Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Treibland

Treibland

Titel: Treibland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Till Raether
Vom Netzwerk:
von seinem Publikum. «Hat irgendwas mit der Arbeit meiner Mutter zu tun.»
    «Mit dem Café?»
    «Nee, das hat meine Mutter erst seit zwei oder drei Jahren.» Das klang vage, und Danowski erinnerte sich, wie anders er in dem Alter gewesen war: ein Datenfetischist, ein sorgfältiger Archäologe seiner damals noch überschaubaren Vergangenheit.
    «Und wo hat deine Mutter vorher gearbeitet?»
    «Ganz verschieden.»
    «Ist deine Mutter Kellnerin oder Köchin?»
    «Nee.»
    «Sondern?»
    «Laborantin.» Gelangweilt, sichtlich überrascht und vom Energiehaushalt her nicht darauf eingestellt, wie überraschend viele Silben dieses Wort hatte.
    «Und wo hat sie zuletzt gearbeitet?»
    «Bei ’ner Pharmafirma in Altona. Die ist aber schon lange abgerissen worden oder umgezogen oder so. Danach hat meine Mutter ein paar Jahre gejobbt, um für das Café zu sparen. Also, um überhaupt einen Kredit zu kriegen.» Vage, wieder.
    «Und wie hieß diese Pharmafirma?»
    «Wie gesagt, die ist irgendwie weg.» Danowski seufzte. Es war einfacher, das selber rauszufinden.
    «Darf ich den mitnehmen?» Er hielt den Magneten von der Stiftung in Luis’ Richtung.
    Jetzt schüttelte Finzi den Kopf, als hätte er dazu irgendwas zu sagen, und Luis runzelte die Stirn. «Nee», sagte er und aß weiter. Danowski ließ den Magneten zurück an den Kühlschrank klacken und war über Gebühr enttäuscht und verlegen. Als der Junge den Blick wieder auf seine Suppe gesenkt hatte, löste er den Magneten lautlos und steckte ihn in die Seitentasche seiner Anzugtasche.
    «Wie war’s in der Schule?», fragte Finzi.
    «Gut», ohne aufzublicken.
    «Hast du was auf?»
    «Äh …»
    «Ich mach nur Spaß.»
    Luis rollte mit den Augen.
    «Schreibst du mir mal bitte die Telefonnummer von deiner Mutter auf?», sagte Danowski, nicht besonders zuversichtlich.
    Aber Luis zögerte nicht. Er nahm Danowskis Notizbuch und schrieb eng und sorgfältig hinein. «Sagen Sie ihr einen schönen Gruß.» Der Sarkasmus war nur noch ansatzweise zu hören. Dann, im Satz leiser werdend, weil von sich selber peinlich berührt: «Ich hoffe, sie ist an meinem Geburtstag wieder da. Nächsten Freitag.»
    Danowski nickte zum Abschied und ging Richtung Flur, weil er nicht damit rechnete, dass Luis Bender sie begleiten würde. Als er sich umdrehte, saß der Junge allein am Tisch mit seiner verdammten Spargelsuppe. Danowski sah, wie Finzi seine Brieftasche aus der Hose nahm und einen Schein herauszog, der irgendwie aussah, als wäre er dort, wo er herkam, allein gewesen. Luis blickte auf, überrascht und mit der Frage im Blick, ob er möglicherweise Grund hatte, sich beleidigt zu fühlen.
    «Das ist geliehen», sagte Finzi. «Wenn deine Mutter wieder da ist, kann sie uns das zurückgeben.» Er legte seine Visitenkarte neben den Schein und pflügte an Danowski vorbei, als hätte er es eilig.
     
    «Und was sollte der Scheiß mit dem Magneten?»
    «Ist doch interessant. Neben der Witwe taucht eine andere Frau auf, und beide haben Verbindung zur selben Stiftung.»
    «Äh, ja, Adam. Beide hatten auch Verbindung zum selben Mann. Vermutlich kannte der die Bender über diese Stiftung, und vermutlich hat seine Frau über ihn Kontakt zu dieser Stiftung bekommen. Da engagieren sich doch Hamburger Kaufleute. Und was war der Tote? Na? Eben. Hamburger Kaufmann. Ich versteh das nicht. Erst tust du, als würde dich das alles überhaupt nicht interessieren, und dann fängst du plötzlich mit so ’ner Käferfickerei an. Kleinteiliger Schwachsinn.»
    «Also, ich sehe da eine Witwe mit Motiv. Eifersucht, Beziehungstat, alles dabei. Und du kannst mir nicht erzählen, dass die sich nicht komisch verhält. Da interessiert mich dann schon der Hintergrund.»
    «Ich seh das anders: Wir finden die Bender, die erzählt uns, was an Bord los war und woher das Viruszeug kam, und alles ist vorbei. Angenehme Vorstellung, finde ich. Ist doch wie bei ’nem Sudoku. Außerdem hat die Chefin doch gesagt, wir sollen’s nicht übertreiben mit dem Ermittlungsdruck. Zu unübersichtlich, das Ganze.»
    «Finzi, erzähl mir bitte nicht, dass du abends zu Hause sitzt und Sudokus machst.»
    «Hab ich im Entzug mit angefangen. Beschäftigt einen.»
    «Und der Helferkomplex, hast du dir den auch im Entzug eingefangen?»
    «Fünfzig Euro. Wovon soll der Junge denn was zu essen kaufen in den nächsten zwei Wochen?»
    «Du meinst, wovon soll er seinen Dealer bezahlen?»
    «Ach komm, der war doch nett.»
    «Und nette Jungs haben keine Dealer

Weitere Kostenlose Bücher