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Treibhaus der Träume

Treibhaus der Träume

Titel: Treibhaus der Träume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Nitze. Der ›Club‹ war wieder zusammengekommen und trank Whisky und Likör in Frau Hauts Zimmer. »Wollen wir wetten: Wer bekommt ihn? Marianne oder Ilse?«
    »Das ist langweilig.« Frau Haut sah in die Runde der gespannten Damen. »Wetten wir lieber: Wer von uns bekommt ihn?«
    »Von uns?« Die Damen kicherten und bekamen blanke Augen.
    »Wie stellen Sie sich das vor?« fragte Marion Stellmacher.
    »Das müssen ausgerechnet Sie fragen?« Frau Haut lehnte sich zurück. »Eine von uns wird krank. Man wird den Doktor rufen … na, und dann beginnt eben die Wette: Gelingt es oder nicht? Eine Kiste Sekt ist der Einsatz!«
    »Eine tolle Idee!« Frau Nitze klatschte in die Hände. »Wer wird von uns krank?«
    »Das losen wir jetzt aus.«
    Atemlose Spannung herrschte unter den zwölf Frauen, als Frau Haut zwölf Papierröllchen in ihren Sonnenhut schüttete und ihn herumreichte. Nur auf einem Zettel war das Wort KRANK geschrieben. Jede der Frauen nahm ein Röllchen heraus und wickelte es auf. Eine Frau Klara Domplatz aus Xanten war die Gewinnerin. Von ihr wußte man sehr wenig. Ihr Mann stellte Keramikwaren her. Böse Zungen behaupteten: Gartenzwerge. Sie war zweiunddreißig Jahre alt, hatte zwei Kinder und war auf der Farm, weil ihre Haut erschlaffte, vor allem am Hals.
    Sie wurde rot, als sie das Wort KRANK auf ihrem Zettel las und begann heftiger zu atmen. »Ich!« rief sie. »Mein Gott, welche Krankheit habe ich denn?«
    »Bronchitis! Ja, das ist immer am besten. Bronchitis. Da muß man sich den Oberkörper freimachen, denn er muß ja die Lunge und die Bronchien abhorchen.« Frau Nitze lächelte wissend. »Das war immer ein Clou, so eine Bronchitis. Damit habe ich schon drei junge Ärzte verrückt gemacht. Wenn sie das Stethoskop an die Brust setzten, seufzte ich immer … und wenn sie die Brust etwas hochhoben, um ans Herz zu kommen, begann ich zu zittern und legte den Kopf auf ihre Schultern. Das hat immer hingehauen. Sie müssen es genauso machen, meine Liebe.«
    Frau Klara Domplatz nickte. Sie dachte an ihren Gartenzwergfabrikanten in Xanten. Fünfzig Jahre, Millionär, ein amerikanischer Straßenkreuzer, dicke Zigarre im Mund, nach Whisky duftend, vom Fußball sprechend und von der behämmerten Politik in Bonn, und abends im Bett ein müder Haufen Fleisch, träger als seine bunten Gartenzwerge, die wenigstens noch einen erfreulichen Anblick boten.
    »So mache ich es!« Klara Domplatz aus Xanten hob ihr Glas mit Kirschlikör. »Auf meine Bronchitis!«
    Die Damen prosteten ihr zu.
    »Und wie kann sie beweisen, daß es ihr wirklich gelungen ist?« fragte Frau Haut. Sie war verärgert, daß sie eine Niete gezogen hatte.
    »Ganz einfach.« Frau Nitze zupfte an ihrem Ohrläppchen. »Unsere Klara wird ihn ins Öhrchen beißen. Dann muß er für alle sichtbar ein Pflaster tragen.«
    »Sie sind ein Aas!« sagte Marion Stellmacher ehrlich.
    »Daß gerade Sie das sagen, ehrt mich«, war die spitze Antwort.
    Nach drei Stunden ging man auf die Zimmer, beschwipst und voller Erwartungen. Klara Domplatz aus Xanten betrachtete sich im Spiegel und drehte ihren Oberkörper hin und her. Dann seufzte sie tief. In einer Illustrierten hatte sie einmal eine Statistik gelesen. Siebenundsiebzig Prozent aller Frauen sind in der Ehe unbefriedigt.
    Wie wahr das war.
    Wer kann ewig mit Gartenzwergen leben …
    Es war ein trüber Vormittag – der Herbst kündigte sich mit Wind, Regenschauern und Frühnebeln an –, als die Sekretärin einen neuen Patienten meldete. Er hatte nicht vorher geschrieben, er war nicht angemeldet … er war mit einem kleinen Wagen den Berg heraufgekommen und hatte im Wartezimmer I geduldig bisher drei Stunden gesessen.
    »Es muß ein akuter Fall sein, Herr Doktor«, sagte die Sekretärin. Sie sah Dr. Lorentzen erstaunt und fragend an. Der Chef war bleich an diesem Morgen. Um Jahre älter sah er aus. Selbst die grauen Haare schienen weißer geworden zu sein.
    »Akut? Wieso?« fragte Lorentzen knapp.
    »Er hat vier große Pflaster auf dem Gesicht.«
    »Aha! Bei einem Kollegen unzufrieden und ausgerissen, und ich soll ihn weiterbehandeln! Nein! Abweisen!«
    »Er sagt, er müsse zu Ihnen. Es gäbe keinen anderen Arzt als Sie.«
    »Blödsinn!«
    »Das sagen fast alle, die zu uns kommen.«
    Dr. Lorentzen wischte sich müde über die Augen und nickte. »Also dann – lassen Sie ihn eintreten.«
    Er sah dem wippenden Rock der Sekretärin nach und fühlte ein merkwürdiges Brennen in den Augen. Wozu das alles noch, dachte

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