Tricontium (German Edition)
ich in den nächsten Tagen dazu komme, etwas zu besorgen, weiß ich nicht. Denn ich werde wohl entweder damit beschäftigt sein, Ardeija zu helfen, einen Hinterhalt zu legen, oder aber hinter ihm herlaufen, um ihn davon abzuhalten, etwas noch Gefährlicheres anzustellen.«
Wulf wirkte nur in Maßen erstaunt. »Warum gedenkt er, unter die Wegelagerer zu gehen? Jagt das Hochgericht jemanden?«
Wulfila wünschte, es wäre so harmlos gewesen. »Nein. Er will Theodulf retten.«
Er versuchte, in knappen Worten zu erklären, was Asgrims Schwertmeister zugestoßen war und was Ardeija bisher unternommen hatte, aber es wurde doch eine längere Erzählung daraus.
»Dann hat Ardeija es bei dem Zauberer versucht«, gelangte er endlich zum Schluss, als sie beim zweiten Becher Wein waren, »nicht bei Malegis, sondern bei dem anderen, den Herrad neulich verurteilt hat. Aber der hielt es für eine Falle des Hochgerichts, dass da plötzlich jemand stand und wissen wollte, ob man nicht mit einem Trank oder einer Beschwörung einen zürnenden Fürsten gnädig stimmen könne, und wollte nicht helfen. Schließlich haben wir dann doch noch jemanden zu Halli gesandt, wie Asri es vorgeschlagen hatte. Ich bin nicht selbst geritten, weil Herrad im Praetorium ganz ohne Schreiber nicht ausgekommen wäre, aber wir haben Maurus hingeschickt, nur um zu erfahren, dass Halli nach einem Kampf mit einem Nachbarn, der selbst die Häuptlingswürde beansprucht, im Wundfieber liegt. Seine Tochter, die, solange er zu schwach ist, die Zügel in der Hand hat, ist verständlicherweise nicht zu erpicht darauf, ihre Krieger in dieser Lage weit vom Hof zu entfernen. Sie hat uns zwei Leute angeboten, nicht mehr, es sei denn, Asgrim käme mit seinem Gefangenen so nah an die Grenze heran, dass ein rascher Handstreich alles sei, was es brauche, und das hilft natürlich nicht viel. Deshalb will Ardeija sich jetzt selbst etwas einfallen lassen und du kannst dir vorstellen, was das heißt. Ich habe versucht, ihm die wildesten Dinge auszureden, aber das wird wenig nützen.«
Wulf faltete die Hände. »Ist ihm auch in den Sinn gekommen, dass Theodulf womöglich gar nicht befreit werden möchte?«
»Nun ja, Theodulf hat gesagt, dass er Angst vor dem hat, was Asgrim tun könnte, wenn diese Sache nicht nach seinem Willen ausgeht«, sagte Wulfila zögernd, »aber man kann doch nicht einfach zulassen, dass er sich leichtfertig opfert.«
Sein Vater schüttelte den Kopf. »Das meine ich nicht. Der Wunsch, andere zu schützen, mag einer seiner Gründe sein, doch vielleicht will er auch um seiner selbst willen nicht gerettet werden.«
»Das ist doch Unsinn!«
»Nicht unbedingt.« Wulf musterte die tanzenden Schatten, die die zuckenden Flammen der Feuerstelle auf die kahlen Wände malten. »Stolz und Furcht können einen zu sehr seltsamen Schritten verleiten. Theodulf war ein hervorragender Schwertmeister, aber das ist er nun nicht mehr, und ob er etwas anderes sein will, weiß ich nicht. Ich könnte mir denken, dass es ihm leichter erscheint, einige schlimme Tage durchzumachen und dann von Asgrims Hand zu sterben, als auf Jahre hinaus von den Almosen einer ehemaligen Geliebten und eines Sohnes, der ihn bis vor wenigen Wochen noch nicht einmal besonders gut leiden konnte, zu leben.«
Wulfila schwieg sehr lange. »Wie Recht du auch haben magst, sag kein Wort davon zu Ardeija«, bat er schließlich mit gesenkter Stimme und fuhr Wulfin, der wach geworden war und sich nun schläfrig aufrichtete, sacht durchs Haar. »Und auch zu niemandem, der es ihm weitererzählen könnte.«
Wulf versprach es ihm.
44. Kapitel: Unbesungen
»Ich habe euch gestern im ›Eulenloch‹ reden hören«, sagte Ardeija.
Wulf ließ sich von seinem vorwurfsvollen Tonfall nicht weiter beeindrucken, sondern fuhr fort, Zwiebeln zu schneiden, als wäre alles in bester Ordnung. »Wir haben gar nicht bemerkt, dass du da warst. Wenn du zu uns herübergekommen wärst, hätten wir dich sicher zum Wein eingeladen.«
»Ich hätte keinen gewollt.«
Wulf nahm eine weitere Zwiebel zur Hand und begann sie in aller Ruhe zu häuten. »Kann ich denn jetzt etwas für dich tun?«
Die Frage war nicht so harmlos, wie sie klang; das Wissen, dass Ardeija sich zu dieser Tageszeit eigentlich im Praetorium oder auf seiner Runde durch die Stadt hätte befinden sollen, schwang deutlich mit.
Ardeija streichelte Gjuki, der sich erst jetzt aus seinem Kragen hervorwagte. »Du kannst Wiedergutmachung dafür leisten, dass du
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