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Treibhaus der Träume

Treibhaus der Träume

Titel: Treibhaus der Träume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Sie war wie verjüngt, ihre mächtigen Brüste waren straff, ihr rundes Gesicht glänzte speckig. Es war, als habe sie mit Xaver Grundmoser auch die Lebenskraft des Bergwaldes eingesogen.
    »Wo geht es jetzt hin, Rosa?« fragte Lorentzen, als er mit der Untersuchung fertig war. Rosa Ballek strich sich über ihre gewaltigen Brüste.
    »Nach Tanger«, sagte sie dröhnend. »Zu Fietje! Er ist dort Schauermann geworden, schreibt er. Daß ich nun Narben habe, stört ihn nicht, schreibt er. Ihn hat nur gestört, daß er manchmal die Viermastbark sah, da bekam er Fernweh, und da ging's nicht mehr so richtig. Ist eine sensible Natur, der Fiedje!«
    Dr. Lorentzen verbiß ein Lachen. Rosa war ein Naturereignis; so mußte man sie auch hinnehmen. Er stellte sich vor, wie sie in einer Hafenkneipe Tangers lebte, wie die windigen Ganoven aus aller Herren Länder sie anstarrten, wenn sie mit ihren Brüsten über der Theke hing, und wie sie jedem eins aufs Maul schlug, wenn er frech wurde oder dranpackte. Welch ein Kerl mußte dieser Fiedje sein, daß er so etwas bändigen konnte.
    »Sehen wir uns in einem Jahr wieder, Rosa?« fragte Lorentzen.
    »Vielleicht.«
    »Die Narben will ich noch wegmachen.«
    »Es kommt drauf an, was nächstes Jahr ist. Vielleicht bin ich im Wochenbett, vielleicht hat mich einer totgeschlagen. Weiß ich es?« Rosa Ballek bekam feuchte, rote Augen. Verblüfft sah Lorentzen diese Wandlung. »Bei Ihnen, Herr Doktor, war meine schönste Zeit«, sagte sie ungewohnt leise. »Alles war so geordnet, alles so still, alles so lieb. Aber ich weiß, daß ich nicht in solche Welt gehöre. Der Fiedje, der hat einmal gesagt, und Fiedje ist ein kluger Mensch: Rosa – hat er gesagt – ein Walfisch muß kleine Fische fressen, dem kannste nicht mit Hackbraten kommen. – Tjo, so ist denn mal. Jeder wo er hingehört. Aber von Ihnen werde ich in der ganzen Welt erzählen.«
    »Das ist lieb von Ihnen, Rosa.«
    Sie zog sich an und ordnete vor dem Spiegel ihre Haare. »Heiraten Sie Marianne, Herr Doktor?«
    Lorentzen sah sie verwundert an. »Ich weiß nicht.«
    »Tun Sie es, Herr Doktor. Ich bin eine alte, erfahrene Kuh. Sie brauchen ein Mädchen wie Marianne.«
    Am Nachmittag hatte Rosa alles gepackt und wartete auf das Taxi, das sie zum Bahnhof bringen sollte. Xaver Grundmoser hatte sich vor dem Abschied gedrückt. Er war in St. Hubert, beim Schuster, wie er sagte. Dicki hatte den Mut, in diesen letzten Minuten wieder das Zimmer zu betreten, in dem er sich vorgekommen war wie ein armer Floh.
    »Gute Fahrt!« sagte er zu Rosa Ballek, die auf der Bettkante saß, in Mantel und Hut.
    »Du Zwerg!« sagte Rosa verächtlich. »Du Schwächling! Warum ersparst du mir nicht deinen Anblick?«
    Dicki betrachtete sie wie ein vorsintflutliches Fossil. Dann schüttelte er den Kopf und ging hinaus.
    Nein, so etwas, dachte er. Die menschliche Einteilung ist falsch. Es gibt Männer und Frauen und Rosa Ballek. Sie muß übriggeblieben sein aus der Zeit, wo es noch Saurier gab …
    Als Rosa Ballek mit dem Taxi fortfuhr, winkten ihr alle Schwestern und Ärzte nach wie einer Königin.
    Im Chefzimmer aber hing Dr. Thorlacht eine vergrößerte Farbfotografie in einem Holzrahmen auf.
    Die mit dem Skalpell versenkte Viermastbark.
    Dr. Lorentzen war gerührt. Das Foto hing so, daß er es immer sah, wenn er von seinem Schreibtisch aufblickte. Es erinnerte daran, daß Chirurg sein nicht nur mit Leid und Elend zu tun hat.
    In seinen Bergen wurde es Hans Bornemann zu langweilig. Die Suche mit Hunden und Hubschraubern war längst eingestellt worden. Die ›Sonderkommission Bornemann‹ war wieder abgereist. Still und bedrückt. Horst Rappel schrieb noch einen abschließenden Bericht über die Fehlleistungen der Polizei, dann wurde es endgültig still. Bornemann wurde ein Aktenstück und ein Fahndungsblatt in der Kartei von Interpol. Lorentzen sprach Rappel auf den Fall an, als dessen Rückennarbe vorsichtig abgeschliffen werden sollte.
    »Sie sind nur zu mir gekommen, um Bornemann aufzustöbern, nicht wahr?« sagte er. Er saß allein mit ihm im Chefzimmer.
    »Ja. Ich hatte diese Spur in der Nase. Nicht Ihre Klinik, aber die Fluchtrichtung. Und dann sah ich Sie eines Tages mit einem Patienten nach München fahren. Ich folgte Ihnen, Sie hielten am Hauptbahnhof, der Mann stieg aus und holte zwei Koffer ab. Und als ich ihn von vorn sah, mit dem großen Pflaster quer überm Gesicht, da wußte ich: Das ist Bornemann!«
    »Warum haben Sie nicht die Polizei

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