Treuetest - Brody, J: Treuetest - The Fidelity Files
als würde sie alle weiteren Aussagen meinerseits ohnehin für Unsinn halten. Aber neugierig war sie offenbar trotzdem.
»Nun, das erste Zusammentreffen fand beim Pokern im Hotel Bellagio statt und das zweite im Palms Casino, im dortigen Nachtclub.«
Sie riss die Augen auf. Die Namen der Lokalitäten waren ihr also nicht unbekannt. Vermutlich hatte der Zettel mit den diversen Programmpunkten des Junggesellenabschieds wochenlang an einer Korkwand oder an der Kühlschranktür gehangen.
»Im Nachtclub hat mir Parker einige Drinks ausgegeben. Dann haben wir getanzt, und anschließend hat er mich mit auf sein Hotelzimmer genommen.«
» Er hat Sie mit auf sein Zimmer genommen?«, wiederholte sie.
Genau deshalb warte ich immer auf die Einladung. Reagieren statt agieren. Alles andere bringt nur Ärger ein.
»Ganz recht«, bestätigte ich.
»Ich hab dir doch gesagt, er ist ein Spieler, Schätzchen«, sagte Roger sanft. »Er ist nicht der Richtige für dich. Ich habe Ashlyn engagiert, damit du es aus erster Hand erfährst. Damit dir klar wird, was für ein Riesenfehler es wäre, ihn zu heiraten.«
Lauren starrte mich an, ohne auf die Worte ihres Vaters einzugehen. »Und was dann? Haben Sie es mit ihm getrieben?«, fragte sie aufgebracht. Ihre Stimme triefte vor Verachtung.
Ich schloss die Augen und mahnte mich zur Ruhe. »Nein, bei meinem Test kommt es nicht zu sexuellen Handlungen. Ich stelle lediglich fest, ob der Kandidat die Absicht hat, fremdzugehen.«
»Und was zum Geier soll das heißen?«, bellte sie trotzig.
Ich musste sehr an mich halten, um nicht aufzuspringen und ihr an die Gurgel zu gehen. Schwer zu sagen, ob es bloß daran lag, dass mich diese Lauren unheimlich nervte. Vielleicht
brauchte ich auch einfach dringend einen Sündenbock, an dem ich meinen ganzen aufgestauten Frust und Ärger auslassen konnte. Verdient hätte sie es allemal.
Zum Glück schritt Roger Ireland ein. »Das heißt, Ashlyn hat bewiesen, dass Parker ein Casanova ist. Dass er mit einer anderen ins Bett geht, wenn sich ihm die Möglichkeit bietet.«
»Woher will sie das denn so genau wissen, wenn sie gar nicht wirklich mit ihm geschlafen hat?«
Roger stöhnte laut auf. Ihm ging bereits die Puste aus, und zwar ziemlich rasch.
Diesmal kam ich ihm zu Hilfe. »Lauren, ich ziehe immer erst im allerletzten Moment die Notbremse, und ich bin überzeugt, dass es zum Geschlechtsverkehr gekommen wäre, wenn ich nicht abgebrochen hätte.«
Roger sah seine Tochter erwartungsvoll an. Beobachtete ihr Mienenspiel. Fragte sich vermutlich, ob sie nun endlich zur Vernunft kommen würde.
Sie lehnte an der Kante seines Schreibtisches, die Arme vor der Brust verschränkt. »Das beweist gar nichts . Sie haben keine Ahnung, ob er es wirklich durchgezogen hätte. So wie ich Parker kenne, wäre ihm bestimmt irgendwann klar geworden, dass er einen Fehler macht, und dann hätte er von sich aus aufgehört.«
Ich hätte sie am liebsten an den Schultern gepackt, kräftig geschüttelt und gebrüllt: »Wach endlich auf, du dumme Gans! Er hat mich geküsst und überall begrapscht! Er war so scharf auf mich, dass er mich vermutlich sogar dafür bezahlt hätte, mit ihm zu schlafen! Und du verteidigst diesen Mistkerl auch noch? Du verschwendest deine Zeit! Wenn du wirklich so naiv bist, dass du das nicht kapierst, dann hast du gar nicht verdient, Bescheid zu wissen.«
Stattdessen erhob ich mich, nahm meine Tasche und ging
schweigend zur Tür. Ich war nicht sicher, wie lange ich mir diesen Schwachsinn noch anhören konnte. »Meine Arbeit ist getan.«
Damit nahm ich einen kleinen Umschlag aus der Tasche und reichte ihn Mr. Ireland. »Das ist die Abrechnung und der Rest von Ihrem Spesenvorschuss. Falls Sie noch irgendwelche Fragen haben, können Sie mich jederzeit anrufen.«
Ich spürte förmlich, wie mir Laurens wütender Blick ein unsichtbares Loch in die Bluse brannte, als ich an ihr vorbeistolzierte. Sie musterte mich vom Kopf bis zu den Zehen, taxierte mich abschätzig auf der Suche nach etwas, das sie an mir hassen konnte. Etwas, das ihr als Ausrede dafür dienen konnte, um ihrem betrügerischen Verlobten zu verzeihen.
An der Tür blieb ich noch einmal stehen, wandte mich um und zwang mich, möglichst viel Mitgefühl in meine Stimme zu legen, als ich sagte: »Ich weiß, wie schwierig das alles ist. Und es steht mir nicht zu, mir ein Urteil zu bilden oder Ihnen zu sagen, was Sie tun sollen. Es ist ganz Ihnen überlassen, was Sie mit der von mir gelieferten
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