Treibhaus der Träume
Tamburinschlägen von Ilse Patz hüpften sie um das blauschimmernde Becken des Swimmingpools.
Er bedauerte sehr, kein Fernglas mitgenommen zu haben, denn einige der hüpfenden Damen waren näherer Betrachtung wert.
»Nun?« fragte die Baronin v. Durrhaus. »Was war?«
»Ein Mißverständnis, ich sagte es schon.« Schwester Frieda ging unnahbar an ihr vorbei, und auch der junge Arzt beeilte sich, wegzukommen.
»Eine arrogante Klinik!« sagte die Baronin laut, drehte sich herum und warf die Tür krachend zu. Dann kam ihr ein Gedanke, sie rannte zum Zimmertelefon und ließ sich mit Zimmer 14 verbinden. Aber dort meldete sich niemand. Das machte sie unruhig. Nervös lief sie im Zimmer hin und her, und jedesmal, wenn sie an dem großen Spiegel vorbeikam, sah sie sich und ihre ausladenden Fetthüften.
»Schrecklich«, sagte sie und trat auf den Balkon hinaus, »was man alles aushalten muß.«
Unten durch den Park ging Adam Czschisczinski. Er hatte einen Eimer in der Hand und sammelte Papierabfälle aus dem Gras. Die Baronin beugte sich über das Geländer und winkte.
»Huhu!« rief sie.
›Dicki‹ sah hinauf und grüßte stramm. Rechte Hand an der weißen Mütze. Elegant wie ein Seeoffizier.
»Wie geht es Ihnen?« rief die Baronin hinab.
»Gut. Welch ein Wetterchen, was?«
»Ja! Man wird richtig jung und abenteuerlich!« Die Baronin reckte sich. Der Bikini ächzte in den Nähten. ›Dicki‹ wackelte mit der Nase und beeilte sich, wegzukommen.
»Man ist kein Klotz«, sagte er später. Er stand hinter einem Busch, gut gedeckt, und starrte hinauf auf den Balkon, wo die Baronin im Liegestuhl lag. Das Oberteil des Bikini hatte sie abgenommen. »Und ein alter Mann bin ich auch noch nicht. Frau Baronin, auch ein Stallknecht hat Gefühle –«
›Dicki‹ war ein stiller Genießer. Man wußte es nur nicht. Schon eine Woche nach seinem Eintritt in die Schönheitsfarm vor drei Jahren hatte er einen Platz entdeckt, den andere ihm für Gold abgekauft hätten: Er konnte in den mit einem hohen Zaun abgeteilten, völlig isoliert liegenden Teil des Parkes blicken, den man ›Sonnenbad‹ nannte. Hier lagen die Frauen völlig nackt in der Sonne oder spielten Federball, unbefangen wie Kinder, denn sie wußten ja: Hier sieht uns keiner.
›Dicki‹ nannte diesen Teil des Gartens ›Das Paradies‹. Wie ein Löwe, der Fleisch wittert und nicht heran kann, strich er durch das Gelände, bis er den Platz entdeckte, von dem aus man ins ›Paradies‹ blicken konnte. Es war ein Heustadel mit einem flachen Dach. Wenn man innen die Balken hochkletterte und sich, was fast lebensgefährlich war, über den oberen Balken vorschob bis zum Dachansatz, konnte man zwischen der Ritze von Balken und Dach hinuntersehen auf den saftigen Rasen, auf dem sich noch saftigere weiße Körper tummelten.
Hier klebte ›Dicki‹ fast an jedem Sonntag wie eine Fledermaus am Balken, die Sonne brannte auf das Dach, der Schweiß lief ihm in Strömen über den Körper, das Atmen wurde schwer in der trockenen, heißen, vom Heuduft geschwängerten Luft … aber er hielt aus und leckte sich die trockenen Lippen, wenn genau unter ihm die Frauen beim Federballspiel herumhüpften und bewiesen, daß ein Frauenkörper immer und überall in Schwingung ist.
Auch heute bezog er seinen Balken zum Blick ins ›Paradies‹. Eine Gruppe war am Schwimmbecken bei der Gymnastik, die zweite Gruppe machte Sonnenbad und sollte hinterher massiert werden, die dritte Gruppe, neun Frauen, lagen in den Kellerzimmern auf den Spezialliegen und wurden mit Kräuterbrei beschmiert oder erhielten eine Ozon-Porenbehandlung.
Dr. Lorentzen hatte sich den Nachmittag frei genommen. Nach vier Operationen und dem elektrisch geladenen Mittagessen mit Marianne und Ilse, das immer knisternder wurde, hatte er Sehnsucht nach einigen Stunden Sonne, Waldluft, blauem Himmel und Ruhe. Er hatte noch einmal nach Joan Bridge und der Lehrerin Erna Mittelhardt gesehen und sie getröstet, weil sie sich einbildeten, daß sie nach der Operation schlimmer aussahen als vorher. »Die Natur arbeitet jetzt für den Chirurgen«, sagte er beruhigend. »Er hat die neue Straße angegeben, und nun muß der Körper darin einbiegen. Der Laie nennt es ganz einfach: Es heilt. Sie werden sehen: In wenigen Tagen sind Sie so, wie Sie es sich immer wünschten.«
Dann hatte er noch mit dem dicken Mann gesprochen und den Operationstermin für morgen ausgemacht.
Nun bummelte er durch den Garten, ging den Hang hinunter, schloß
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