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Tricontium (German Edition)

Tricontium (German Edition)

Titel: Tricontium (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maike Claußnitzer
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nicht weiter von vergangenen Schlachten‹, sagt Otachar, ›sieh lieber, ob dir der hier passt. Wenn ja, dann nimm ihn und kümmere dich fortan um meine Krieger. Sie sind verwildert, dort draußen im weiten Land.‹ Und Wulf sieht den Armreif an, schüttelt den Kopf und sagt: ›Du wirst sie selbst ordnen müssen.‹ Da zieht Otachar einen zweiten Armreif hervor, das Gegenstück zu dem ersten, und wiederholt seine Bitte. Aber Wulf sagt noch einmal dasselbe. – ›Einen dritten gibt es nicht‹, sagt Otachar, ›und du weißt, dass zwei schon viel sind, weit mehr, als man jemals einem Koch in Aquae schenken wird.‹ – ›Das weiß ich‹, sagt Wulf, ›aber ich lehne nicht ab, weil mir das hier nicht genug wäre. Es ist zu viel. Manche Leute ziehen sich ins Kloster zurück, wenn sie fühlen, dass sie alt und müde werden. Ich koche.‹« Diese Antwort brachte Oshelm selbst beim Erzählen noch zum Lachen. »Damit musste er sich zufriedengeben«, fuhr er fort, als er wieder zu Atem gekommen war. »So haben wir dann am Ende nicht viel für ihn getan … Ich musste nur einen Konkubinatsvertrag für ihn aufsetzen. Die erste Urkunde im neuen Haus, wie er stolz sagte, auch wenn das Haus nur ein alter Schafstall mit einigen Planen als Dach ist.«
     
    »War es wirklich so einfach?«, fragte Wulfila seinen Vater später, als sie im Badehaus am Westtor unter sich waren.
    »Nein«, sagte Wulf erwartungsgemäß, »aber belass Oshelm in dem Glauben … Mehr als das, was er mitbekommen hat, muss er nicht wissen.«
    »Keine Angst, ich rede nicht mit ihm darüber. – Wulfin, wenn du nicht aufhörst, so mit dem Wasser zu spritzen, werfen sie uns noch hinaus!«
    Anscheinend wollte Wulfin es darauf nicht ankommen lassen.
    Wulf schmunzelte und ließ das Stück Lavendelseife, in das ein kleiner Teil des Geldes aus Otachars Kriegskasse geflossen war, spielerisch eine lange Narbe an seinem Unterarm entlanggleiten, zu der er in Mons Arbuini gelangt sein musste; über ihre Entstehung hatte er sich nie ausgelassen. »Wir müssen uns ohnehin beeilen«, bemerkte er, ohne irgendwelche Anstalten zu treffen, eben das zu tun. »Sie schließen hier bald.«
    »Dann wirst du wohl auf dem Rückweg erzählen müssen, was du noch nicht erzählt hast«, sagte Wulfila und setzte unvermittelt hinzu: »Ich hatte Angst, du würdest gar nicht zurückkommen.«
    »Ich nicht«, verkündete Wulfin mit dem unerschütterlichen Vertrauen, das er sowohl in seinen Vater als auch in seinen Großvater setzte.
    Wulf schien nichts anderes erwartet zu haben. »Gelegentlich denkt der kleinste Wolf besser nach als du«, sagte er vergnügt zu seinem Sohn. »Du hättest wissen sollen, dass ich nicht bei Otachar bleiben würde.«
    Warum er nicht geblieben war, erläuterte er allerdings tatsächlich erst auf dem Heimweg, als sie in einer kleinen Schenke Halt machten, um der Novemberkälte entgehen zu können, ohne gleich nach Hause zurückkehren und sich mit neugierigen Lauschern abfinden zu müssen.
    Das »Eulenloch«, das einige Stufen tief zwischen die Grundmauern eines alten Römerhauses geduckt lag, war gewiss kein angemessener Aufenthaltsort für die Leute einer ehrbaren Richterin, aber dafür vertraut genug, um eine gewisse Geborgenheit zu bieten. Das Bier hier war gut, aber billig, so dass sie sich auch in ihren schlechten Jahren nach dem Krieg mehrfach hergeflüchtet hatten, wenn sie in Aquae gewesen waren.
    Wulfin war schon selig auf dem Schoß seines Vaters eingeschlafen, bevor Wulf über einen Becher Würzwein hinweg zu erzählen begann.
    »Es war an dem Abend, von dem Oshelm gesprochen hat, aber erst, als er schon schlafen gegangen war, während ich noch am Feuer saß. Otachar kam zu mir und bat mich, mit ihm zu reden, allein. Wir gingen in eine der neuen Hütten hinüber. Es war kalt und unbequem dort, der Türvorhang war zu dünn, um den Wind abzuhalten, und wir hatten nur ein einzelnes Talglicht; kein guter Ort, um zu reden. In der Ecke war eine Strohschütte, und dorthin setzte sich Otachar, sah mich lange stumm an und sagte mir schließlich ins Gesicht, ich hätte gelogen. Er wollte wissen, warum ich wirklich abgelehnt hatte.«
    »Was hast du ihm gesagt?«
    »Nur, dass es ihm schlecht anstünde, Fragen zu stellen, wenn er noch nicht einmal meine – unsere – nach Gudhelm und Bocernae beantwortet hätte. Aber noch während ich sprach, konnte ich hören, dass sich draußen einige seiner Krieger um die Hütte verteilten. Vielleicht sollte ich es ja sogar

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