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Treibhaus der Träume

Treibhaus der Träume

Titel: Treibhaus der Träume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Karteikarte aus dem Kasten und machte mit Rotstift einen dicken Strich durch. »Das Zimmer bitte ich bis morgen mittag um 12 Uhr zu räumen.«
    Mit verbissenen Gesichtern verließen die Damen das Büro. Draußen im Garten verzog Frau Maiselhans ironisch den Mund.
    »Feiglinge!« sagte sie bitter. »Sie haben herumgestanden wie geprügelte höhere Töchter. Von Ihnen kam doch der Aufstand. Mich stört diese Stellmacher nicht. Mein Mann geht sowieso seit Jahren fremd.«
    Sie warf den Kopf in den Nacken und ging stolz davon.

Schon an diesem Abend begann der Kleinkrieg der Frauen gegen eine, die das gewerbsmäßig tut, was die anderen heimlich taten oder gern tun würden, wenn sie es könnten.
    Aus dem Fenster Marion Stellmachers hing plötzlich ein Zweig mit ihren knappen, spitzenbesetzten Slips. Schöne Farben waren darunter, vom leuchtenden Orange bis zum tiefsten Schwarz. Sogar ein Schlüpferchen im Goldton. Adam Czschisczinski blieb sinnend stehen und betrachtete diesen außergewöhnlichen Astschmuck. So ein Körperchen müßte die Baronin haben, dachte er wehmütig. Aber so ist es immer im Leben: Die Kleinen müssen sich bescheiden mit Bier und Hering. Champagner gibt's nur im Fernsehen.
    Wortlos zog Marion Stellmacher den Ast ein, als sie von der Kosmetik zurück ins Zimmer kam. Sie fragte nicht, sie beschwerte sich nicht. Aber sie wußte, daß ein mitleidsloser Kampf begonnen hatte. Ein Kampf auf Biegen und Brechen.
    Ein Krieg der Frauen zerstört die Welt, sagten die alten Chinesen.
    Sie machten es sich deshalb auch einfach mit aufsässigen Weibern: Sie ertränkten sie im nächsten Fluß.
    In der Nacht legte jemand ein Paar Schuhe an den Zaun, der die Schönheitsfarm von der Klinik trennte. Ein Schuh diesseits des Zaunes, ein Schuh jenseits, so, als sei jemand in aller Hast darübergeklettert. ›Dicki‹, der Aufmerksame, brachte die Schuhe am Morgen zu Marianne und Ilse.
    Wenig später nahm Marion Stellmacher die Schuhe in Empfang. Sie war weder erschrocken, noch traurig, noch erregt. »Ja, es sind meine Schuhe. Ich habe sie gestern abend vermißt und daraufgewartet, wo sie auftauchen.«
    »Es geht los.« Ilse Patz blinzelte Marion zu. »Frauen können Bestien sein!«
    »Ich habe keine Angst.« Marion Stellmacher lächelte traurig. »Man hat Ihnen gesagt, was ich bin?«
    »Das geht mich nichts an.« Marianne schlug auf den Tisch. »Es gibt hier einige Frauen, von denen ich anderes erzählen könnte. Sie sind zu mir gekommen, um sich zu erholen … und Sie bleiben, Fräulein Stellmacher. Nicht, daß ich Ihren – Beruf billige. Aber ich lasse mich nicht zwingen. Ich lasse mich zu nichts zwingen. Da bin ich ein verdammter Dickkopf.«
    »Danke.« Marion Stellmacher, die Dirne aus München, sah Marianne Steegert dankbar an. Ihre Augen glänzten, aber es waren Tränen, die sie zurückhielt. »Einmal wollte ich Ruhe haben«, sagte sie leise. »Einmal Mensch sein. Sie glauben nicht, wie sehr einen dieses Leben anekelt. Zurück zur Moral? Das kann ich auch nicht mehr. Wer einmal im Sumpf gelegen hat, stinkt immer …«
    Sie nahm ihre Schuhe und ging hinaus.
    An der Tür ihres Zimmers fand sie einen Zettel kleben. Beschrieben mit einem grellroten Lippenstift.
    »Eintritt gegen Voranmeldung. Stunde 30, – DM.«
    Sie riß den mit Nagellack festgeklebten Zettel ab und ging in ihr Zimmer. Erst dort verließ sie die Haltung; sie warf sich aufs Bett und weinte.
    Der Patient auf Zimmer 22 ließ sich nie sehen. An seiner Tür stand groß ›Eintritt verboten!‹, nur Schwester Hildegard durfte hinein. Sie brachte Frühstück, Mittagessen und Abendessen, Getränke und Zigarren. Stück eine Mark, stellte Dicki fest.
    »Wer ist das?« fragte Adam Czschisczinski und klopfte Schwester Hildegard auf das Hinterteil. »Mein Gott, mir, dem guten Dicki, können Sie's doch sagen? Ich schweige wie eine Forelle.«
    »Befehl vom Chef: Kein Kommentar.« Schwester Hildegard schob Adams Hände von ihren Hüften. »Und wenn Sie vor Neugier platzen.«
    Adam platzte nicht, aber er versuchte allerlei, um hinter das Geheimnis von Zimmer 22 zu kommen.
    Zunächst rief er über Haustelefon an und stellte sich als Hausmeister vor, der alles, aber auch alles besorgen könne. Zum Beispiel einen Feldstecher zur Beobachtung der turnenden Damen.
    Eine hochmütige Männerstimme antwortete kurz: »Danke!«
    Ein harter Knochen, dachte Dicki. »Aber ich kriege dich!« Er schlug auf den Tisch. »Kreuzdonnerwetter!«
    Doch der Weg zu Zimmer 22 führte an

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