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Treibhaus der Träume

Treibhaus der Träume

Titel: Treibhaus der Träume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Operieren Sie mich … Sie wissen nicht, wozu ich fähig bin!«
    »Kommen Sie nebenan ins Untersuchungszimmer«, sagte Dr. Lorentzen rauh. »Ich will mir Ihren Körper genau ansehen.«
    »O ja, Doc!« rief Joan Bridge mit heller Stimme.
    Sie lief zur Tür, die gerade von dem Assistenten geöffnet wurde, und zog sich im Laufen schon aus. Dr. Lorentzen atmete tief auf. Übermorgen war Operationstag. Der erste in der ›Almfried-Klinik‹.
    Welch ein Anfang!
    »Sie werden sehen, Doc«, hörte er Joan Bridges Stimme aus dem Untersuchungszimmer, »mit kleinen Brüsten werde ich fröhlich sein wie ein junges Mädchen. Und das ist doch Ihre Aufgabe, nicht wahr, die Menschen durch Ihre Operationen wieder glücklich zu machen –«
    Dr. Lorentzen schreckte zusammen und ließ den Kugelschreiber fallen. In der Tür zum Untersuchungszimmer war Joan Bridge stehengeblieben und hatte einen schrillen Schrei ausgestoßen. Der Assistent lief herbei. Aus einer Ecke des Zimmers kam entsetzt die zweite OP-Schwester.
    »Was haben Sie?« fragte Lorentzen, der mit drei langen Schritten neben Joan Bridge stand. Sie hatte ihre Kleider fallen gelassen; mit bloßem Oberkörper und in einem engen Höschen tippelte sie auf ein Bild zu, das an der Wand in einem einfachen Metallrahmen hing. Dort blieb sie stehen und starrte auf ein schönes, junges, lachendes Männergesicht.
    »Wer ist das?« keuchte sie. Eine ungeheure Erregung hatte sie ergriffen. »Wer ist das auf der Fotografie?«
    Lorentzen trat an ihre Seite. »Dr. James Bidnop.« Erstaunt sah er, wie Joan Bridge mit beiden Händen in ihre blondierten Haare fuhr und sie zerraufte. »Der Sohn meines Professors in New Orleans. Ich habe bei Professor Bidnop Chirurgie studiert.«
    »Sie kennen James?«
    »Ich war mit ihm befreundet. Es war eine schöne Zeit, nur zu kurz. Vier Monate nur.«
    »James …«, sagte Joan leise. Sie hob die Hand und streichelte über das lächelnde Fotogesicht. Es war ein tragischer und doch komischer Anblick, die halbnackte üppige Frau, versunken in Zärtlichkeit, vor dem Bild zu sehen. Lorentzen winkte mit den Augen den Assistenten und die OP-Schwester in den Nebenraum. Er ahnte, daß Joan jetzt allein mit ihm sein wollte.
    »Sie kannten James Bidnop, Miß Bridge?« fragte er.
    »Ja, wir wollten einmal heiraten.«
    Schweigen. Lorentzen sah auf den gekachelten Boden. Vor vier Jahren war James Bidnop bei einem Sportwagenrennen tödlich verunglückt. Seine Leidenschaft, Autorennen zu fahren, wurde ihm zum Verhängnis. In dem Wrack seines Wagens war er verbrannt bis zur Unkenntlichkeit.
    »Es war furchtbar«, sagte Lorentzen leise.
    »Ich war dabei –« Joan Bridge drehte sich um. Sie bemühte sich, wieder zu lächeln. »Es überkam mich so, Doc, als ich das Bild sah. Wer konnte das ahnen? Bei Ihnen ein Bild von James. Verzeihen Sie, Doc.« Sie legte die Arme über ihre großen weißen Brüste, als schäme sie sich plötzlich. »Machen wir weiter! James ist vorbei. Das Leben geht weiter. Wo muß ich hin?«
    »Setzen Sie sich dorthin. Unter die Lampe. Ich komme gleich.«
    Gehorsam ging Joan Bridge zu dem Stuhl, den Lorentzen ihr angewiesen hatte. Dort saß sie in ihrer schönen weißen Nacktheit und nickte mit ihren Kulleraugen dem Assistenten zu, der wieder aus dem Nebenraum kam.
    »Guten Tag, Doc«, sagte sie zu ihm. »Finden Sie auch, daß meine Brüste zu groß sind? Ich muß Ihnen erzählen, was Alfredo darüber sagte …«
    Kopfschüttelnd ging Lorentzen in sein Sprechzimmer, um seine Brille zu holen.
    Die Seele dieser Frau, dachte er, muß wie ein Bündel Drähte sein, die sich dauernd Berühren und einen Kurzschluß verursachen.
    Man sollte sie bedauern.
    Adam Czschisczinski, den man wegen seines unaussprechbaren Namens schlicht ›Dicki‹ nannte, hatte seinen großen Tag. Während im Untersuchungszimmer Joan Bridge nun auch dem jungen Assistenten wehklagend von Alfredo und dessen Ansicht über ihre zu großen Brüste erzählte, ging er durch die beiden Wartezimmer und unterrichtete die künftigen Patienten.
    Dr. Lorentzen hatte in der neuen kosmetischen Klinik gleich drei Warteräume eingerichtet. Einer war für die Damen reserviert, denn jeder Dame ist es peinlich, zusammen mit Männern im Vorraum eines Schönheitschirurgen zu sitzen und sich mit Blicken betasten zu lassen: Wo fehlt es? Wo will sie korrigiert werden? Die Höckernase? Die Falten unter den Augen? Die schräg hängende Lippe? Die gewaltige Hängebrust? Das drückt auf die Psyche. Das ist

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