Wenn eine Frau mir das erzählen würde, dann würde ich sie für extrem einfältig halten, aber Sie sind eben ein typischer Mann.« Sophia kehrte zum Tisch zurück und sammelte das schmutzige Geschirr ein. »Maya mag Sie. Aber so etwas ist für sie absolut tabu. Harlequins haben große Macht. Der Preis dafür ist, dass sie zu den einsamsten Menschen der Welt gehören. Maya darf auf keinen Fall zulassen, dass irgendwelche Gefühle ihre Urteilskraft trüben.«
Während sie die Lebensmittel einräumten und das Geschirr in einer Plastikwanne abwuschen, fragte Sophia Gabriel über seine Familie aus. In der systematischen Art, wie sie sich Informationen verschaffte, zeigte sich ihr wissenschaftlich geschultes Denken. »Woher wissen Sie das?«, fragte sie mehrmals. Oder: »Warum sollte das stimmen?«
Die Sonne näherte sich dem westlichen Horizont. Als der felsige Boden abkühlte, kam ein Wind auf, der den Fallschirm über ihnen wie ein Segel blähte und knattern ließ. Gabriels Schilderungen seiner vergeblichen Versuche, ein Traveler zu werden, schienen Sophia zu amüsieren. »Manche Traveler haben sich selbst beigebracht überzuwechseln«, sagte sie. »Aber in unserer hektischen Welt klappt das nicht.«
»Wieso nicht?«
»Unsere Sinne sind von all dem Lärm und den hellen Lichtern um uns herum verstopft. Früher hat sich ein potenzieller Traveler in einer Höhle verkrochen oder in einer Kirche Zuflucht gesucht. Man muss von Stille umgeben sein, so wie in meinen Raketensilos.« Sophia verschloss den letzten der Lebensmittelcontainer und starrte ihn an. »Sie müssen mir versprechen, mindestens acht Tage in dem Silo zu bleiben.«
»Das kommt mir ziemlich lange vor«, meinte Gabriel. »Ich hatte erwartet, dass Sie relativ schnell wissen, ob ich überwechseln kann.«
»Das müssen Sie selbst herausfinden, mein Lieber. Entweder Sie akzeptieren die Regeln, oder Sie kehren nach Los Angeles zurück.
»Okay. Acht Tage. Kein Problem.« Gabriel ging zum Tisch, um seinen Rucksack und das Jadeschwert zu holen. »Ich bin fest entschlossen, Dr. Briggs. Diese Sache ist mir sehr wichtig. Vielleicht gelingt es mir ja, mit meinem Vater oder meinem Bruder Kontakt aufzunehmen.«
»Daran würde ich nicht denken. Das stört nur.« Sophia wischte eine Kettennatter von einem der Vorratscontainer und griff sich eine Propangaslampe. »Wissen Sie, warum ich Schlangen so mag? Gott hat mit ihnen Wesen erschaffen, die sauber, wunderschön und absolut schlicht sind. Durch die Beschäftigung mit Schlangen habe ich gelernt, mich von allem Schnickschnack in meinem Leben zu trennen.«
Gabriel blickte sich um, betrachtete die Raketenstation und
die Wüste. Es schien ihm, als sagte er Lebewohl und ginge auf eine lange Reise. »Ich werde alles tun, was nötig ist.«
»Gut. Kommen Sie, gehen wir hinunter.«
EINUNDVIERZIG
E in dickes schwarzes Stromkabel verlief vom Stromgenerator am Fuß des Windrads zum Raketensilo. Sophia Briggs ging an dem Kabel entlang über das Betondach und dann eine abschüssige Rampe hinunter, die an einer Stahltür endete.
»Als hier die Raketen lagerten, kam man mit einem Lastenaufzug nach unten. Doch das Verteidigungsministerium hat nach dem Verkauf der Basis den Aufzug ausgebaut. Die Schlangen kriechen auf allen möglichen Wegen hier rein. Aber wir müssen die Treppe hinter dem Notausgang benutzen.«
Sophia stellte ihre Propangaslampe auf den Boden und zündete sie mit einem
Weitere Kostenlose Bücher