Treibgut der Strudelsee
Mannschaft würde wieder auf ihn hören, wenn er sich Rachamon entgegenstellte. Auch die Seefahrer hassen den Magier, aber ihre Angst ist zu groß!«
»Vergiss den Moronen jetzt«, sagte Yellen. »Auch er könnte nichts tun, solange er gefangen ist.«
»Es sei denn…«
»Was?«
Sadagar stand auf und schob einige Männer beiseite, bis er vor Chrandor stand.
Der Pirat zuckte zusammen und rutschte ein Stück fort. Als er Sadagars Hand auf seiner Schulter fühlte, fuhr er herum und schrie: »Ich konnte auch nichts tun! Ich…«
»Du warst als einziger frei!« brüllte der Steinmann, dass sich jetzt überall die Hälse nach oben reckten. »Während die anderen kämpften, hast du dich in einem Schlafsack verkrochen! Du hättest Aß und Baß ausschicken können, um Mythor beizustehen. Die Seefahrer sind abergläubisch und wären in hellem Entsetzen geflohen!«
»Aß und Baß?« fragte Yellen.
»Diese hier!«
Bevor Chrandor die »Hände« wegziehen konnte, hatte Sadagar die Handschuhe gepackt und sie ihm von den Stümpfen gerissen. Neugierig schoben die beiden Weichtiere ihre Tentakel daraus hervor.
Chrandor schrie wie einer, der am Spieß gebraten wurde, sprang Sadagar an und streckte die Stümpfe den Handschuhen entgegen.
»Das sind Aß und Baß!« rief der Steinmann unbarmherzig und drehte sich, so dass jeder sehen konnte, was er hochhielt. »Chrandors Hände! Und sie werden dafür sorgen, dass Rachamon bald andere Gedanken hat, als uns die Köpfe einschlagen zu lassen!«
»Nein!« kreischte Chrandor. »Gib sie mir! Aß und Baß, kommt zu mir!«
Sadagar schob die Tiere in die Handschuhe zurück und verschloss deren Öffnungen. Die Finger zuckten heftig, die Handflächen beulten sich unnatürlich aus. Sadagar hielt sie mit einer Hand hoch, mit der anderen zog er ein Messer unter der Jacke hervor.
»Was willst du…? Steinmann, nicht!«
»Du hast nun die Wahl, Pirat! Entweder befiehlst du deinen Händen, dass sie tun, was ich dir jetzt sage, oder du hast sie eben zum letztenmal gesehen.«
Chrandor riss den Mund weit auf und starrte Sadagar an wie einen Geist.
»Glaub mir, Kerl«, knurrte Yellen. »Es ist besser für dich, wenn du sein Angebot annimmst und keine Dummheiten machst.«
Drohend schoben sich die Männer näher. Chrandor sah sich wie gehetzt um, schluchzte und schrie: »Ich tue alles, was ihr wollt, aber gebt sie mir zurück!«
»Na also! Und denke immer daran: Von nun an weiß hier jeder, was in den Handschuhen steckt«, sagte Sadagar. »Du verstehst mich?«
»Ja, ja! Gib sie her!«
Yellen nickte. Der Steinmann ließ es sich nicht nehmen, Chrandor die Handschuhe selbst überzustreifen.
»Ich denke, jetzt sind wir quitt, Freund.« Sadagar griff wieder unter die Jacke und zog ein zweites Messer hervor. »Nun passt auf…«
*
Golad und Farina hockten eng umschlungen auf dem harten, schmutzigen Boden unter dem Decksaufbau. Sie schwiegen. Alles, was zu bereden war, war gesagt. Die Gasihara war dem Untergang geweiht. Die Seefahrer, die ab und zu den Sitz des von außen vorgelegten Riegels überprüften, sprachen laut genug. Das Ende war nur noch eine Frage der Zeit. Dann und wann hörten sie draußen den Magier Befehle brüllen oder Beschwörungen von sich geben. Sonst war nur das Mahlen und Tosen des Wassers zu hören.
Farina weinte nicht mehr. In Golads Armen verlor ihr grausames Los an Bedeutung. Die Fügung eines unbekannten Schicksals schien das Ende ihres langen gemeinsamen Weges vorherbestimmt zu haben. Wenn sie unter den Lebenden keinen Frieden fanden, dann vielleicht im Tod. Daran klammerten sich ihre Gedanken, und je härter das Schiff von der Strömung hin und her geworfen wurde, desto mehr begann sie, dieses Ende herbei zu sehnen. Dort, wo sie geboren und aufgewachsen war, glaubten die Menschen nicht, dass mit dem Tod alles vorüber sei. Für sie war er das Ende des jetzigen und der Beginn eines neuen, besseren Lebens. Und gemeinsam mit Golad wollte Farina diese Grenze überschreiten. Nichts sollte sie mehr auseinanderreißen.
Golad dachte ähnlich. Farinas anschmiegsamer Körper gab ihm Wärme. Und doch war da eine Unruhe in ihm, etwas, das ihm sagte, es sei falsch, die Hände in den Schoß zu legen, während draußen seine Kameraden um ihr Leben zitterten. Immer wieder blickte er hinüber zu Jejed, der gleich vor der Tür auf dem Rücken lag und gegen die Decke starrte. Die Öllampe flackerte heftig. Bald würde sie verlöschen. Gespenstische Schatten huschten über das Gesicht
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