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Treibhaus der Träume

Treibhaus der Träume

Titel: Treibhaus der Träume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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das Tor auf, das Klinik von Schönheitsfarm trennte, und spazierte weiter durch die gepflegten Blumenanlagen, über die sauber geharkten Wege und frisch geschnittenen, duftenden Wiesen. Rasensprenger drehten sich zischend. In den niederfallenden Tropfen schillerte die Sonne in herrlichen Farben.
    Marianne war unten im Keller, das wußte er. Um diese Zeit kontrollierte sie die Kosmetikpflege in den kleinen, geblümten Zimmern. »Das Zauberkabinett«, sagte einmal eine Filmschauspielerin schwärmerisch. »Man kommt als zerrupftes Vögelchen hinein und kommt heraus als weißer, stolzer Schwan.«
    Ilse Patz turnte mit der Gruppe 1 auf der Badewiese. Dr. Lorentzen blieb stehen und sah den nach Schönheit und neuer Jugendkraft strebenden Frauen zu. Sie waren alle zwischen Dreißig und Fünfzig, gepflegt, vom Leben verwöhnt, noch elegant in den Bikinis und Badeanzügen, trotz aller Losgelöstheit vom Alltag von einer nicht mehr abzuschüttelnden inneren Geziertheit. Nach drei Tagen gemeinsamen Hungerns, Teetrinkens und Rohkostessens fühlten sie sich als Schwestern, und doch gab es haarfeine Unterschiede, stille Gruppierungen, Freundschaften und Absonderungen.
    Männer sind da anders. Bis auf Außenseiter, die es überall gibt, bilden sie in der Gemeinschaft eine Gruppe auf Biegen und Brechen.
    Frauen katalogisieren, sieben aus und sondern ab. Der Begriff Freundschaft ist labil; ja, es soll Frauen geben, die behaupten, daß es überhaupt keine Freundinnen gibt, sondern nur bewußt zärtliche Spitzel. Wenn ein Mann von einem anderen sagt: »Ein toller Bursche! An jedem Finger hat er eine …«, dann klingt das bei einer Frau so: »Die alte Schnepfe! Die Männer, die sie hat, müssen blind oder pervers sein …«
    Dr. Lorentzen lächelte über seine Gedanken und sah weiter den hüpfenden Frauen zu. Frau Direktor Pfannenmacher, ein Gummiball aus weißem Fleisch, sprang mit ihren Beinen hoch in die Luft und klatschte mit den Händen über ihrem Kopf. Klatsch-patsch … klatsch-patsch … klatsch-patsch … und dazu der helle Klang des Tamburins, das Ilse Patz schlug. Mit ihren langen, braunen Beinen und dem schlanken Körper, auf dem die voller gewordenen Brüste wie zwei gedrechselte Halbkugeln saßen, war sie in ihrem einteiligen, flammend roten Badeanzug ein Idol von Schönheit und Kraft, dem es nachzueifern galt. Das schienen auch die Damen zu denken, denn sie hüpften und beugten den Rumpf und strampelten mit Händen und Beinen bis zur sichtlichen Erschöpfung.
    Auf einer der weißen Bänke zwischen den Blütenbüschen, unter einem orangefarbenen Sonnensegel, saß allein eine junge Frau in einem einfachen, geblümten Kleidchen und sah in die Gegend. Dr. Lorentzen fiel ihr bleiches, vergrämtes Gesicht auf. Ihre ganze Haltung atmete Traurigkeit, Verlassensein, Ausgestoßenwerden. Während alle Gäste der Schönheitsfarm an diesem herrlichen Sonnennachmittag beschäftigt waren, im Kosmetikkeller, im Sonnenbad, mit der Gymnastik, saß sie einsam auf der Bank, die Hände im Schoß gefaltet, den Kopf etwas gesenkt. Lorentzen erinnerte sich, sie schon ein paarmal gesehen zu haben. Ihr fahlblondes Haar war ihm aufgefallen. Es hatte die Farbe eines Falken, ins Hellgraue hineinspielend. Eine seltene Haarfarbe, die anziehend wirken konnte, wenn darunter ein keckes oder unnahbar schönes Gesicht war. Hier aber hatte die Natur ein Madonnengesicht gestaltet. Auf einem Gemälde faszinierte es, in der kalten Wirklichkeit wirkte es traurig und langweilig.
    Langsam trat Dr. Lorentzen näher. Die junge Frau schrak zusammen, als sie seine knirschenden Schritte auf dem Kies hörte, drehte sich herum und wollte von der Bank aufstehen. Lorentzen hob bittend die Hand.
    »Bitte, bleiben Sie. Ich wollte Sie nicht vertreiben. Ich gehe nur spazieren. Dr. Lorentzen«, stellte er sich vor.
    »Ich weiß. Man erzählt Wunderdinge von Ihnen.« Die junge Frau lächelte leicht. Ihr vergrämtes Gesicht bekam Sonne. Es sah plötzlich um Jahre jünger aus. Lorentzen kam näher und setzte sich neben sie. Nun sah er auch, warum sie auf der Schönheitsfarm war. Ihr Gesicht, der Hals und ein Teil der Oberarme waren über und über mit kleinen Pusteln besät. Wie gesprenkelt sah sie aus, wie masernkrank. Und aus diesem verunzierten Gesicht blickten ihn große, traurige, hellblaue Augen an.
    »Schon?« Dr. Lorentzen lachte. »Wenn man bereits nach ein paar Tagen solche Märchen verbreitet, muß man Angst haben. Nichts ist vergänglicher als Überschwang.«
    »Sie

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