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Treuetest - Brody, J: Treuetest - The Fidelity Files

Treuetest - Brody, J: Treuetest - The Fidelity Files

Titel: Treuetest - Brody, J: Treuetest - The Fidelity Files Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jessica Brody
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Schließlich haben sie mich angerufen. So halb rechnete ich damit, dass Rani entsetzt aufspringen und Reißaus nehmen würde, während ich mit Limonade begossen auf der Rechnung sitzen blieb. Doch weit gefehlt. Sie starrte mich an wie ein religiöser Fanatiker eine eben erst entdeckte uralte Reliquie, ungläubig und voller Zweifel ob ihrer Echtheit zunächst, und dann mit der verzückten Benommenheit eines Menschen, dessen Glaube soeben in den Grundfesten erschüttert wurde.
    »Aber ich habe kein Geld, um...«
    »Ich möchte dir bloß helfen«, versicherte ich ihr.
    Tränen stiegen ihr in die Augen. Tränen der Dankbarkeit, Tränen der Angst, Tränen der Erleichterung, weil sie endlich die Antworten erhalten würde, nach denen sie schon so lange suchte.
    Und weil sie sich dabei nicht auf ein Buch verlassen musste.
     
    Ich stand vor der Tür von Ranis und Claytons Wohnung und lauschte den gedämpften Stimmen drinnen. Die Auseinandersetzung würde wohl noch eine ganze Weile dauern.
    Rani hatte recht. Es ist wirklich ziemlich utopisch, dass man mit fünfzehn seinen Seelenverwandten findet. Und doch hätte ich den beiden gern die Daumen gedrückt. Wünschte mir, dass sie sich zusammenrauften, dass sie diesen Vorfall als Chance sahen. Als Hürde, die überwunden und aus dem Weg geräumt werden musste, ehe sie neu durchstarten, ihren gemeinsamen Weg fortsetzen konnten.
    Aber ich habe es mir zur Regel gemacht, niemandem die Daumen zu drücken. Keine Ausnahmen. Und so legte ich, ehe ich ging, nur sacht die Hand an die Holztür, um mich von Prinzessin Rani zu verabschieden.

    Tags darauf fuhr ich zum dritten und letzten Mal zu meinem Pokerunterricht. Nach der Besprechung mit Roger Ireland vorige Woche hatte ich mir unverzüglich über das Online-Portal Craigslist einen Lehrer gesucht, der mich für meinen Auftritt in Las Vegas am Samstag vorbereiten sollte. Angesichts der zurzeit herrschenden Poker-Manie ein Kinderspiel.
    Bei meinem ersten Besuch hatte ich meinem Lehrer Ethan (er selbst zieht die Bezeichnung »the Cowboy« vor) erklärt, ich wolle einen Poker-Crashkurs absolvieren, um einen Geschäftspartner in Vegas zu beeindrucken. Stimmte ja auch. Ethan war es sichtlich schnurz, aus welchem Grund ich zu ihm kam, solange mein Scheck gedeckt war und er das Geld auf seinem Online-Poker-Account deponieren konnte.
    »Während der letzten beiden Lektionen haben wir uns auf Spielregeln und Spielverlauf konzentriert«, setzte er an, während er geschickt einen Stapel Karten mischte. »Ich habe Ihnen beigebracht, wie Sie auf der Basis der gesamten Einsätze Ihre Gewinnchancen berechnen können, und natürlich auch, wie Sie erraten, was die anderen Spieler in der Hand haben.« Wir saßen in Ethans Spielkeller, einem regelrechten Mini-Casino mit Porträts berühmter Spieler an den Wänden und drei professionellen Pokertischen, die den Raum dominierten. Der Teppich war genauso grellbunt gemustert wie die Bodebeläge in den Casinos auf dem Strip.
    Ich ergriff die vier Chips, die vor mir lagen, und begann mit den »Fingerübungen«, die mir Ethan während der letzten Stunde kurz demonstriert hatte. Genauso hatte ich die Spieler auf ESPN mit ihren Chips jonglieren sehen, während sie sich ihren nächsten Schritt überlegten. Wenn ich den Anschein erwecken wollte, dass ich das Spiel beherrschte, war der Trick mit den Chips genauso wichtig für meine Glaubwürdigkeit wie die profunde Kenntnis der Regeln. Und Glaubwürdigkeit
war am Samstag absolut oberstes Gebot, ob ich das Spiel nun beherrschte oder nicht.
    »Heute verleihe ich Ihnen den letzten Schliff«, fuhr Ethan fort.
    »Perfektionieren wir den Chip-Trick?«
    »Nein... das Bluffen«, stellte er gewichtig fest. Er spannte mich gern auf die Folter.
    »Ah.«
    »Das ist das Schwierigste am Pokern. Aber wenn Sie das Bluffen erst beherrschen, ist der Rest ein Kinderspiel.«
    »Sie bringen mir also das Lügen bei?«, hakte ich nach.
    »Das Täuschen . Ihre Mitspieler sollen glauben, Sie hätten etwas auf der Hand, obwohl Sie gar nichts haben – oder umgekehrt«, erwiderte er blasiert.
    »Sag ich doch. Lügen.«
    Ethan schnaubte indigniert ob meiner stark vereinfachten Darstellung dieser faszinierenden Materie. »Ja, so könnte man es wohl auch nennen. Aber ein Bluff ist viel mehr als bloß eine unschuldige kleine Lüge. Lügen im Alltag ist keine große Herausforderung, denn die Menschen haben keinen Grund, Ihnen zu misstrauen. Beim Pokern dagegen müssen Sie Ihre Mitspieler dazu bringen,

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