Treibgut
beantwortet. »Allerdings nur, wenn dabei etwas für ihn heraussprang«, fügte der Fremde in Anspielung auf Danko Dierks hinzu.
In Hennings Hinterkopf begann eine Alarmglocke zu schrillen. Dankos Spielleidenschaft und seine Schulden.
Konnte es sein, dass …
»Ich fress jedenfalls auf der Stelle nen Besen, wenn die beiden nicht ne Schweinerei ausgeheckt haben«, riss ihn der Fremde aus seinen Gedanken.
»Wie jetzt?«
»Na, wie schon? Der eine ein notorischer Pleitegeier, der andere ein stinkreicher Pinkel, ohne die geringsten Skrupel. Ich weiß ja nicht, worauf du aus bist. Aber wenn dir dazu nichts Passendes einfällt, solltest du vielleicht besser mal darüber nachdenken, deinen Job an den Nagel zu hängen …«
Ehe Henning etwas darauf erwidern konnte, drehte ihm der Fremde den Rücken zu und verschwand in der Dunkelheit.
25
Als Henning am nächsten Morgen erwachte, war Leona schon aus dem Haus. Auf dem Küchentisch stand eine Thermoskanne mit Kaffee und ein nach Butter duftender Napfkuchen.
Als er zum Messer griff, musste Henning für einen Moment an seine hohen Cholesterinwerte denken und daran, wie oft er in letzter Zeit über die Stränge geschlagen hatte. Doch am Ende siegte das Verlangen.
Nachdem er die letzten Kuchenbrösel genießerisch zusammengeklaubt und mit reichlich Kaffee hinuntergespült hatte, versuchte er Kalle zu erreichen. Doch im Kasino sprang nur der Anrufbeantworter an.
Also sprach er eine kurze Nachricht auf das Band, in der er um Rückruf bat.
Der nächste auf seiner Liste war Bruno. Henning wählte seine Nummer in der Hoffnung, dass ihm seine Kontakte ermöglichten, etwas über Edmund Marks in Erfahrung zu bringen. Darüber, was es mit Ganoven-Ed auf sich hatte.
»Engel«, riss ihn Brunos Stimme aus seinen Überlegungen. Er hörte sich erschöpft an. Wie jemand, der die letzten Tage unter Schlafmangel gelitten hatte.
»Lüders hier. Na, wie sieht’s aus? Kommst du voran?«
»Was gibt’s?«, drängte Bruno, ohne auf die Bemerkung einzugehen.
Nachdem Henning ihm sein Anliegen geschildert hatte, herrschte für einen Moment lang Schweigen. Sein Gefühl sagte ihm, dass Bruno ihm etwas mitteilen wollte, er sich aber aus irgendeinem Grund schwer damit tat.
»Hast du schon was über Astrid Schulz in Erfahrung bringen können?«, erkundigte Henning sich aufs Geratewohl.
»Darüber wollte ich gerade mit dir reden.«
Er hatte mit seiner Frage wohl ins Schwarze getroffen. »Na dann schieß mal los, ich bin ganz Ohr«, ermunterte ihn Henning, ohne zu ahnen, dass er gleich mit einer der wohl abenteuerlichsten Geschichten seines Lebens konfrontiert werden würde. Damit, dass Astrid Schulz gar nicht die war, die sie zu sein vorgab. Laut Brunos Quellen war sie mit dem Kopf eines in Südosteuropa agierenden Menschenhändlerrings liiert gewesen. Einem aus Taschkent stammenden Usbeken Namens Igor Zibelius. Astrid, die damals noch Verena hieß, hatte ihn bei einer Vernissage kennengelernt, die von ihrem damaligen Arbeitgeber organisiert worden war. Igor hatte sich ihr gegenüber als Geschäftsmann ausgegeben, der mit Kunstgegenständen handelte. Umso tiefer saß wohl der Schock, als sie durch Zufall seinem tatsächlichen Gelderwerb auf die Schliche gekommen war. Danach wollte sie nur noch eins: So weit weg wie möglich. Natürlich durfte Igor nichts von ihren Plänen ahnen. Sie mochte zwar naiv gewesen sein, lebensmüde war sie nicht. Eine Freundin, der sie sich in ihrer Not anvertraut hatte, riet ihr, zur Polizei zu gehen.
Wie Brunos weiteren Worten zu entnehmen war, hatte man ihr dort als Gegenleistung für ihre Aussage eine Aufnahme in das Zeugenschutzprogramm in Aussicht gestellt. Schließlich kam es nicht alle Tage vor, dass der Polizei ein solch dicker Fisch wie dieser Igor Zibelius ins Netz ging. »Sie erhielt einen neuen Namen und einen neuen Arbeitsplatz. Musste dafür aber alle persönlichen Kontakte abbrechen.«
Henning versuchte, sich über die gesamte Reichweite des soeben Gehörten klar zu werden. Bruno gönnte ihm jedoch keine Pause und fuhr direkt fort: Das Ganze sei so lang gut gegangen, bis Igors Handlanger ihr durch Zufall über den Weg gelaufen sei. Besagter Vorfall hatte sich an einem Januarmorgen zugetragen. Wenige Tage nach Rufus Kirchners tödlichem Unfall. »Astrid wollte gerade das Haus verlassen, um zur Arbeit zu gehen. Dabei ist sie dem Mann direkt in die Arme gelaufen.«
Bevor Henning etwas erwidern konnte, stellte Bruno klar, dass das von Igors
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