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Treibland

Treibland

Titel: Treibland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Till Raether
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was er wollte. Falls ihm bis dahin kein besserer Zug einfiel.
    Peters lief in einiger Entfernung über das Fairway auf Steenkamp zu. Über den Winter hatte er sich das verbleibende Haar ganz kurz schneiden lassen. Er sah etwas jünger und ein wenig männlicher aus dadurch, aber als er jetzt mit tatsächlich im sanften Maiwind flatternden Rockschößen auf ihn zugeeilt kam, fiel Steenkamp auf, wie sehr ihn der Anblick von Peters’ vom Schädel abfliegenden Haaren immer amüsiert hatte. Vielleicht war das das Glück, dachte er: mikroskopische Dosen von Erheiterung und Zufriedenheit, deren Wirkung man aber immer erst bemerkte, wenn sie einem entzogen wurden.
    Zwei- oder dreimal schüttelte Peters bei seiner Fairway-Überquerung Hände, er verteilte im Vorübergehen joviale Aufmerksamkeiten wie ein Politiker auf einer Wahlkampfveranstaltung. Peters kämpfte ständig darum, gewählt zu werden, dabei zu sein, dazuzugehören. Steenkamp verzog das Gesicht. Peters
war
Politiker, dies war eine unappetitliche Tatsache, die zu verdrängen Steenkamp hin und wieder den Fehler machte. Mit was für Leuten er sich eingelassen hatte: Torheiten, die man aus Nachlässigkeit beging und weil die Dummheit der Welt ansteckend war wie ein wütendes Virus.
    Wenn es stimmte, dass ihm sein letzter Sommer bevorstand, dann blieben ihm vielleicht noch hundert Vormittage, an denen er alleine Golf spielen konnte. Vielleicht fünfzig davon, die das Potenzial hatten, zu einem guten Tag zu werden. Und Peters war dabei, einen davon zu zerstören durch sein vulgäres Verhalten. Indem er hier auftauchte in den falschen Schuhen, im grauen Anzug, mit dieser sinnlosen Wichtigkeit, dieser Eile, die kein Ziel hatte, als sich selbst ständig fortzupflanzen von einer hektischen Betriebsamkeit zur nächsten. Einer von fünfzig Tagen: Das war, wie ihm zwei Prozent seines Vermögens zu nehmen. Dafür konnte niemand eine Begrüßung erwarten.
    Steenkamp lochte gegen seine Gewohnheit praktisch im Vorbeigehen und nachlässig ein und ging weiter zum nächsten Abschlag. Sein Caddy folgte ihm in angemessenem Abstand. Eine Zeitlang hatte Steenkamp sich ablenken lassen davon, dass er hin und wieder Ausschau gehalten hatte nach der Greenkeeperin, mit der er, wie er es für sich nannte, im vorigen Herbst aneinandergeraten war. Nach einer Weile hatte diese leichte Unruhe und Irritation sich auf sein Spiel ausgewirkt, und er hatte kurz vor Weihnachten durch eine gezielte Beschwerde versucht, sie aus dem Club entfernen zu lassen. Er nahm es als Zeichen seines Bedeutungsverlusts, dass ihm dies nicht gelungen war. Immerhin war sie in diesem Frühjahr in eine der Spätschichten versetzt worden und vertrieb jetzt nachts auf dem Platz Wildschweine oder etwas ähnlich Unsichtbares. Es ärgerte ihn, dass er im Zuge seiner Versuche, sie aus dem Club zu entfernen, ihren Namen erfahren und behalten hatte.
    Wolka Jordanova, dachte Steenkamp. Was für alberne Namen solche Menschen hatten.
    «Herr Steenkamp», schnaufte Peters, als er ihn eingeholt hatte. Steenkamp streifte ihn mit einem Blick und wartete darauf, dass der Caddy ihm den passenden Schläger reichte.
    «Ich glaube, wir müssen reden», sagte Peters mit unruhigem Blick auf den Caddy, der mit zwei Schlägern in der Hand in unmittelbarer Reichweite stand. Steenkamp ignorierte ihn und wählte Holz  3 .
    «Hören Sie, Herr Steenkamp und ich würden uns gern mal unter vier Augen unterhalten», sagte Peters und schob dem Caddy einen Zwanzig-Euro-Schein in die freie Hand. Steenkamp biss die Zähne zusammen. Das Schweinische an Peters durchfuhr ihn manchmal wie ein Schmerz. Dann wandte er dem Caddy sein väterliches Gesicht zu, ein Achselzucken bis zu den buschigen Augenbrauen: Was soll man machen. Der Caddy entfernte sich außer Hörweite. Steenkamp beugte sich wieder nach vorn, entschlossen, vor allem bei seinem Schlag zu bleiben.
    «Auf Sankt Pauli hat es einen Biohazard gegeben», verkündete Peters in einem dümmlichen Halbflüstern. «Wir brauchen Sie jetzt noch einmal im Krisenzentrum. Wir müssen impfen.» Selbst die Kunstpause zwischen «Wir müssen» und «impfen» ließ Peters sich nicht entgehen. Wann habe ich angefangen, mein Schicksal in die Hände von Schmierenkomödianten zu legen?, dachte Steenkamp.
    «Haben Sie Zeit?», fragte Peters mit einem Anflug von Unterwürfigkeit. Steenkamp ließ den Schläger ruhen und guckte regungslos aufs Grün, um zu demonstrieren, wie absurd diese Vermutung war. Er hatte sich von allen

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