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Treibhaus der Träume

Treibhaus der Träume

Titel: Treibhaus der Träume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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zum Schreibtisch zurück. Über sein Gesicht mit den Pflasterflecken zuckte es. »Einen alten Freund und Studienkameraden willst du anzeigen? Weißt du nicht mehr, was wir uns einmal geschworen haben? Ewige Treue, ewige Freundschaft! Und wenn einer in Not gerät, soll der andere immer für ihn da sein. Mit Schnaps und mit Blut haben wir das besiegelt, erinnerst du dich nicht?«
    »Wie könnte ich das vergessen haben, Hans! Damals träumten wir von einer besseren Welt. Von einem Paradies, das es niemals geben wird.«
    »Aber Freundschaft ist Realität. Ich vertraue auf deinen Schwur. Sobald du mich operiert hast, verschwinde ich für immer aus deinem Leben. Das verspreche ich!«
    Dr. Lorentzen erhob sich. In ihm tobte ein wilder Kampf. Die Vernunft sagte ihm, daß es richtig sei, auf alle Knöpfe am Schreibtisch zu drücken, Alarm zu geben und Hans Bornemann der Polizei übergeben zu lassen. Sein Herz jedoch hatte Mitleid mit dem Freund. Es war sicher, daß er in einem Anfall von Torschlußpsychose gehandelt hatte, daß seine Lebensangst ihn völlig kopflos machte. Vielleicht gab es einen anderen Weg, ihn zu retten. Nicht durch Zureden, nicht durch Gewalt … einfach durch Warten. Die Zeit arbeitete in solchen Fällen.
    »Wenn ich dich operiere, mache ich mich schuldig, das weißt du«, sagte Lorentzen und legte Bornemann den Arm um die Schulter. Er sprach zu ihm wie zu einem Freund, der Trost bedurfte. »Ich mache auch mein Leben kaputt.«
    »Es wird nie herauskommen.«
    »Es kommt heraus, verlaß dich drauf.«
    »Du bist also zu feig dazu?«
    »Ich habe die Verantwortung der Klinik und meinen Patienten gegenüber.«
    »Aha! Das Ethos des Arztes.«
    »Genau!«
    »Ich pfeife darauf! Ich will zwei Millionen verjubeln! Ich will meine Mädchen mit dem nackten Po auf Geldscheine betten. Ich will die Größe ihrer Brüste mit Tausendmarkscheinen messen. Lutz!« Bornemann schüttelte den Arm des Arztes ab. Seine Augen glühten. »Entweder du hilfst mir – oder es ist aus mit uns beiden, und ich mache dich fertig. Dann kannst du dir deine Medizin an den Hut stecken!«
    Unheimlich still war es im Raum. Lorentzen sah an den Augen Bornemanns, daß dies keine leere Drohung war.
    »Komm mit«, sagte er mit belegter Stimme. »Ich mache dir ein neues, vernünftiges Pflaster übers Gesicht und zeig dir dein Zimmer. Dort bleibst du und läßt niemanden hinein.«
    »Und wann operierst du?«
    »Sobald es möglich ist.«
    »Das ist es jederzeit.«
    »Nein. Ich muß es allein tun. Ich kann doch keine Assistenten und Schwestern dabei haben. Sie haben bestimmt die Zeitung gelesen …«
    »Das stimmt.« Bornemann senkte den Kopf. »Ich weiß, ich bin in deiner Hand, Lutz. Du kannst die Polizei rufen. Ich werde verurteilt. Vielleicht fünf Jahre Zuchthaus. Aber dann komme ich heraus und bringe dich um!«
    »Du redest einen verdammten Blödsinn, Hans.«
    »Ich wollte nur sagen, wie gleichgültig mir das alles ist, wenn schon alles schiefgeht. Diese zwei Millionen sind mein letzter Anlauf zum Leben. Ist's ein Fehlstart, kommt nur noch Chaos. Verstehst du das, Lutz?«
    »Ja, ich verstehe es, Hans.«
    Lorentzen schob Bornemann ins Untersuchungszimmer und klebte ein großes Heftpflaster quer über die Nase. Es entstellte das Gesicht völlig. Mit Bornemann weiter zu reden, sah er als sinnlos an. Zeit gewinnen, das war alles. Er wußte, daß er sich bereits jetzt strafbar machte, weil er Bornemann nicht sofort der Polizei übergab. Aber da war neben der Staatsbürgerpflicht noch das Gefühl, die Dankbarkeit.
    Die Erinnerung an eine schöne Jugendzeit.
    »Das ist dein Zimmer«, sagte Dr. Lorentzen.
    Bornemann sah sich um. Es war ein kleines Zimmer auf der obersten Etage, ein Notzimmer, das eingerichtet war für den Fall, daß die Klinik einmal überfüllt sein würde und man schnell noch ein Bett brauchte. Es hatte keine Nummer, sondern trug an der Tür die Bezeichnung: Vorratskammer.
    »Du hast Sinn für Humor, Lutz«, sagte er sarkastisch. »Genau die Größe einer Zelle. Aber immerhin, es hat kein vergittertes Fenster.« Er trat an die Scheibe und sah hinaus. »Der Ausblick ist wunderbar. Ein Panorama bis hinunter nach St. Hubert. Und zur anderen Seite die Wiese mit den sonnenden und turnenden Gänsen. Behandelst du die auch, Lutz?«
    »Nein. Nur in wirklich ärztlichen Notfällen. Die Schönheitsfarm ist ein völlig selbständiger Betrieb.«
    Bornemann trat zurück und setzte sich auf das Bett. Sein Gesicht entspannte sich. »Schließt du mich

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