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Traveler - Roman

Traveler - Roman

Titel: Traveler - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm-Goldmann-Verlag <München>
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Verbündeten, aber auch kleinere Auseinandersetzungen zwischen Drittweltländern und die versuchten Völkermorde an Mitgliedern einzelner Volksstämme, Rassen und Religionen. Es gab Bombenattentate und gezielte Tötungen durch Terrorgruppen, verrückte Heckenschützen, die aus verrückten Gründen Leute erschossen, Straßengangs, Sekten und verbitterte Wissenschaftler, die fremden Menschen per Post Anthraxviren schickten. Einwanderer aus südlichen Ländern strömten über die Grenzen in die nördlichen Länder und brachten Furcht erregende neue Viren und Bakterien mit, die einen Menschen bei lebendigem Leib zerfraßen. Die Natur war wegen der Überbevölkerung und der Umweltverschmutzung so erbost, dass sie sich mit Dürren und Hurrikans zur Wehr setzte. Weil die Abgase der Düsenjets die Ozonschicht zersetzten, schmolzen die Polkappen, und der Meeresspiegel stieg. Manchmal verlor Michael eine bestimmte Gefahr aus den Augen, aber er war sich der allgemeinen Bedrohung stets bewusst. Sie wurde ständig größer, umfassender, forderte raffiniert immer neue Opfer.
     
    Michael wohnte im siebten Stock eines Hochhauses in West Hollywood. Er hatte ganze vier Stunden gebraucht, um die Wohnung einzurichten. Nach Unterzeichnung des Mietvertrags war er schnurstracks in ein großes Möbelhaus am Venice
Boulevard gefahren und hatte genau das gekauft, was man dort für Wohnzimmer, Schlafzimmer und Arbeitszimmer vorschlug. Michael hatte seinem Bruder nahe gelegt, eine identische Wohnung im selben Gebäude zu mieten und mit den gleichen Möbeln auszustatten, aber Gabriel lehnte das Angebot ab. Aus irgendeinem sonderbaren Grund zog sein Bruder es vor, in einem der hässlichsten Häuser der Stadt zu wohnen und die Abgase der Stadtautobahn einzuatmen.
    Wenn Michael auf seinen kleinen Balkon hinaustrat, konnte er in der Ferne den Pazifik sehen, aber er machte sich nichts aus der schönen Aussicht und ließ die Vorhänge meist geschlossen. Im Anschluss an das Telefonat mit Gabriel kochte er Kaffee, aß einen Energieriegel und rief bei einer Reihe von Firmen in New York an, die in Immobilien investierten. Wegen des Zeitunterschiedes von drei Stunden waren die Leute an der Ostküste schon im Büro, während er noch in Unterwäsche in seinem Wohnzimmer auf und ab lief. »Tommy! Hier ist Michael! Haben Sie das Angebot bekommen, das ich Ihnen geschickt habe? Was meinen Sie? Was hat die Kreditabteilung gesagt?«
    Die Leute in den Kreditabteilungen waren zumeist feige oder dumm, aber davon durfte man sich nicht entmutigen lassen. In den letzten fünf Jahren hatte Michael genügend Investoren aufgetrieben, um zwei Bürogebäude zu erwerben, und er war kurz davor, den Vertrag über ein drittes Gebäude am Wilshire Boulevard abzuschließen. Michael rechnete immer damit, dass sein Gesprächspartner nein sagen würde, und hatte die Gegenargumente schon parat.
    Gegen acht öffnete er seinen Kleiderschrank und entschied sich für eine graue Hose und einen marineblauen Blazer. Während er sich eine rote Seidenkrawatte umband, lief er durch die Wohnung, von einem Fernseher zum nächsten. Großfeuer und der starke Santa-Ana-Wind waren an diesem Morgen die Aufmacher der Nachrichtensendungen. Ein Feuer
in Malibu bedrohte das Haus eines Basketballstars. Östlich der Berge breitete sich ein zweites Feuer aus, und im Fernsehen waren Menschen zu sehen, die Fotoalben und Kleidung in ihre Autos warfen.
    Er fuhr mit dem Fahrstuhl hinunter in die Tiefgarage und stieg in seinen Mercedes. Sobald er seine Wohnung verlassen hatte, kam er sich vor wie ein Soldat auf dem Weg in die Schlacht ums Geld. Der einzige Mensch, auf den er sich verlassen konnte, war Gabriel, aber es sah nicht so aus, als würde sein jüngerer Bruder je einen gut bezahlten Job haben. Ihre Mutter war krank, und Michael kam für ihre Pflege auf. Beklag dich nicht, befahl er sich selbst. Kämpf einfach weiter.
    Sobald er genug Geld beisammenhatte, würde er eine Insel irgendwo in der Südsee kaufen. Weder Gabriel noch er hatten eine Freundin, und Michael war sich nicht sicher, welche Art von Frau sich am besten für ein tropisches Paradies eignete. In seinen Träumen ritten Gabriel und er auf Pferden durch die Brandung, und ihre Frauen waren leicht verschwommen auf einer Klippe zu sehen, beide in einem langen weißen Kleid. Es war warm und sonnig auf der Insel, und sie würden in Sicherheit sein, in absoluter Sicherheit. Für alle Zeit.

SECHS
    A ls Gabriel sein Motorrad auf dem Parkplatz des

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