Treibhaus der Träume
Frau Nitze, Frau Domplatz, der ganze Club, der sich gefunden und herrliche Zeiten erlebt hatte, bis man das Gartentor in der Mauer verschloß, ging nun auseinander. Man wußte, daß man sich nur durch Zufall wiedersehen würde, aber auch diese Chance war gering. Man ging jetzt für immer auseinander. Und das war gut so; zu viele gemeinsame Erinnerungen belasten nur.
»Es war herrlich bei Ihnen!« sagte Frau Nitze als Sprecherin aller entlassenen Damen. »Es war ein Erlebnis. Wenn wir uns im Spiegel betrachten … es war ein Erfolg. Wir werden Ihre Farm allen weiterempfehlen.«
»Das ist lieb von Ihnen«, sagte Ilse Patz und drückte Hände. »Wir haben noch nie einen Kursus gehabt, der so viele ehrgeizige und fleißige Frauen hatte, die alles, aber auch alles taten, um wieder jung zu werden.«
Frau Nitze sah Ilse mit hochgezogenen Augenbrauen an. Dann lächelte sie, denn auch Ilse lächelte, ein wenig maliziös, aber voll von unausgesprochenen Worten. Frau Nitze verstand.
»Ich komme nächstes Jahr wieder«, sagte sie.
»Ich auch!« Frau Domplatz aus Xanten umarmte Marianne und gab ihr sogar einen Kuß auf die Wange. Dann wurde ihr Blick wehmütig, denn sie dachte an ihren Mann und das weitere Leben mit neu entwickelten Gartenzwergen. Vielleicht gab es jetzt sogar einen Gartenzwerg, der Beat spielte. In Domplatz' Fabrik war alles möglich.
Dann fuhren die weißen, roten und silbergrauen Sportwagen aus den Garagen, noch einmal gab es einen lauten Abschied, ein Winken, einen letzten Blick auf das Paradies, das man nun hinter sich ließ, um wieder Ehefrau zu sein und Brunos dicken Bauch beim Tanz auf dem Presseball zu spüren … die Motoren donnerten auf, wie bei einem Rennbeginn auf einer Rennbahn, Marianne und Ilse winkten mit bunten Kopftüchern, und die blitzende Wagenkolonne schoß aus dem Garagenhof hinaus auf die Landstraße.
In der Weinstube des Kur-Hotels sahen in diesem Augenblick die Herren Domplatz, Haut, Nitze und Hennes auf die Uhren und leerten ihre Gläser. Man hatte sich miteinander bekannt gemacht, nachdem man sich einen Augenblick kritisch gemustert hatte. Dann lachte man und gab sich die Hand, als kenne man sich schon seit Jahren.
»Ihre Frau … auch auf der Farm?«
»Ja. Ihre auch?«
»Natürlich. Wird heute entlassen. Soll wie'n Engel aussehen.«
»Ist alles nur äußerlich!« Gartenzwerg-Fabrikant Domplatz lachte dröhnend. »Ziehn Sie 'ner Ziege einen Ozelot an … es bleibt 'ne Ziege. Meine Herren, darf ich Sie zu einer guten Flasche einladen?«
Es erwies sich wieder, daß Männer Sinn für die Stunde haben. Noch bevor die Damen in St. Hubert eintrafen, hatten die wartenden Ehemänner miteinander Geschäfte abgeschlossen. Wie dicke Freunde kamen sie ihren Frauen entgegen, als die Armada der Sportwagen vor dem Kur-Hotel auffuhr.
»O Himmel!« sagte Frau Nitze, als sie die Männer fröhlich miteinander herankommen sahen. »Da sehen Sie es, meine Lieben: Der Alltag hat wieder mit seiner ganzen Brutalität begonnen.«
Auf der Farm wurde an diesem Tag geschrubbt und geputzt, gebohnert und Fenster gewienert. Die Betten lüfteten aus. In neun Tischdecken entdeckte man Brandlöcher von Zigaretten. In einem Bett fand man eine Zigarrenspitze. Das war merkwürdig, denn keine der Damen rauchte Zigarren.
»Muß ein Souvenir sein«, sagte Ilse Patz, als das junge Stubenmädchen damit ankam. »Stecken Sie es in ein Kuvert und schreiben Sie die Zimmernummer darauf. Falls sich die Dame melden sollte …«
Sie meldete sich nie, was man verstehen kann.
Am nächsten Tag trafen die neuen Gäste ein. Zwölf Damen, blaß, zu stark im Make-up, Großstadtkinder mit Speckröllchen an den Hüften, mit Falten und Pickeln im Gesicht, mit hektischem Blick. Immer das gleiche: Der große Traum von der verlängerten Jugend trieb sie herbei. Sie ließen sich in ein Treibhaus setzen und neu zur Blüte bringen. Und sie waren dankbar für jede Falte, die sich glättete, für jedes Pfündchen, das wegging.
Ist das nicht natürlich? Schön sein und jung, und schön und jung bleiben – davon träumt der Mensch, solange es ihn gibt. Und er wird es immer träumen, denn es ist eine Hoffnung, die glücklich macht.
Die Begrüßung mit Spinatsaft und Schafgarbentee erfolgte. Das Abendessen aus geraspelten Möhren mit Nüssen, Äpfeln und gesäuertem Blumenkohl. Dazu der Wundertrank aus Leinsamen.
»Warten Sie es ab, meine Damen«, flüsterte Cornelia van Heerstraten von Tisch zu Tisch den Neuen zu. »In vier Tagen
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