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Treibgut - 11

Treibgut - 11

Titel: Treibgut - 11 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl-Heinz Witzko
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wegen des Bildes, das er der Hohen Schwester schickte.«
    Ihr Gesicht verriet nichts, doch kaum merklich verlagerte die Schwarzhaarige ihr Gewicht. Scheïjian nahm die Bewegung überrascht zur Kenntnis. Sein Gegenüber war offensichtlich kampfeskundig und bereitete sich auf einen Zusammenstoß vor. Er fragte sich, was er gesagt haben mochte, um diese Reaktion hervorzurufen.
    »Gefiel ihr das Bild nicht?« fragte die Frau leichthin.
    »Durchaus, allerdings gibt es eine kleine Einzelheit darauf, über die sich die Hohe Schwester wunderte, da sie mit wenig geläufigen Dingen unseres Glaubens zusammenhängt.«
    Die Erklärung ließ sein Gegenüber nur noch angespannter werden. »Was ißt man bei Euch?« fragte sie unvermittelt.
    »Wie?«
    »Das habt Ihr gut verstanden. Nun?«
    Scheïjian wußte nicht, was er auf die Frage antworten sollte. Er starrte zurück in die bewegungslosen Augen, in deren Spiegel er sich vorkam wie ein Hase vor einer Schlange. Er zählte auf: »Pff! Shatak, Reis, einige Gemüse, die Ihr nicht kennen werdet, Fisch … Marasfladen. Das sind Fladen belegt oder …«
    »Das kenne ich. Beschreibt mir Euren Tempel.«
    »Welchen? Den Tuzaker?«
    »Ja. Die Statuen darin.«
    »Sie sind die Abbilder unserer Götter Rur und Gror. Sie sind gleichzeitig männlich und weiblich, und eine davon, Rur, wirft den Weltendiskus.«
    Die Frau entspannte sich und brach in herzliches Gelächter aus: »Der Weltendiskus! Entschuldigt mein Lachen, ich lache nicht über Euch. Dere wirft er also! Das gibt wahrlich viel mehr Sinn als das, was der Prinz erzählte! Ihr scheint tatsächlich aus Maraskan zu stammen.«
    Jetzt war Scheïjian völlig verwirrt. »Was sagte er denn?«
    Immer noch schmunzelnd antwortete sie: »Ich behalte es lieber für mich, da ich nicht weiß, wie empfindlich man in Eurer Heimat in Glaubensdingen ist. Habt Ihr schon gespeist? Mögt Ihr Fisch?«
    Scheïjian rechnete nach; es waren schon etliche Stunden seit seiner und Ishajids Ankunft verstrichen. »Ja.«
    »Folgt!«
    Schon eilte sie mit energischen Schritten voraus, so daß ihr Besucher Mühe hatte, mitzuhalten. Sie führte ihn in ein Gemach, vor dem sich zwei Wachen langweilten, wo bereits aufgedeckt war und wo zwei Paginnen geduldig warteten. Der Raum mußte zu ihren Privatquartieren gehören. Er war liebevoll eingerichtet, ein wenig verspielt sogar, mit allerlei Krimskrams, auf Schränkchen und Konsolen angeordnet. In einer Ecke stand ein Notenständer, an dem eine lange Querflöte lehnte. Alles zusammen stand in hartem Gegensatz zu einem kleinen Rondraschrein.
    Sie entließ die beiden Mädchen mit einem freundlichen: »Trollt euch!«, nachdem sie ein weiteres Gedeck aufgelegt hatten. Scheïjian setzte sich. »Wie kann ich den Prinzen Kasparbald nun erreichen?« fragte er nach dem ersten Bissen.
    »Er ist tatsächlich abwesend, allerdings weiß ich nicht, wo er sich aufhält. Niemand weiß es. Er ist wieder einmal ausgerückt wie seinerzeit zu Euch«, antwortete seine Gastgeberin. Sie stocherte nachdenklich in ihrem Essen herum. »Was indes das Bild anbelangt, so kann es Eure Geweihte nicht bekommen haben, da er es ihr nie geschickt hat.«
    »Aber sie besitzt es, ich sah es selbst!« rief Scheïjian verblüfft.
    »Das ist in der Tat bemerkenswert. Doch es ist, wie ich sagte. Das Bild wurde geraubt auf dem Wege nach Salza in der zweiten Firunhälfte.«
    »Salza?« fragte Scheïjian. Dieser Name bekam zusehends einen unangenehmen Beigeschmack.
    »Ja. Eine Frage des Protokolls. Die Stadt ist noch nicht lange wieder Teil unseres Landes, daher war es dem Hofe wichtig, das Geschenk des Prinzen von Salza aus zu verschiffen. Nur damit die Salzeraner nicht vergessen, wohin sie gehören. Das Vorhaben war groß angekündet, selbst in unserer Zeitung; leider wurde das Gemälde unterwegs gestohlen.«
    »Weiß man, von wem?« fragte Scheïjian.
    »Weiß man nicht«, entgegnete die Schwarze. »Tatsächlich ist es sogar ungewiß, wann es verschwand. Es wurde hier in die Kutsche gepackt, und in Salza war es nicht mehr da. Es ist nicht einmal sicher, daß es sich beim Verlassen der Stadt noch in dem Gefährt befand – sehr peinlich für einige Leute. Deshalb lautet die offizielle Lesart, daß die Kutsche auf dem Weg nach Salza von transingvalischem Geschmeiß – Thorwalern – angegriffen und angezündet wurde. Anschließend sind die verantwortlichen Schurken, zwei oder drei Dutzend, meine ich, von unserer erbosten Wehr ruhmreich erschlagen worden. Daß die Dinge

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