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Treibhaus der Träume

Treibhaus der Träume

Titel: Treibhaus der Träume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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besonders.«
    »Was kann passieren?«
    »Die Knochen wachsen nicht mehr zusammen. Die Knochen wachsen schiefer als jetzt zusammen. Die Knochen müssen genagelt werden und es kann eine Infektion geben. Sie können eine Fettembolie bekommen. Es muß radikal verkürzt werden und Sie werden kleiner. Das hätte den Vorteil, daß Sie den Mime singen könnten, ohne in die Hocke zu gehen.«
    Der Kammersänger wischte sich über das Gesicht. Er schwitzte vor Erregung. »Um Gottes willen …«, sagte er heiser. »Das ist ja furchtbar. Dann ist es ja einfacher, nur Rollen zu singen, wo man meine Beine nicht sieht.«
    »Das ganz gewiß.«
    »Sind Sie böse, wenn ich … wenn ich …«
    »Aber nein, Herr Kammersänger. Im Gegenteil. Sie befreien mich von einer großen Sorge, die mir schon viel Kopfzerbrechen gemacht hat. Säbelbeine zu operieren, ist eine verteufelte Angelegenheit.«
    »Aber Sie hätten es gewagt?«
    »Ja.«
    »Trotz der Risiken?«
    »Ein Chirurg, der Angst hat, sollte Kaninchenzüchter werden. Da klappt es immer.«
    Kammersänger Tocker lächelte fade. »Sie sind ein mutiger Mann, Doktor. Ich bin es nicht, auch wenn ich den Siegfried, den Lohengrin und den Troubadour singe. Sie sind mir nicht böse?«
    »Keineswegs.«
    Kammersänger Tocker atmete hörbar auf. Er drückte Lorentzen die Hand und rannte hinaus. Seine krummen Beine waren wirklich ungeheuerlich. Nun behielt er sie bis zum Lebensende. Im Sekretariat ließ er einen Scheck über 500 DM liegen. Das war anständig. Aber in Wahrheit bezahlte Arnulf Tocker damit seine Angst.
    Auch Hans Bornemann hatte die Zeitung gelesen, als Lorentzen zu ihm ins Zimmer kam. Unter dem Bett standen die beiden schweren Koffer. Zwei Millionen in Banknoten. Lorentzen sah sie an. Es ist ein merkwürdiges Gefühl, Millionen so nahe gegenüberzustehen.
    »Das ist eine ganz schöne Scheiße!« sagte Bornemann. »Ist das wahr? Haben wir 'ne Leiche im Haus?«
    »Wir hatten sie.«
    »Also keine Zeitungsente! Das ist für dich ein Tiefschlag, Lutz.«
    »Die Meldungen sind falsch. Die Frau starb an einem Herzversagen. Vergiftung … das ist blanker Unsinn.«
    »Aber offiziell sitzt du in der Klemme. Das Volk glaubt es. Es glaubt immer der Sensation.« Bornemann strich sich über sein Gesicht. »Faß es nicht falsch auf, Lutz, aber … ich möchte von meinem Geld noch etwas haben.«
    »Nun fang du auch noch an«, sagte Lorentzen gequält.
    »Ein neues Gesicht … das war so eine Idee. Ich glaube, es geht auch ohne Operation. Wenn ich noch ein paar Wochen hier wohnen kann, bis die Interpol sich totgelaufen hat … Ich werde dann verschwinden, mit meinem richtigen Gesicht …«
    »Das ist genau das, was ich dir vorschlagen wollte. Darum bin ich hier.« Lorentzen zeigte auf die Koffer unter dem Bett. »Bring die Dinger sofort weg, Hans.«
    »Auf einmal? Und die 1,5 Millionen, die du haben wolltest?«
    »Vergiß es!«
    Lorentzen war erleichtert. Bornemann würde eines Tages gehen; daß er ihn verborgengehalten hatte, war eine menschliche Schuld – aber sein ärztliches Gewissen war sauber geblieben. Er hatte nicht das Gesicht eines Verbrechers verändert.
    »Aber ich will dir weiterhelfen«, sagte Bornemann mit Triumph in der Stimme. »Ich lasse dir 100.000 Mark hier, wenn ich verschwinde.«
    »Ich will dieses Geld nicht.«
    »Der große Charakter!« Bornemann lachte leise. »Stehend vermodern und oben noch Halleluja singen. Es dankt dir keiner, Lutz. Die Welt, die Menschen, alles um uns herum ist beschissen! Sieh dir nur die Zeitungen an. Die machen dich fertig, und du kannst gar nichts dagegen tun. Auch wenn man dich hinterher reinwäscht: Mist stinkt noch durch die Haut. Und den Geruch schleppst du mit dir rum und kannst dir Literflaschen Parfüm drübergießen.«
    Wortlos verließ Dr. Lorentzen das kleine Zimmer unterm Dach.
    Er wollte es nicht zugeben, aber irgendwie hatte Bornemann recht.
    Der alte Patz war in jugendlicher Laune.
    Der Abend war schön gewesen. Cornelia van Heerstraten war gekommen, er hatte den Drahtzaun durchgezwickt, und dann war man im nächtlichen Wald spazierengegangen. Von ›Lotte in Weimar‹ wurde nicht mehr gesprochen.
    Er hatte erfahren, daß Cornelia Harfenistin war und Konzerte gab, daß sie einmal geschieden und sehr reich war, denn ihr Vater, der Exminister, besaß große Aktienpakete, die sie als einzige Tochter erben würde. Patz hatte ihre Hände gestreichelt und poetisch gesagt: »Diese zarten Finger entlocken also den Saiten die Engelstöne?«, was

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