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Treuepunkte

Treuepunkte

Titel: Treuepunkte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Fröhlich
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Geld, aber mein Haar sieht wirklich gut aus. Für das Geld hätte ich sicherlich mindestens fünfmal zum Dorffriseur gekonnt. Ich bin gespannt, was Sabine sagen wird. Ich stecke Miro noch fünf Euro zu, bedanke mich und verlasse den Salon. Er steckt mir noch eine Karte zu und sagt: »Bis in fünf Wochen.« Das habe ich überhaupt nicht bedacht. Ein Haarschnitt muss ja ständig nachgeschnitten werden, um gut auszusehen, und Strähnchen wachsen raus. Aber vielleicht kann ich ja mit diesem guten Grundschnitt dann bei uns zum Friseur. Nachschneiden, wenn die Basis mal da ist, kann so schwer ja nicht sein. Außerdem – was sorge ich mich jetzt. Jetzt sollte ich das 227 -Euro- 80 -Wunder auf
meinem Kopf genießen. Schließlich ist das eigentlich der erste Friseurbesuch, bei dem ich nach Verlassen des Salons nicht direkt den Impuls habe, mein Haar unter den nächsten Wasserhahn zu stecken und alles zu verändern. Ich bin richtiggehend euphorisiert. Was eine tolle Frisur so ausmacht. Ich fühle mich umwerfend.
     
    Während ich zum Sabine-Treffpunkt hetze, gucke ich in jedes Schaufenster, das sich mir bietet. Dass meine Haare so aussehen können, hätte ich nicht für möglich gehalten. Die Spitzen springen richtiggehend nach außen. Wie übermütig. Ich finde, ich sehe jung, gepflegt und wunderbar aus. Und erst die Farbe, vielmehr die Farbpalette. Blond ist einfach eine freundliche Farbe.
    Sabine wartet schon vor »Lara«, der Boutique. Ich bin gerade mal fünf Minuten zu spät und hätte sie erst fast nicht erkannt. Sabine ist ganz in Schwarz gekleidet (unter einem beigen Trenchcoat mit hochgeklapptem Kragen) und trägt eine dieser neumodischen Sonnenbrillen, die nahezu das komplette Gesicht bedecken. So ein Insektenteil. Dieser Puck-die-Stubenfliege-Look. Dazu ein Kopftuch mit goldenen Hufeisen und ähnlichem Kram im Grace-Kelly-Stil gebunden. Um den Kopf rum und unterm Kinn nach hinten geschlungen.
    Ich gebe ihr den obligatorischen Begrüßungsschmatzer und frage dann: »Sag mal, hattest du eine Schlägerei oder eine Schönheitsoperation oder bist du zum Islam übergetreten?« Sie grinst. »Hast du vergessen, in welcher Mission wir unterwegs sind?«, fragt sie nur. »Als Agentin darf man nicht zu erkennen sein. Tarnung ist alles.« Da ist sicherlich was dran. Aber Tarnung heißt normalerweise
auch unauffällig aussehen. Keinerlei Aufmerksamkeit auf sich ziehen. In der Masse untergehen. Das kann man von Sabines Look nicht gerade behaupten. Sie sieht sehr geheimnisvoll aus und damit auch sehr auffällig. Und ehrlich gesagt viel eleganter als sonst. Sabine ist eine Frau, die glaubt, dass man herzeigen muss, was man hat. Ihr Credo ist: Mit Subtilität kommst du bei Männern nicht weit. Deswegen ist sie häufig ein wenig offenherzig gekleidet. Christoph findet, an der Grenze zum Ordinären. Als ich das Sabine mal gesteckt habe – ich meine, sie ist schließlich meine Freundin –, hat sie gesagt: »Genauso soll es aussehen – grenzwertig ordinär.« Aus ihrer Handtasche zieht sie ein weiteres Kopftuch: »Hier für dich. Ich habe mir schon gedacht, dass du an solche Details nicht denkst. Die sehen doch aus wie von Hermes, oder!« Ist die verrückt geworden? Ich kann doch über meine 227 -Euro- 80 -Frisur, dieses weiche, fluffige, fantastische Haar, das erstmals ein Anrecht darauf hat, Haar genannt zu werden, kein Kopftuch ziehen. »Sabine, guck dir meine Haare an. Das geht auf keinen Fall. Ich war eben beim Friseur. Für sauviel Geld. Für fast zweihundertdreißig Euro.« Sie mustert meine Frisur. »Wahnsinn. So viel Geld nur für Haare. Aber sieht spitze aus«, freut sie sich mit mir und steckt einsichtig das für mich vorgesehene, seidige Kopftuch wieder ein. »Durch die neue Frisur siehst du schon einigermaßen verändert aus, aber zieh wenigstens die hier auf.« Sie reicht mir eine weitere Insektenlooksonnenbrille. Ich willige ein, obwohl ich es etwas verfrüht finde. Ich meine, wir sind noch mitten in der Innenstadt auf der Fußgängerzone und etwa zwei Kilometer entfernt von unserem Einsatzort – Christophs
Büro. Und es ist nicht mal sonnig. Aber in diesem Punkt bleibt Sabine streng. »Wessen Mann macht denn hier Zicken?«, sagt sie nur. Ich erspare mir die Antwort, dass sie ja gar keinen habe, es demnach nur meiner sein könne, und setze brav die Sonnenbrille auf: »Lass uns loslegen, wir haben zu tun.«
    Ich würde gerne noch eben mal bei »Lara« das Sortiment durchgehen, aber Sabine lehnt diesen Vorschlag ab.

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