Treuetest - Brody, J: Treuetest - The Fidelity Files
Haarsträhne aus der verschwitzten Stirn. »Mittwoch.«
Ein Glück, am Mittwochvormittag hatte ich Zeit. Ich trug den Termin ein. »Okay, wird erledigt. Vielen Dank, Marta.«
Als ich im leeren Aufzug hinauf zu Roger Irelands Büro fuhr, wirbelten mir alle möglichen Gedanken durch den Kopf. Von den verspiegelten Lifttüren starrte mir mein Alter Ego mit unbewegtem Blick entgegen. Ich sah ihm in die müden Augen. Blass sah es aus, erschöpft und besorgt. Da nützte das beste Make-up nichts mehr. Wann war mein Leben so kompliziert geworden? Ich hatte mich mit meiner besten Freundin verkracht, ich hatte meine naive zwölfjährige Nichte angefahren und wäre von Parker Colman beinahe in einem Hotelaufzug zusammengeschlagen worden.
Dagegen ist selbst ein Abdeckstift von Revlon machtlos.
Und so sehr ich mich auch bemühte, es gelang mir nicht, Jamies Gesicht zu vergessen. Er schien sich hartnäckig in einer meiner Gehirnwindungen eingenistet zu haben. Das war ein absolutes Novum.
Sobald ich dieses Meeting hinter mir hatte, musste ich endlich etwas Ordnung in mein Leben bringen. Da gab es in einigen Bereichen dringenden Handlungsbedarf.
Die Fahrstuhltüren glitten auseinander. Ich straffte die Schultern, schüttelte mir das Haar auf, zupfte die Bluse zurecht und öffnete dann eine der großen Doppelglastüren, die zu Roger Irelands Kanzlei führten.
»Sollte ja nicht allzu lange dauern«, murmelte ich vor mich hin.
Mr. Ireland hatte auf mich einen sehr vernünftigen Eindruck gemacht. Direkt und unkompliziert. Ich nahm nicht an, dass es irgendwelche Schwierigkeiten geben würde; schließlich war er mit Parker weder verheiratet noch verlobt.
»Guten Morgen, Ashlyn«, begrüßte mich die Empfangsdame und führte mich umgehend zum Büro am Ende des Korridors. »Mr. und Miss Ireland erwarten Sie bereits.«
Ich bedankte mich, blieb dann aber wie angewurzelt stehen. »Sagten Sie gerade Miss Ireland?«
Die Empfangsdame lächelte unbedarft. »Ganz recht, seine Tochter.«
Ich hatte plötzlich das Gefühl, durch knietiefen Schlamm zu waten. Was zum Teufel wollte die denn hier? Mr. Ireland hatte doch gesagt, er wollte seine Lauren persönlich einweihen. Später. Sprich, nachdem ich aus dem Haus und außer Reichweite war. Ich war nicht vorbereitet auf das Zusammentreffen mit einer gestressten Braut, schon gar nicht mit einer, die zwei Wochen vor der Hochzeit herausfindet, dass ihr Zukünftiger ehebrecherische Tendenzen hat.
Ich versuchte, mir meine Panik nicht anmerken zu lassen, als ich meinen Weg fortsetzte. So musste es sich anfühlen, wenn man vor ein Exekutionskommando trat.
Die Empfangsdame öffnete mir die Tür, und ich trat zögernd ein. Meine Nerven waren zum Zerreißen gespannt.
»Ashlyn!«, begrüßte mich Roger freundlich und kam auf mich zu, um mir die Hand zu schütteln. »Schön, Sie wiederzusehen.«
An seinem Schreibtisch saß eine attraktive Brünette und hackte emsig auf seiner Tastatur herum. »Kein Wunder, dass du die Quelle dieses Datenstroms nicht findest, Dad. Deine Verzeichnisse sind alle total durcheinander.«
Mein Auftraggeber lächelte mich an. »Das ist Lauren, meine Tochter.«
Lauren warf kopfschüttelnd einen letzten Blick auf den Computerbildschirm ihres Vaters, dann erhob sie sich, durchquerte fröhlich lächelnd das Büro und streckte mir die Hand hin. »Freut mich, Sie kennenzulernen, Ashlyn. Vielen Dank,
dass Sie gekommen sind. Setzen Sie sich doch.« Sie deutete auf die Couch und sank in einen Polstersessel.
Ich nahm verdattert gegenüber von ihr Platz; in sicherer Entfernung, obwohl sie die Angelegenheit recht locker zu nehmen schien. Vielleicht machte sie sich in Bezug auf die Treue ihres Zukünftigen ja auch etwas vor. Da wäre sie nicht die Erste.
Jedenfalls war sie hübscher, als ich angenommen hatte. Ich bin normalerweise vorsichtig mit Klischees, aber nach Roger Irelands Schilderung ihrer umfangreichen Computerkenntnisse hatte ich sie mir etwas weniger... elegant vorgestellt.
Lauren Ireland war groß und schlank und hatte sich das lange dunkle Haar zu einem strengen Pferdeschwanz zusammengebunden. Ihre Kleidung – braune Hose, passender Blazer – wirkte eine Spur bieder, ihr beigefarbener Rollkragenpulli ließ keinen Zentimeter nackte Haut sehen.
Ich sah unauffällig an mir herunter. Mein grauer Bleistiftrock war körperbetont geschnitten, und die Knöpfe der von Marta frisch gebügelten cremefarbenen Bluse standen gerade so weit offen, dass man den Ansatz meines
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