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Treibland

Treibland

Titel: Treibland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Till Raether
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einen Abschlussbericht, und den Rest überlassen wir den Kollegen aus Panama oder von wo auch immer. Irgendwas, was Ihnen zur Witwe einfällt?»
    «Fickbar», wisperte Finzi, um ihn zu ärgern.
    Danowski merkte, dass er keine Schwierigkeiten hatte, die leicht morbide Atmosphäre im Hause Lorsch nachzuschmecken, aber auch keine Möglichkeit, sie in Worte zu fassen.
    «Nein», sagte er. «Künstlerin. Etwas verhaltene Trauerreaktion, aber …»
    «Wir haben sicherheitshalber schon mal bei der Staatsanwaltschaft vorgefragt wegen Bankdaten und so», unterbrach ihn Kienbaum.
    «Vorgefragt?», fragte Finzi. «Was ist das denn?»
    «Lebensversicherung, Schulden und so weiter», ignorierte ihn Kienbaum. «Sobald wir Fremdverschulden haben, kriegen wir die Informationen, um uns mal ’ne Motivlage anzuschauen und so.»
    «Streber», sagte Finzi leise beim Einatmen.
    «Lassen Sie mal die Staatsanwaltschaft in Ruhe, Kienbaum», sagte die Chefin. «Im Moment gehen wir davon aus, dass hier einfach jemand sehr krank geworden ist.»
    Im Raum breitete sich die leichte Unruhe aus, die immer entstand, wenn jeder wusste, dass einerseits alles gesagt war, man aber andererseits auch genauso noch ewig weiterreden konnte.
    «Noch was hinzuzufügen?», fragte die Chefin, aber schon in abschließendem Ton.
    «Reden wir auch noch über richtige Ermittlungen?», fragte Hauptkommissarin Jurkschat.
    «Eine Frage habe ich noch», sagte Behling ins zustimmende Gemurmel und streifte Danowski und Finzi mit einem Blick. «Warum war die Frau des Toten nicht mit an Bord? Ich meine, so eine Kreuzfahrt, das ist doch was, das man typischerweise zu zweit macht. Wenn ich allein wegfahren will, mache ich doch keine Nordseekreuzfahrt durch die Britischen Inseln mit Hunderten von anderen Paaren und Familien an Bord.»
    Fahr doch alleine weg, dachte Danowski. Fahr doch um Gottes willen bitte alleine weg. Stell dich mit deinem dusseligen Polohemd und deinem bekloppten virtuellen Feinstrickpulli an irgendeine Reling und erklär dem Meer die Welt. Er räusperte sich, aber ihm fiel nichts ein. Scheiße, dachte er.
    «Die beiden hatten die Kabine zusammen gebucht, in der der Tote gefunden wurde», sagte Finzi neben ihm und blätterte in einem alten Notizbuch, als fände er dort seine Informationen. Jeder wusste, dass er nur so tat, als hätte er was notiert. «Aber ihr ist etwa eine Woche vor Abreise was dazwischengekommen. Sie hätten die Reise nicht mehr stornieren können. Carsten Lorsch hatte bereits zwei oder drei geschäftliche Verabredungen in Edinburgh und Newcastle getroffen, mit Whisky-Destillerien und Exporteuren. Darum hat er die Reise allein gemacht.»
    «Und was ist ihr dazwischengekommen?», fragte Behling.
    Danowski merkte, dass Finzi nichts mehr in der Hinterhand hatte. Wahrscheinlich war ihm das Bild vom toten Carsten Lorsch dazwischengekommen, bevor er dessen Frau weiter hatte befragen können.
    «Ganz im Ernst, Herr Behling», sagte die Chefin und ordnete Papier auf dem kleinen Pult, «ich interessiere mich nicht für die Details eines Falls, der bisher keiner ist und hoffentlich auch nicht wird. Jetzt erst mal vielen Dank.»
    Während die Kollegen den Raum verließen, machte die Chefin Danowski und Finzi ein Zeichen zu warten. Sie lehnten an der Wand wie auf dem Schulhof.
    «Sie sind für den Krisenstab eingeteilt, Danowski.» Sie reichte ihm ein paar Zettel, die ihm zu Boden flatterten.
    «Sie stehen auf Abruf bereit. Es wurde eine Task Force aus Gesundheitssenat, Tropeninstitut, Schutzpolizei, Reederei und Port Authority gebildet. Das erste Treffen ist morgen früh im Krisenzentrum im Rathaus Altona. Sie sind da so lange Ansprechpartner, bis wir uns zurückziehen können. Und wenn es kriminalpolizeiliche Ermittlungen gibt, dann führen Sie beide die zusammen.»
    «Cool», sagte Finzi und bückte sich nach einem Blatt, das Danowski übersehen hatte. Es war die Teilnehmerliste der Task Force, mit Handynummern. Danowski registrierte, wie ein Schatten von Abneigung über Finzis Gesicht lief, während er auf die Liste sah.
    «Wilken Peters», sagte er. «Vom Gesundheitssenat. Den kenne ich noch aus meiner Zeit bei der Sitte. Der hat uns mal richtig ’ne Sache versaut.»
    Danowski merkte, dass er auf eine von Finzis alten Geschichten aus der wilden Zeit bei der Sitte überhaupt keine Lust hatte. Meistens endeten diese Geschichten damit, dass jemand in seinem Erbrochenen unter dem Schreibtisch aufwachte, eine Geschlechtskrankheit bekam oder

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