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Treuetest - Brody, J: Treuetest - The Fidelity Files

Treuetest - Brody, J: Treuetest - The Fidelity Files

Titel: Treuetest - Brody, J: Treuetest - The Fidelity Files Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jessica Brody
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drückte mich an sich und hopste dann zum Tisch zurück. Ich folgte ihr. Außer mir waren bereits alle anwesend. Hannah nahm ihren Ehrenplatz an der Stirnseite ein, Mom saß gegenüber von ihr. Ich blieb einen Augenblick stehen und gab vor, die zahlreichen Fotos an den Wänden zu betrachten, als würde ich mich fragen, ob man die darauf abgebildeten Menschen kennen sollte.

    Tatsächlich versuchte ich bloß, mich für die Begegnung mit meiner Mutter zu rüsten. Ich befand mich in einer etwas verzwickten Lage... nicht zum ersten Mal. Ich war nämlich nicht sicher, ob sie schon von der Verlobung meines Vaters gehört hatte. Von mir würde sie es jedenfalls nicht erfahren. Falls sie es allerdings schon wusste, dann wollte ich nicht, dass sie mir in epischer Breite davon erzählte. Was mein Vater trieb, interessierte mich nicht im Mindesten; dass er wieder heiraten wollte, war bereits mehr Information als mir lieb war. Leider gehört meine Mutter nicht zu den Menschen, die mit ihren Gefühlen hinter dem Berg halten. Seit der unschönen Scheidung vor zweieinhalb Jahren war ich unfreiwillig Zeugin zahlreicher Gefühlsausbrüche gewesen.
    Auf derlei konnte ich heute Abend wirklich verzichten. Mein Leben war schon kompliziert genug, und ich hatte alle Hände voll damit zu tun, meine eigenen Gefühle im Zaum zu halten.
    Wie ich es in den vergangenen sechzehn Jahren getan hatte.
    Um sie zu beschützen.
    Ich deutete auf das gerahmte Schwarz-Weiß-Foto einer fülligen Lady, die sich zwei Wassermelonen vor die Brüste hielt, und lächelte. »Ist ja ulkig«, sagte ich und begab mich dann zu meiner Mutter, um sie auf die Wange zu küssen. »Hi, Mom.«
    Sie umarmte mich ungelenk im Sitzen. »Hi, Jenny. Hast du meine letzte E-Mail bekommen? Die mit dem Botanik-IQ-Test?«
    »Ja, hab ich. Tut mir leid, ich war so im Stress, dass ich noch nicht dazu gekommen bin, den Test zu machen.« Meine Mutter hat sich in einen fünfzehnjährigen Web-Junkie verwandelt, seit sie ein paar Monate zuvor das Internet für sich entdeckt hatte. Sie verbringt den Großteil ihrer Zeit mit Online-Persönlichkeitstests, lädt Musik und Fernsehsendungen
herunter, verschickt Fotos und treibt sich bis in die frühen Morgenstunden in irgendwelchen Chatrooms herum. Vor ein paar Wochen sagte sie sogar irgendetwas von wegen Instant Messages. Ich kann und will mir gar nicht vorstellen, dass meine Mutter mit wildfremden Menschen im ganzen Land ihr Lieblings-Lasagnerezept austauscht.
    Ich wollte mich gerade neben sie setzen, als ich Hannah von der gegenüberliegenden Seite protestieren hörte.
    »Nein! Ich habe dir hier drüben einen Platz reserviert!«
    Puh. Ich wandte mich zu Mom um und zuckte entschuldigend die Schultern, als wollte ich sagen: »Was soll ich machen? Sie ist erst zwölf.« Sie lächelte mich an und nickte zustimmend.
    Also ließ ich mich erleichtert zwischen Hannah und einer ihrer Freundinnen nieder. Dann schämte ich mich. Ich sollte gern neben meiner Mutter sitzen. Ich sollte gern jedem einzelnen Detail ihres Martyriums lauschen. Schließlich ist sie meine Mutter und hat viel durchgemacht. Zu viel. Trotzdem war ich Hannah gemeinerweise dankbar für die Sitzordnung. Es geht doch nichts über ein bisschen Geplauder über Make-up, nervige Lehrer und Mitschülerinnen, die sich den BH zweifellos mit Socken ausstopfen, weil ihre Brüste total ungleich aussehen, und eckig obendrein.
    Ich bat Hannah um Verzeihung für die Verspätung, wobei ich bewusst verschwieg, dass ich beinahe einen Strafzettel wegen Raserei bekommen hätte. Mom würde mich bloß tadeln, weil ich zu schnell gefahren war und mein Leben riskiert hatte, und der Rest der Crew würde mir Löcher in den Bauch fragen, um zu erfahren, wie ich mich herausgeredet hatte. Darauf hatte ich erstens keine Lust, und zweitens würde es garantiert Misstrauen erregen. Unsere Jennifer ist doch nicht in der Lage, einen Polizisten zu bezirzen, damit er ihr eine Strafe erlässt. Und falls doch, warum hat sie es dann bislang
nicht geschafft, einen Mann dahingehend zu bezirzen, dass er ihr einen Heiratsantrag macht?
    »Wir haben schon mal bestellt; wir wussten ja nicht, wann du auftauchen würdest«, ätzte Julia, die Nervensäge.
    Ich biss mir auf die Unterlippe und enthielt mich eines Kommentars. Ich musste meine Kräfte für die unvermeidliche Inquisition schonen, damit ich mich auch an all meine Schwindeleien und Ausreden erinnerte. Die kleinste Unstimmigkeit konnte eine wahre Lawine von Fragen auslösen,

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