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Treibhaus der Träume

Treibhaus der Träume

Titel: Treibhaus der Träume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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nicht. Ich habe nicht so starke Nerven wie du. Es muß eine Lösung geben.«
    Ilse Patz lehnte sich an die Wand. Mit zitternden Fingern griff sie in die Taschen ihrer engen langen Hosen und holte ein flaches silbernes Zigarettenetui heraus.
    »Du rauchst?« fragte Marianne gedehnt.
    »Seit kurzem wieder.« Ilse machte ein paar tiefe Züge, als ersticke sie. »Ich denke, zwischen dir und Lutz ist es aus?«
    »Es scheint so.«
    »Was heißt das?« Die Stimme Ilses wurde höher.
    »Ich wollte, es wäre aus. Endgültig. Aber ich kann es nicht.« Marianne stützte den Kopf in beide Hände. Die blonden Haare fielen ihr über die Augen. »Mein Gott, ich liebe ihn so … Und ich weiß, daß er mich auch liebt. Er hat keinen Menschen auf dieser Welt … er ist der einsamste Mann …«
    »Genies sind immer einsam. Genies sind mit ihrem Werk verheiratet. Lutz hat seine Klinik, er braucht nicht mehr. Das habe ich jetzt endlich begriffen. Darum laß alles so sein wie früher, Marianne. Hier die Farm, dort die Klinik, zwei getrennte Betriebe … eine Freundschaft.«
    Marianne schüttelte den Kopf. »Du weißt genau, daß das nicht geht. Darum war ich bei Vater. Er hat nicht das Geld, um deinen Anteil zu übernehmen, er müßte erst Aktien abstoßen, wertvolle Sammlungen verkaufen, einen Bankkredit aufnehmen. Aber er ist bereit, es zu tun.«
    Das Gesicht Ilses wurde starr. »Du willst mich ausbooten?« rief sie.
    »Die 1,5 Millionen für die Klinik bekommen wir nie zusammen, aber deinen Anteil an der Schönheitsfarm kann ich dir geben. Vater wird durch ein Wirtschaftsbüro den Marktwert ermitteln lassen. Unser Vertrag läuft Ende nächsten Jahres ab. Er müßte dann für zehn Jahre erneuert werden. Das will ich nicht. Überlaß mir die Farm, nimm du die Klinik.«
    »Und Lutz?«
    »Kommt zu mir als Kurarzt in die Farm.«
    »Du bist total verrückt!« Ilse Patz steckte sich mit bebenden Fingern eine neue Zigarette an der nur halb abgerauchten alten an. »Ich willige nie ein! Was soll ich mit einer chirurgischen Klinik?«
    »Heirate einen Chirurgen und führe sie weiter.« Marianne blickte hoch. In ihren Augen lagen Tränen. »Begreifst du denn nicht, Ilse: Ich will eine Lösung suchen! Ich will Ruhe haben! Ich will Lutz lieben dürfen …« Und plötzlich sprang sie auf und hieb mit beiden Fäusten auf den Tisch. Es war das erstemal, daß Ilse sie so sah. »Ich lasse nicht von ihm!« schrie sie. »Ich kämpfe um ihn, und wenn hier alles zusammenbricht. Er und ich, wir sind uns wichtiger als alle Schönheitsfarmen der Welt.«
    »Und du glaubst, das wäre eine Lösung?« fragte Ilse kalt.
    »Ja. O ja. Wenn du nicht mehr da bist, ist Frieden.«
    »Es war immer Frieden zwischen uns – bis Lutz kam. Man sollte logisch denken: Lutz muß gehen.«
    »Logisch kann nur denken, wer nicht fühlt. Ich liebe ihn aber.«
    Die Auseinandersetzung geriet wieder in die Gefahr, ins Uferlose zu verströmen. Ilse Patz wandte sich schroff ab und sah aus dem Fenster. Die Abenddämmerung glitt über die Bergkuppen und stieg mit langen Schatten in die Täler hinunter. Der Himmel war streifig, das Abendrot rötlich-milchig. Auf dem Grundstück der Klinik schritt Xaver Grundmoser die Zäune ab, um ihre Unversehrtheit zu kontrollieren. Gestern hatte er das Loch entdeckt, das der alte Patz hineingeschnitten hatte, um zu Cornelia van Heerstraten zu kommen. Gewarnt durch den Mitternachtsschuß, trug Grundmoser eine dicke, speckige Krachlederne. Die Sitzfläche war durch einen dicken Lederflecken noch extra verstärkt.
    »Hier geht nimmer a Pfeil durch!« hatte er zu Hause gebrüllt. Sein Bruder, nicht minder stark als Xaver und Fuhrknecht, hatte ihm das Schußloch mit Jod ausgepinselt. Nachdenklich betrachtete Dicki den gepanzerten Grundmoser vom Fenster seines Zimmers aus. Auch er hatte Bedenken, ob die Durchschlagskraft des Bogens nun noch ausreichte.
    »Wer ist denn dieser wandelnde Baum da?« fragte Ilse Patz. Sie sah den Xaver zum erstenmal. Marianne stand auf und blickte hinaus.
    »Der neue Nachtwächter der Klinik. Lutz hat ihn eingestellt, nachdem der neue Anschlag …« Sie stockte und streckte plötzlich Ilse die Hand hin. »Ich muß mich entschuldigen, Ilse.«
    »Wofür?« Ilse starrte auf die hingehaltene Hand.
    »Ich habe bei der Brandstiftung gedacht, daß … daß …« Sie sah an Ilse vorbei und atmete schwer. »Aber nun weiß man, daß es ein Mann war.«
    Ilse Patz schwieg. Ihr braunes Gesicht wurde noch dunkler. Sie zerdrückte die Zigarette in

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