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Treibgut

Treibgut

Titel: Treibgut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maren Schwarz
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Kalle abfällig. »Der Kerl ist schon seit mehreren Jahren Witwer.«
    Dem wusste auch Henning nichts hinzuzufügen. Vorerst jedenfalls.

27
     
     
    Entgegen Kalles eindringlicher Warnung beschloss er, sich mit eigenen Augen ein Bild von Edmund Marks zu machen.
    Aus dem Telefonbuch suchte er seine Adresse heraus. Marks wohnte in der Rankestraße, in einem im Plauener Stadtteil Neundorf gelegenen Villenviertel. Dort angekommen sah sich Henning einer in den 30er-Jahren erbauten Fabrikantenvilla gegenüber, die in ein parkähnliches Außengelände eingebettet war und einen gepflegten Eindruck vermittelte. Eine Kiesauffahrt führte zum Eingangsportal, das von einer geschwungenen Freitreppe beherrscht wurde. Der Kommissar sah sich beeindruckt um. Marks’ wie auch immer gelagerte Geschäfte schienen glänzend zu laufen. Auf Hennings Klingeln hin begann es in der Gegensprechanlage zu rauschen. Kurz darauf erklang die Stimme einer Frau, die sich in geschäftsmäßigem Ton nach seinem Anliegen erkundigte.
    »Mein Name ist Henning Lüders. Ich möchte mit …«, um ein Haar wäre ihm ›Ganoven-Ed‹ herausgerutscht, »Herrn Marks sprechen.«
    »Haben Sie einen Termin?«
    »Das nicht«, entgegnete Henning widerwillig, dem diese Art und Weise der Verständigung noch nie sonderlich gefallen hat. Um einen unverbindlichen Ton bemüht, setzte er hinzu: »Richten Sie ihm bitte aus, dass ich ihn dringend sprechen muss. Sagen Sie ihm, es geht um eine Auskunft, die …«
    »Sind Sie von der Polizei?«
    Henning beschloss, sie in ihrem Glauben zu lassen.
    Keine fünf Minuten später stand er einem kleinen, dicklichen Mann mit stechenden Augen gegenüber. Ein wandelnder Zwerg mit Napoleon-Komplex, der sich aufblies, als sei er eins achtzig groß statt der gerade mal eins sechzig, die er Hennings Schätzung nach zustande brachte. Passend zu seinem Auftreten trug er Hosen mit Bügelfalte und schwarze Socken mit Nadelstreifen, die perfekt auf das Seidenhemd abgestimmt waren, das er über der milchig weißen Brust drei Knöpfe weit geöffnet hatte und so den Blick auf eine dicke, goldene Halskette freigab.
    »Können Sie mir mal verraten, was das soll?«, schnauzte er Henning anstelle einer Begrüßung an. »Oder ist die Polizei jetzt schon auf Unterstützung aus den Reihen ihrer Rentenempfänger angewiesen?«
    »Sie hätten Detektiv werden sollen«, lobte Henning ihn für seine scharfe Beobachtungsgabe. »Nichtsdestotrotz hoffe ich, Sie können ein paar Minuten für mich erübrigen.«
    Statt ihm einen Platz in seinem mit Holz getäfelten und vor antiken Möbelstücken überquellenden Arbeitszimmer anzubieten, warf Edmund Marks einen gehetzten Blick auf seine Rolex. »Aber wirklich nur kurz. Ich muss nämlich gleich noch mal weg. Also, worum geht es?«
    »Ich bin auf der Suche nach Danko Dierks.«
    »Danko Dierks?«, wiederholte Marks mit versteinerter Miene. Er ließ sich absolut nichts anmerken, hob nicht mal die Augenbrauen. Und mit einer Antwort schien er es offenbar auch nicht besonders eilig zu haben.
    »Soweit ich weiß, waren sie miteinander befreundet …«
    Marks schnaubte verächtlich. »Befreundet! Wer erzählt denn so nen Quatsch?«
    »Jemand, der gesehen haben will, wie Sie ihm einen nicht unbeträchtlichen Geldbetrag zukommen ließen«, bluffte Henning.
    »Falls das ein Verhör werden soll …«
    »Aber ich bitte Sie!«, versuchte Henning ihn mit auserlesener Freundlichkeit zu besänftigen. »Wir wissen beide, dass ich dazu keinerlei Befugnis habe. Ich …, ja, nun, also, wie soll ich sagen: Ich frage mich halt nur, was die Gegenleistung war.«
    Es war förmlich greifbar, dass Edmund Marks ganz und gar nicht gefiel, was Henning herausgefunden hatte. »Keine Ahnung, wovon Sie sprechen.« Der Bauunternehmer sah erneut auf seine Armbanduhr. »Wenn Sie mich entschuldigen würden. Ich muss jetzt los …« Er versuchte sich an ihm vorbeizudrängen.
    »Hier!« Geistesgegenwärtig drückte Henning ihm eine Visitenkarte in die Hand. »Nur für den Fall, dass Ihnen noch etwas einfallen sollte.« Er zögert kurz, bevor er wie beiläufig hinzufügte: »Zum Beispiel, was mit Lea passiert ist …«
    Henning hatte den Satz kaum ausgesprochen, als ein besorgniserregender Wandel mit Edmund Marks vor sich ging. Er wurde kreideweiß und begann plötzlich heftig zu schwitzen.

28
     
     
    Im Nachhinein konnte Henning nicht mehr sagen, wie er nach draußen gefunden hatte. Weder konnte er sich darauf besinnen, die marmorne Eingangshalle durchquert

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