Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Treibland

Treibland

Titel: Treibland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Till Raether
Vom Netzwerk:
Ihrer Reederei der Zutritt an Bord gestattet worden. Die Reederei, deren Angestellter Ihr Kapitän ist. Der im Übrigen sehr gut mit mir persönlich reden kann, ich bin ja hier und habe … Zeit.» Die letzten Worte fielen ihm schwer und schwerer, weil die Männer, die links und rechts von ihm auf seinem Bett saßen, ihn quetschten, bis seine Stimme sich veränderte und er immer weniger Luft zum Sprechen hatte. Er spürte, dass seine Kabine sich mit einer Mischung herber Rasierwasser zu füllen begann. Die Funkgeräte, die die Männer an ihren Gürteln trugen wie Colts, drückten in seine knochigen Hüften.
    «Der Kapitän redet mit Ihnen. Gerade jetzt eben. Sie müssen nur zuhören. Und tun, was er Ihnen sagt. Persönlich wird er nicht mit Ihnen sprechen. Er ist beschäftigt. Und Sie sind für ihn unerheblich.»
    Danowski starrte vor sich hin. Zum ersten Mal kam ihm der Gedanke, wie leicht es wäre, ihn hier auf diesem Schiff verschwinden zu lassen. Es gab Tausende von Unfällen, die einem hier widerfahren konnten, wenn man unerfahren war und unerwünscht. Schwere Gegenstände, die einem auf den Kopf fallen konnten. Steile Treppen, die er schon kannte. Da waren die Maschinen, deren Kolben vermutlich größer waren als er. Dazwischen schmale Gangways und Kriechwege, Balustraden und notdürftig mit Metallbügeln gesicherte Leitern. Die Doppelkabinen von italienischen Animateurinnen, wo man mit einer Überdosis Betäubungsmittel, ohne Hosen, in seinem Erbrochenen nicht wieder aufwachen konnte. Allerhand Orte an Bord, die er nicht betreten durfte, und an denen man ihn finden könnte, und immer wäre er selber schuld, weil niemand würde beweisen können, dass es anders gewesen war: der Polizist, der sich über Verbotsschilder und Warnungen hinweggesetzt und eigenmächtig an Bord ermittelt hatte. Und dabei auf ebenso tragische wie sinnlose Weise gestorben war; eine weitere Kaltausschiffung. Dokumente, die von jemandem aus Panama unterzeichnet werden würden. Niemand könnte jemals etwas anderes beweisen, die Wahrheit oder Varianten davon. Und es würde höchstens Jahre dauern, keine Jahrzehnte, bis auch Leslie nicht mehr daran zweifeln würde und die Kinder jemand anders «Papa» nannten.
    Er war überrascht, als der Rotäugige ihm ins Gesicht fasste. Zielgerichtet und planvoll griff er Danowski an den Unterkiefer, bis dieser in seine Richtung gucken musste. Danowski schlug die Augen nieder, bis er nur noch die Knie des anderen sah.
    «Haben Sie mich verstanden?»
    «Oder was?», sagte Danowski. Gegen den Widerstand des anderen machte er eine Kinnbewegung, mit der er auf das Funkgerät wies. «Oder Sie rufen Ihre Mutter an und sagen, wie gemein ich zu Ihnen war?» Langsam reichte ihm das alles hier.
    Der Rotäugige drückte fester zu, und Danowski dachte erst: Lange her, dass mir jemand mit Absicht Schmerzen zugefügt hat. Dann: Ach nein, das war ja gerade erst morgens auf der Treppe.
    Der andere kam seinem Gesicht immer näher, und Danowski wich zurück, bis er merkte, dass dies genau das war, was der andere hatte erreichen wollen.
    «Oder», sagte der Rotäugige, «es gibt Schmerzen. Für Sie. Und andere.»
    Während Danowski sich schon nicht mehr wehren konnte, weil der Winkel immer steiler wurde, bog der Rotäugige ihn weiter und weiter zurück, bis Danowski mit dem Kopf gegen die Wand drückte. Zu seiner Erleichterung stellte er fest, dass die Männer rechts und links ein wenig von ihm abrückten, sodass der Rotäugige ihn zwar zwang, auf der Schmalseite des Bettes zu liegen, aber wenigstens wurde er nicht mehr seitlich eingequetscht. Bis er merkte, wie seine beiden Nebensitzer anfingen, sich an seinen Knien zu schaffen zu machen: Einer nahm das eine, der andere das andere, und dann zwangen sie seine Beine auseinander. Danowski fing an zu kämpfen, aber als er sich wand und versuchte, seine Beine zu kontrollieren, trat einer der beiden, die die Tür sicherten, zu denen, die auf dem Bett mit ihm beschäftigt waren, und setzte unzeremoniell einen Fuß in einem schweren schwarzen Arbeitsstiefel auf seine Brust, bis Danowski nicht mehr atmen konnte. Jetzt kamen sie auch mit seinen Knien besser zurecht. Niemand sagte ein Wort.
    Später fragte sich Danowski, ob er eigentlich versucht hatte zu schreien und nicht genug Luft dafür gehabt hatte, oder ob er nicht einmal auf die Idee gekommen war.
    Der Rotäugige beugte sich weiterhin über ihn und hielt sein Kinn umklammert, und sobald die anderen Danowskis Beine

Weitere Kostenlose Bücher