Treuetest - Brody, J: Treuetest - The Fidelity Files
diesem Spiel.
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Michelangelo & Co.
Als ich die Hotelzimmertür hinter mir schloss, wusste ich, es würde nicht lange dauern, bis Parker Colman die schwarze Karte fand, die ich ihm auf der Kommode hinterlassen hatte. Eine kleine Erinnerung an die vorangegangenen Ereignisse. Ein Souvenir, wenn man so will.
Die Sache mit der Karte regle ich je nach Laune. Manchmal überreiche ich sie persönlich, nachdem ich das Testobjekt über die Prozedur aufgeklärt habe. Zack, bumm! Gelegentlich deponiere ich sie auch wortlos auf dem Fernseher oder auf dem Nachttisch, ehe ich gehe. Oder ich schiebe sie unter der Tür durch, um dann auf rätselhafte Weise spurlos in der Nacht zu entschwinden, damit es meinem Testobjekt so vorkommt, als wäre ich lediglich eine Ausgeburt seiner Fantasie gewesen.
In diesem Fall hatte ich beschlossen, Parker die Wahrheit ins Gesicht zu sagen, zumal sich keine günstige Gelegenheit ergeben hatte, mich hinauszuschleichen. Ich hatte seine Hand festgehalten, als er sie unter mein Kleid gleiten ließ, hatte ihm geradewegs in die Augen gesehen und ihm verkündet, dass er mir auf den Leim gegangen war und beim Treuetest mit der Note Ungenügend abgeschnitten hatte.
Dann hatte ich meine Tasche genommen und die Fliege gemacht. In seiner Überraschung hatte er wahrscheinlich gar nicht registriert, dass ich ihm ein kleines Andenken hinterließ. Tja. Das war garantiert die schlechteste Karte, die er in letzter Zeit bekommen hatte.
Ich ließ mich von den bunten Mustern auf dem Teppichboden hypnotisieren, während ich den langen Korridor entlang zum Fahrstuhl marschierte. Dort drückte ich den Knopf, um den Lift zu holen, und atmete tief durch.
Wie gut, dass ich das hinter mir habe, dachte ich und sah auf die Uhr. Viertel nach zwei. Vergleichsweise früh für Las Vegas.
Die Aufzugtüren öffneten sich. Ich trat ein, ließ den Blick über die geradezu erschreckend lange Reihe von Knöpfen gleiten und drückte die 23 . Während sich die Türen langsam schlossen, lehnte ich mich an die Rückwand des Fahrstuhls und dachte an die Suite, die in der dreiundzwanzigsten Etage meiner harrte, an die weißen Baumwolllaken, die weichen Kissen, die...
Da erschien jäh eine Hand im Spalt zwischen den fast schon geschlossenen Metalltüren und entging mit knapper Not einer Amputation. Ich fuhr zusammen. Mist, und ich hatte mich
schon auf eine ruhige Fahrt gefreut. Auf ein Rudel besoffener Mittzwanziger, die herumtorkeln und wie hyperaktive Schulkinder sämtliche Knöpfe drücken würden – oder, schlimmer noch, eine weitere Junggesellenparty-Truppe, konnte ich jetzt wirklich verzichten.
Doch als die Türen auseinanderglitten, stand auf der anderen Seite nur eine einzige Person, und die wirkte stocknüchtern.
Und ziemlich sauer.
Parker Colman.
Schluck. Ich überlegte fieberhaft. Wo war ich sicherer, in einer fünf Quadratmeter großen Fahrstuhlkabine mit einem rot leuchtenden Notruf-Knopf, oder in einem langen Hotelkorridor mit reihenweise Türen, an die ich hämmern konnte? Wohl eher Letzteres.
»Wir müssen uns unterhalten«, stellte Parker fest, die Hände zwischen die Aufzugtüren gestemmt.
Jetzt bloß nicht die Nerven verlieren. Ich sah ihm direkt in die Augen, wandte denselben »Ich habe keine Angst vor dir«-Blick an wie vor ein paar Stunden am Pokertisch. Tatsächlich aber war mir längst nicht mehr so heroisch zumute.
Ich sagte nichts. Schweigen ist bekanntlich Gold.
»Ich liebe Lauren. Wir heiraten in drei Wochen, und das lasse ich mir nicht von dir und deinem scheiß Treuedingsbums – wie auch immer du es nennst – ruinieren.«
»Daran hättest du vielleicht denken sollen, bevor du versucht hast, mir in den Schritt zu fassen«, konterte ich und bereute es sofort. Im Umgang mit einem wutentbrannten Ehemann oder, in diesem Fall, Verlobten, ist es das Klügste, den Mund zu halten und keinesfalls etwas zu sagen, das ihn noch mehr in Rage bringen könnte.
»Das ist mein Junggesellenabschied!«, bellte er, als könnte mich das dazu bewegen, die Angelegenheit einfach zu vergessen.
»Ich fürchte, dafür hat mein Klient wenig Verständnis«, erwiderte ich kühl.
Parker schnaubte. »Lauren würde mir das nie und nimmer antun. Sie würde nie jemanden engagieren, der mir eine Falle stellt. Da steckt doch ihr Vater dahinter. Er hat dich engagiert, nicht wahr?«
Ich antwortete nicht.
»Roger Ireland ist ein verbohrter alter Knacker, dem kein Mann je gut genug sein wird für sein kostbares
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