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Tricontium (German Edition)

Tricontium (German Edition)

Titel: Tricontium (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maike Claußnitzer
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hören.«
    »Wäre er wirklich so weit gegangen, einen Boten anzutasten?«
    »Das weiß ich nicht. Vielleicht dachte er angesichts meiner mangelnden Bereitschaft, sich auf seine Seite zu schlagen, ich sei kein bloßer Bote, sondern vielleicht eher ein Meuchelmörder. Jedenfalls war es nicht gerade ein Gespräch unter Freunden.« Er lehnte sich zurück. »Immerhin war er am Ende bereit, zu antworten. Er sagte, er habe zu dem Zeitpunkt schon von Faroalds Tod gewusst und geahnt, dass es mit seiner Herrschaft über Tricontium vorbei sein würde, wenn die Schlacht verloren ginge … Wenn Gudhelms Leute zurückgeschlagen worden wären, hätte sich das Kriegsglück aber vielleicht noch wenden können, und das sicherste Mittel sei es nun einmal gewesen, ihnen den Anführer zu nehmen. Gudhelm gegen Tricontium, vor der Wahl habe er gestanden und Tricontium vorgezogen. Er hustete, als er das sagte, und sah ganz arm und krank aus. Halb tat er mir leid. Er muss Tricontium jetzt notwendigerweise noch wichtiger als zuvor nehmen, denn was bleibt ihm sonst? Er ist drei Jahre älter als ich. Einen Großteil seines Lebens hat er gelebt und das vielleicht nicht gut. Er hat zwei Ehefrauen begraben, ebenso wie zwei Söhne. Seinen besten Freund hat er eigenhändig getötet und alle anderen, die ihm teuer waren, sind sieben Jahre lang sehr gut ohne ihn ausgekommen. Sein jüngster Sohn ist noch nicht einmal alt genug, Waffen zu tragen; er weiß nicht viel über seinen Vater und umgekehrt. Was von seinem alten Gefolge noch übrig ist, mag zwar zu ihm zurückströmen, aber doch nur, weil sein Geld und sein Name locken. Er zehrt von dem, was er einmal war, und muss weiter daran festhalten. Wenn die Erfolge ausbleiben oder wenn er auch nur aufgibt und sich in die Einsamkeit zurückzieht … Wer ist er dann? Niemand, nur sehr allein und unglücklich.« Er nahm einen Schluck Wein und sah dann seinen Sohn an. »Wie gesagt, er tat mir leid, wie er da saß, mit schönen Worten ein Bild von einem erträumten Tricontium malte und mich erwartungsvoll ansah. Aber zugleich musste ich an Bernward denken, dem Sirmiacum und seine Herrschaft darüber am Ende auch wichtiger waren als die Menschen, an denen ihm hätte gelegen sein sollen. Da hatte ich auf einmal sehr wenig Lust, ihm zu gestehen, dass ich etwas aus seiner Kriegskasse genommen hatte, und noch viel weniger Lust als zuvor, in Tricontium zu bleiben. Ich sagte ihm noch einmal, dass ich gehen würde. Er nannte mich alles zwischen einem Dummkopf und einem Feigling, aber als auch das nichts nützte, lachte er am Ende und sagte: ›Nun gut, dann koch schön!‹ Und genau das gedenke ich den Winter über zu tun. Zum Frühjahr hin kann ich immer noch neue Pläne machen, falls ich mich bis dahin langweile.«
    Wulfila nickte und hielt Wulfin, der sich geregt hatte, um dann doch weiterzuschlafen, noch etwas fester. »Ich werde wohl über das Frühjahr hinaus in Aquae bleiben«, sagte er, »oder zumindest bei Herrad, ob sie nun hierbleibt oder geht.«
    »Es wird also ernster?«
    Wulfila nickte leicht; es war Zeit, die wichtigste Neuigkeit, die Wulf versäumt hatte, loszuwerden. »Gestern wollte sie ihre Gerichtsrobe von ihrer Schneiderin holen, aber als sie dann zurückkam, hatte sie nicht nur die Robe dabei, sondern auch ein neues Seidenhemd und sagte: ›Du wolltest doch eines.‹«
    Sie war so stolz und glücklich wie ein kleines Mädchen gewesen, dass ihr die Überraschung gelungen war. Wulfila hatte es nicht übers Herz gebracht, ihr zu sagen, dass er seinerzeit vor allem deshalb ein so teures Hemd von einer Wäscheleine genommen hatte, um nicht völlig abgerissen in Mons Arbuini zu erscheinen, und nicht etwa, weil ihm der Sinn unbedingt nach Seide gestanden hätte.
    Wulfs Augen funkelten. »Ah! Dann beginnt unsere Richterin ernsthaft zu werben?«
    Wulfila nickte noch einmal. Einem flüchtigen Geliebten, den man nach einem Winter zu vergessen wünschte, gab man nicht in aller Form ein großes Geschenk, das offen gezeigt und getragen werden konnte. Ein kostbares Kleidungsstück aus Herrads Hand war fast so viel wie eine Frage, ob der Weg zu mehr frei sein würde, einem festgeschriebenen Konkubinat oder irgendwann gar einem Eheversprechen.
    Wulf schien der Gedanke zu gefallen. »Du wirst ein Gegengeschenk machen müssen«, verkündete er und klang, als gedenke er, seinen Sohn an die Hand zu nehmen, um etwas Passendes auszuwählen. »Bald. Hast du darüber nachgedacht?«
    »Ja«, sagte Wulfila. »Aber ob

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