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Treibhaus der Träume

Treibhaus der Träume

Titel: Treibhaus der Träume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Gold dagegen!« Die Kosmetikerin verzog schadenfroh das Gesicht, als die Tür wieder aufgerissen wurde und die Masseuse Lucia hereinstürmte. Auch sie machte einen völlig verstörten Eindruck.
    »Chefin!« rief sie kurzatmig, als habe sie vier Stunden am Massagetisch gestanden. »Draußen …«
    »Ich weiß, Lucia.« Marianne lächelte schwach. »Frau Pfannenmacher ist wieder da.«
    »Darf ich Urlaub nehmen?« Masseuse Lucia zog ihren weißen Kittel aus. Die Kosmetikerin Marion tat es ihr nach, auch sie schlüpfte aus dem schicken weißen Mantel mit dem goldenen Monogramm.
    »Ich habe auch noch vier Wochen zu kriegen«, sagte sie. »Zwei Wochen vom vorigen Jahr, Chefin.«
    »Nun hört mal zu!« Marianne Steegert faltete die Hände auf dem Tisch und sah ihre Mitarbeiterinnen ernst an. »Unser oberster Grundsatz heißt: Niemals die Nerven verlieren. Und wenn unsere Kundinnen noch so anspruchsvoll oder – sagen wir es beim Namen – überdreht sind: sie sind unsere Gäste. Sie sind zu uns gekommen, um sich zu erholen, um schöner zu werden, um mit ihrem Gesicht, ihrer Figur, ihrer Haut auch ihre Seelen zu verjüngen. Das ist keine leichte Aufgabe, das wissen wir alle. Kneifen, nur weil eine Frau durch die Umwelt, in der sie leben muß, wunderlich geworden ist – das ist Feigheit. Ihr solltet Frau Pfannenmacher nicht aus dem Wege gehen, im Gegenteil: Ihr solltet ihr helfen, daß sie bei uns Ruhe und Entspannung findet. Ich habe ihre Autofanfare schon gehört …« Mariannes Stimme wurde leiser, weich, dunkler. »Sie hat mir vorige Woche einen Brief geschrieben. In jeder Zeile waren Tränen. Sie lebt in einem goldenen Käfig, sie kann über so viel Geld verfügen wie sie will, aber sie ist nicht glücklich. Immer, wenn ihr Mann ›Dickerchen‹ zu ihr sagt, fährt es wie ein glühendes Messer durch ihr Herz. Und dann sieht sie, wie ihr Mann die schlanken Frauen bewundert, wie er mit offenen Augen träumt, solch eine Frau zu haben, zwanzig Jahre jünger zu sein, und dann greift er zur Zeitung oder starrt auf den Fernsehapparat, und der Abend geht herum mit ödem Schweigen.« Marianne erhob sich mit einem Ruck. »Daran solltet ihr denken, Mädels! Und darum ertragt auch Frau Pfannenmacher.«
    Aber es war gar nicht mehr so schlimm, wie man befürchtet hatte. Wohl gab es Alarm vom Dach bis hinunter in den Keller, sogar die Diätköchin stöhnte und auch Adam Czschisczinski wurde benachrichtigt, obwohl er mit der Schönheitsfarm nichts mehr zu tun hatte, aber Erna Pfannenmacher nahm aller Angst die Kraft: Sie brachte für jeden Angestellten ein Geschenk mit. Seidenblusen, die neuesten Handtaschenmodelle, große Schals und schicke, kurze Badejacken, aus französischem Frottee.
    »Ich bin ja so glücklich, daß ich wieder hier sein kann«, sagte sie zu Marianne Steegert. »Wie schnell doch ein Jahr vergeht. Und wie sich hier alles verändert hat. Diese tolle Klinik am Wald! Sie fällt schon von weitem auf, wenn man von St. Hubert durchs Tal hinauffährt. Ach, Kindchen, ich freue mich ja so, daß es Ihnen so gut geht.«
    Sie küßte Marianne auf beide Wangen und weinte ein wenig vor ehrlicher Ergriffenheit. Dann setzte sie sich und erzählte aus ihrer Ehe. Das Thema Nr. 1 auf der Schönheitsfarm bei allen Frauen. Wer nicht verheiratet war, hatte noch mehr Gesprächsstoff mit seinen Geliebten. Ehemänner gleichen sich im Grunde immer: sie sind müde. Liebhaber haben feine Variationen: Vom Romantiker bis zum wilden Fischerbuben umfassen sie die ganze Skala der Liebesmöglichkeiten.
    »Die Kur voriges Jahr war ein Erfolg«, sagte Erna Pfannenmacher. Sie trank, als Begrüßungstrunk, den ungesüßten Schafgarbentee, den Marianne für sie bestellt hatte. Zwar verzog Frau Pfannenmacher etwas den wulstigen, geschminkten Mund, als sie den Tee schnüffelte, aber dann nahm sie tapfer einen tiefen Schluck. So gewöhnt man sich am besten ein. Auf Wiedersehen, ihr Sahnetorten und Mokkatassen.
    »Schafgarbentee?« sagte Erna Pfannenmacher voll Erinnerung.
    »Ja.« Marianne Steegert lächelte. »Ihr Standardtee.«
    »Ich weiß es noch, wie Sie ihn mir vorstellten: Beruhigend, krampflösend, kreislaufverbessernd, stärkend, stoffwechselanregend und menstruationsfördernd. Ach ja –« Erna Pfannenmacher seufzte. »Die Kur war wirklich ein Erfolg.« Sie wurde plötzlich rot wie ein junges Mädchen und beugte sich zu Marianne vor.
    »Ich hatte doch eine Zeitlang richtig Angst, daß ich wieder etwas Kleines … Mein Gott, diese Sorge. Nach

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