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Treibhaus der Träume

Treibhaus der Träume

Titel: Treibhaus der Träume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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zurück.
    »Hier: Paragraph 226a StGB: ›Wer eine Körperverletzung mit Einwilligung des Verletzten vornimmt, handelt nur dann rechtswidrig, wenn die Tat trotz der Einwilligung gegen die guten Sitten verstößt.‹ – Das aber wäre hier der Fall.«
    »Wieso verletze ich die guten Sitten?« Heiduk stand auf. Wieder ertappte sich Lorentzen trotz innerer Gegenwehr bei dem Gedanken: Wie hübsch sie ist. »Ich kann mit meinem Körper machen, was ich will.«
    »Nicht nach Paragraph 226a. Sie sind ein Mann. Aber Sie wollen eine Frau sein. Sie wollen einen echten weiblichen Busen. Das ist eine Täuschung, also verstößt es gegen die guten Sitten.«
    »Diese Deutschen mit ihren Paragraphen!« Bernhard Heiduk knöpfte seinen Mantel zu. »Ich hätte zehntausend Mark für die Operation gegeben, Doktor.«
    »Ich bedaure.«
    »Injektionen, Doktor.«
    »Auch Injektionen fallen unter den Paragraphen 226a. Jeder Spritzeneinstich ist juristisch eine Körperverletzung.«
    »Dann fahre ich nach Italien.« Bernhard Heiduk gab Lorentzen die Hand, eine schmale, zarte Mädchenhand. »Schade, Doktor … zu Ihnen hätte ich blindes Vertrauen gehabt.«
    »Um Gottes willen!« Lorentzen hob beide Hände. »Verlieben Sie sich nicht in mich.«
    »Ich werde mich bemühen, indem ich sofort wieder gehe.« Ein Blick aus betörenden Augen traf Lorentzen. Ihm stockte der Atem. »Mein Liebling hat Ähnlichkeit mit Ihnen.«
    »Wie alt sind Sie?« fragte Lorentzen mit belegter Stimme.
    »Zweiundzwanzig, Doktor. Leben Sie wohl. Ich werde mir leider in Rom meine Brüste holen müssen.«
    Lorentzen atmete erleichtert auf, als Bernhard Heiduk das Sprechzimmer verlassen hatte. Er zerriß die leere Karteikarte.
    In der Halle wartete Dicki auf das wunderschöne Mädchen. Als er sie kommen sah, wurde er unruhig wie ein balzender Auerhahn und schoß aus seiner Portierloge hervor.
    »Sie bleiben bei uns?« rief er.
    »Leider nein.« Heiduk lächelte charmant. »Sie hätten sich gefreut?«
    »Sehr, o sehr! Naja …« Dicki suchte nach weiteren Worten. »Haben Sie auch nichts vergessen? Liegengelassen?«
    »Ich glaube nein.«
    »Aber wenn nun doch. Es könnte ja sein. Wohin kann ich es Ihnen schicken?«
    Heiduks Lächeln war sonnig. Dickis Kopfhaut kräuselte sich vor Wonne.
    »Ich wohne bis morgen noch in der Pension ›Sonne‹. Wenn Sie etwas finden sollten, können Sie es mir ja bringen. Falls es keine Schwierigkeiten macht …«
    »Keine, gar keine, mein Fräulein!« Dicki rannte voraus, riß die Türe auf und winkte dem zauberhaften Mädchen nach, als es abfuhr. Und das Mädchen winkte wieder zurück.
    Am Abend machte sich Dicki fein. Er zog seinen blauen Anzug an und band einen silbernen Schlips um. Er hatte etwas gefunden, was das Mädchen verloren haben könnte. Einen silbernen Knopf. Man muß ja einen Grund haben … Mit offenem Mund starrte ihn Xaver Grundmoser an.
    »Gehst nachher zur Hochzeit, wos?« sagte er.
    »So ähnlich.« Dicki war in explosiver Laune. »Ein Weib, sag ich dir, Junge, ein Weib! So was hast du noch nie gesehen.«
    Von einem Krankenpfleger lieh er sich ein Moped und fuhr bei Anbruch der Dunkelheit nach St. Hubert. Auf dem Gepäckträger war ein Strauß Blumen aus dem Klinikgarten festgeklemmt.
    Armer, lieber Dicki!
    Neben einigen neuen Patienten, die Lorentzen untersuchte und die meistens wegen Aknenarben, Hautstraffungen, Faltenbeseitigung und deformierten Nasen zu ihm kamen, schickte die Sekretärin, über deren Schreibtisch jede Anmeldung lief, eine Karteikarte ins Chefzimmer, die Lorentzen ehrlich interessierte. Bevor er den ›Patienten besichtigte‹, las er sehr genau die Eintragungen in der Karteikarte, denn Fräulein Nüßlein schrieb alles so hinein, wie sie es von dem neuen Patienten hörte. So stand einmal bei einem riesigen Rhinophym – der berühmten ›Knollennase‹ – wörtlich da: »Patient sagt: ›Mit so anen Blumenkohl im G'sicht kann i nit leaben …‹« – Es war ein Bauer aus dem Salzburgischen, dem Lorentzen eine schöne, dem Gesicht angemessene Nase zurechtschnitzte.
    Auf der Karteikarte, die jetzt vor ihm lag, stand: »Patientin gibt an, zu kleinen Busen zu haben. Ist voller Depressionen.«
    Darunter eine Bemerkung von Dr. Thorlacht, der die Voruntersuchung bereits gemacht hatte: »Interessanter Fall einer Mammaplastik.«
    Dr. Lorentzen drückte auf den Signalknopf. In den wenigen Sekunden, bis die Patientin eintrat, überflog er schnell seine Erfahrungen mit zu kleinen Brüsten. Die meisten Fälle

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