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Treibhaus der Träume

Treibhaus der Träume

Titel: Treibhaus der Träume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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haben Sie sich daran gewöhnt, und dann fühlen Sie einen Mut in sich und eine Lust zu leben, daß Sie Bäume umarmen könnten …«
    Es war fast sicher, daß auch diese neue Gruppe vornehmer und zurückhaltender Damen einen Club bilden würde, der sich zunächst mit dem einzigen, auf der Farm erreichbaren Mann beschäftigte: Mit Adam Czschisczinski, genannt Dicki.
    Die mitternächtlichen Gefahren hörten nicht auf. Xaver Grundmoser rannte durch den Park wie ein Bison. Ein Pfeil hatte ihn wieder getroffen, dieses Mal auf der anderen Seite. Und was der Hinterlist Gipfelpunkt war: Nicht in den doppelten ledernen Hosenboden hatte der unbekannte und unsichtbare Schütze ihn geschossen, sondern in den Oberschenkel.
    Grundmoser stieß ein wildes Gebrüll aus, als ihn das Geschoß traf und in seinem dicken Fleisch federte. Dadurch verpaßte er es, sich um den Schützen zu kümmern, der wieselschnell in der Nacht zwischen den Büschen untertauchte.
    »Sauhund damischer, verfluchta!« schrie der Grundmoser. Er riß den Pfeil heraus und zerbrach ihn dieses Mal nicht. »Aber i kriag di. Und dann dreh i dir deine Gurgel umeinand und steck dir dena Pfeil in'n Oarsch!« Dann humpelte er zurück ins Haus und klopfte an die Tür von Dicki, um ihm sein Leid zu klagen. Verschlafen schloß Dicki die Tür auf und ließ Grundmoser ein.
    »Schon wieder?« sagte er, als er den Pfeil in der Riesenfaust des Holzfällers sah. »Das ist ja schon ein Attentat.«
    »An hinterlista Lump'n!« schrie der Xaver. Er ließ sich auf einen Stuhl fallen und betrachtete die Einschußwunde, die stark blutete. »Umbringa will er mi!«
    »Vielleicht.« Dicki holte Jod und Verbandstoff aus dem Schrank. Er umsorgte Grundmoser rührend, als sei dieser ein hübsches Mädchen. »Ich würde wieder zurück nach St. Hubert gehen, Xaver«, sagte er dabei. »Da hat dich doch keiner beschossen?«
    »Na!« Der Grundmoser ballte die Fäuste. Sie waren wie Felssteine. »Gehen? I? Na! Jetzt bleib i g'rad!«
    Dicki lag noch lange wach und grübelte nach anderen Methoden. Mit Pfeil und Bogen konnte man keinen Bayern schrecken, das sah er jetzt ein.
    Um so mehr machte sich am nächsten Morgen Xaver schwere Gedanken, ob er tatsächlich der Stellung als Nachtwächter gewachsen sei. Ein Erlebnis besonderer Art war Anlaß dieser inneren Krise des guten Grundmoser.
    Nachdem er von Dicki verbunden worden war, hatte er seinen Dienst wieder aufgenommen. Jede Stunde, bis zur Dämmerung, machte er eine stille Runde durch das ganze Haus. Er tappte auf Filzpantoffeln durch die Flure und Keller, kontrollierte die Flurfenster und die Außentüren.
    Gegen 2 Uhr morgens – er schlurfte gerade über den 1. Stock – geschah es dann: eine Tür öffnete sich schnell, eine Hand, ein Arm, eine breite Schulter fuhren heraus, ergriffen den vor Staunen starren Xaver, rissen ihn ins Zimmer und in eine dumpfe Dunkelheit. Der Schlüssel drehte sich im Schloß – und dann vernahm der gute Grundmoser ein Schnaufen, er griff nach diesem Ton, faßte in etwas Weiches, Glattes, Warmes und wußte sofort, daß das eine riesige Brust war.
    »Jo mei!« sagte er entgeistert.
    Aber er hielt fest, seine zweite Hand ging auf Suche und fand bestätigt, was unter seiner Hirnschale plötzlich zu kochen begann.
    »So etwas wie dich habe ich gesucht«, sagte Rosa Ballek mit ihrer tiefen Stimme. »So sah Mummi aus. Mummi war ein Neger aus dem Sudan. Kerl, du hast Muskeln! Genau wie er!«
    Xaver Grundmoser war ein Mensch, der langsam dachte. Als er jetzt endlich zu denken begann, fand er sich bereits auf dem Bett liegen, und jemand zog ihn aus. Das machte einige Schwierigkeiten, denn eine bayerische Krachlederne ist anders geknöpft als eine normale Männerhose.
    »Jo Madl, i muaß erst mei Runden …«, sagte der Xaver und wollte sich erheben. Aber das ging nicht, denn das gewaltig Weiche, Warme, Glatte lag auf ihm und war von der gleichen Güte wie seine Holzfällernatur.
    »Halt den Mund!« sagte Rosa Ballek und gab Xaver einen knallenden Kuß. »Halt bloß den Mund, Junge. Hiß die Segel und dann vor'n Wind …«
    »O kruzi – kruzi!« sagte der Xaver Grundmoser noch. Dann arbeitete er, als wolle er im Akkord einen ganzen Wald fällen.
    Gegen vier Uhr morgens brach das Bett zusammen, und Grundmoser bekam einen Splitter in den Bauch. Um sechs Uhr durfte er gehen.
    Und was Dickis Pfeil und Bogen nicht schafften, das vollendete Rosa Ballek. Grundmoser machte sich Gedanken, ob das Leben im Wald nicht doch ruhiger wär.

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