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Treibgut der Strudelsee

Treibgut der Strudelsee

Titel: Treibgut der Strudelsee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Hoffmann
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es das Land nicht gibt, von dem du sprachst!«
    *
    Wieder verging eine lange Zeit, die sich nicht schätzen, nicht bestimmen ließ. Mythor lag reglos in der Lederblase, atmete kaum und spürte doch, wie die Luft erneut schlechter wurde. Es wirbelte ihn immer schneller umher. Der Sack wurde eingedrückt, in die Höhe gespült und wieder hinabgerissen in unbekannte Tiefen. Er kämpfte gegen die Zweifel an, die sich immer stärker in sein Herz schlichen. Wie lange würde er noch atmen können? Befand er sich überhaupt noch im Strudel, oder stimmte es, was man sich erzählte, und er wurde bereits unter den Landmassen hinweg ans Ende der Welt geschwemmt?
    Er bemühte sich, all diese Gedanken zu verscheuchen, versuchte, an gar nichts mehr zu denken. Doch es fiel unsagbar schwer. Er litt Höllenqualen, focht einen stillen Kampf gegen die Schreckensbilder aus, die ihn mehr und mehr erfüllten, und verlor schließlich erneut das Bewusstsein .
    Er kam zu sich, als etwas hart in seine Seite stieß. Noch benommen stellte er fest, dass er nicht mehr bewegt wurde. Der Ledersack war zur Ruhe gekommen, und unter sich spürte er… Land!
    Er lag auf festem Boden. Die Luft in seinem Inneren wölbte den Sack nach wie vor nach außen.
    War dies ein Traum?
    Doch dann hörte Mythor das Rauschen von Wasser, das an Land schlug, und wieder traf ihn etwas in die Seite. Er richtete sich halb auf und trat mit dem Fuß gegen die betreffende Stelle. Hatte ein Tier ihn aufgespürt? Im Strudel hatte es keine Meeresungeheuer gegeben, obwohl alle Seefahrer an ihre Existenz glaubten und sie fast noch mehr fürchteten als die Strömungen der Strudelsee. Mythor hatte jedenfalls mit keinem Bekanntschaft gemacht. Aber nun…?
    Da hörte er plötzlich Stimmen und das Schlurfen von Schritten auf Sand. Mythor hielt den Atem an. Irgend etwas drückte von oben auf den Sack. Dann entstand ein Loch, durch das erstmals wieder Licht einfiel. Mythor streckte die Hände weit von sich und sah, wie die Spitze eines Messers durch das Leder gestoßen wurde, das sich über seinen Fingern spannte. Atemlos sah er zu, wie die Klinge den Sack aufschlitzte und zwei Hände erschienen, die das Leder auseinanderzogen. Frische, würzige Luft drang in Mythors Lunge, und er blickte in ein bärtiges, edles Gesicht.
    »Sieh da!« sagte der Unbekannte mit angenehm klingender Stimme, als er Mythor eine Hand reichte. Der Sohn des Kometen ergriff sie und ließ sich aus dem Sack ziehen. Seltsamerweise konnte er keinen Argwohn dem Fremden gegenüber empfinden. Wo immer er gestrandet war – alles an diesem Ort war friedlich, obwohl er noch nichts von ihm gesehen hatte. Aber er atmete die frische Luft, sah nichts als Zuvorkommenheit in den Augen des Fremden und hörte das Zwitschern von Vögeln.
    »Willkommen im Lande Sarmara!« rief der Bärtige aus, drückte Mythors rechte Hand und gab ihm einen freundschaftlichen Klaps auf die Schulter. Mythors Beine, noch etwas schwach, knickten leicht ein. Der Mann vollführte eine weit ausholende Geste. Nicht fähig, Worte hervorzubringen, folgte Mythor seinem Arm mit Blicken und sah das Wunder.
    Keine Wolke stand am Himmel, und es schien dem Sohn des Kometen, dass niemals Finsternis über dieses Land kommen dürfte. Es wäre ein Frevel gewesen. Nachts mussten hier die Sterne und der silberne Mond am Himmel leuchten.
    Ein großer, in allen Farben schillernder Schmetterling setzte sich auf Mythors Arm. Grillen zirpten, und Schwärme unbekannter Vögel erhoben sich aus den Kronen prächtiger Bäume. Irgendwo sangen und lachten Menschen. Ein leichter Wind trieb Blütenduft herüber.
    »Im Lande Sarmara…«, brachte Mythor schließlich hervor, fast andächtig. »Ja, aber es ist nicht wirklich, nicht wahr? Es ist… nicht wirklich. Einen solchen Ort gibt es nicht in unserer Welt.«
    Der Bärtige, ein Mann von sechs Fuß Größe und kräftigem Körperbau, lächelte nachsichtig. Er trug nichts außer einem Lendenschurz aus weißem Tuch und einigen prächtigen Ketten aus Perlen und Korallen am Leib. Nun nahm er wieder Mythors Arm und drehte ihn einmal halb um die eigene Achse.
    »Das Meer«, sagte er, und Mythor sah die in der Ferne dahinschießenden Wasser des Strudels, die sich turmhoch erhoben und für alle Zeiten dieses Land der Wunder zu umfließen schienen, »ist ein unüberwindlicher Wall. Keine Boten der Finsternis, nichts Böses wird jemals diesen Wall überwinden können, mein junger Freund. Du hast den Weg zu uns gefunden. Sei willkommen auf dem

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