Trieb: Paul Kalkbrenner ermittelt. Bd. 3 (Ein Paul-Kalkbrenner-Thriller) (German Edition)
stellen?«
Kalkbrenner schob das Mikrofon des Tonbandgeräts noch näher zu Peglar hinüber. »Erzählen Sie uns, was Sie wissen.«
»Und wir«, fügte Thanner lächelnd hinzu, »überlegen uns anschließend, ob wir Ihnen glauben.«
65
Als es dämmerte, fiel Anna ein, was sie während ihrer Suche in Manuels Zimmer irritiert hatte, und Furcht streifte sie wie ein eisiger Windhauch. Sie erwachte mit einem Schrei. Sofort war da wieder dieses Schuldgefühl.
Wie kannst du nur schlafen
,
während dein Sohn vermisst wird?
Von der Wohnungstür erklang ein Geräusch. Ein Hoffnungsschimmer flackerte auf. Mit einem Satz sprang Anna vom Sofa.
Wenn Manuel jetzt nach Hause kommt
,
dann verzeihe ich ihm alles.
Die Unordnung, seine Lügen, wirklich alles.
Im Korridor stand Alan.
Annas Zuversicht verflüchtigte sich so schnell, wie sie gekommen war. »Wo warst du?«
Ihr Mann zog eine Schachtel Marlboro aus der Jackentasche. »Ich hatte keine mehr.«
Unwillkürlich tastete Anna ihre Hosentaschen nach ihren Zigaretten ab.
Alan hielt ihr die neue Packung hin. »Möchtest du?«
Sie lehnte dankend ab. Marlboro war nicht ihr Geschmack. Sie eilte in die Küche, wo ihre Gauloises lagen. »Warum hast du mich schlafen lassen?«
Alan friemelte eine Zigarette aus seiner Schachtel, die er danach wieder in der Jackentasche verstaute. »Ich dachte, du kannst eine Mütze Schlaf vertragen.«
»Weil ich die nächsten Tage keinen Schlaf mehr finden werde?« Ihre Stimme klang scharf.
»Wie kommst du denn darauf?«
»Manuel ist …« Sie konnte nicht mehr weitersprechen und nahm einen neuerlichen Anlauf. »Er hat weder ein zweites Hemd noch eine zusätzliche Hose eingepackt. Noch nicht einmal seine PlayStation. Nichts.«
»Du glaubst also, er hatte nicht vor auszureißen?«
»Manuel ist nicht ausgerissen«, platzte es aus ihr heraus. »Ihm ist etwas passiert. Ich bin mir ganz sicher. Wir müssen wieder zur Polizei.«
Keine zehn Minuten später betraten sie erneut die Wache. Der kugelrunde Funkels hatte seine Schicht beendet, doch der diensthabende Polizeikommissar Hansen war glücklicherweise über ihr Anliegen informiert. Er stellte Anna weitere Fragen zu ihrer Verwandtschaft.
Sie verlor die Geduld. »Das habe ich doch gestern Abend alles schon erklärt.«
»Aber könnte Manuel nicht zu seinen Großeltern gefahren sein?«
»Meine Mutter ist gestorben, und mein Vater redet nicht mehr mit mir, seit ich ein zweites Mal geheiratet habe. Manuel hat seinen Großvater in den letzten vier Jahren nicht gesehen.«
»Was ist mit den Eltern Ihres verstorbenen Ehemannes?«
»Die leben in Spanien. Manuel weiß nicht einmal genau, wo Spanien liegt. Und bevor Sie fragen: Seine Tante wohnt auch im Ausland.«
Annas Handy summte. Sie wandte sich von Hansen ab und nahm an. Es war Nina, sie meldete sich aus der Agentur. »Wo steckst du denn? Wir warten mit dem Meeting auf dich. Alle sind schon da.«
»Ich kann nicht kommen«, eröffnete ihr Anna.
»Geht es Manuel nicht gut?«
Wenn es nur das wäre!
»Nein, er ist weg.«
»Wie? Weg?«
»Verschwunden.«
»Du meinst … Soll ich vorbeikommen?«
»Nein, nein, Alan ist da. Er hilft mir. Aber kannst du dich um … Sachsopharm
kümmern?« Ihre eigenen Worte klangen für Anna seltsam fremd in ihren Ohren.
Vergiss Sachsopharm.
Jetzt gab es wirklich Wichtigeres. »Das Exposé ist auf meinem Rechner abgespeichert. Du müsstest noch einmal drüberschauen und es korrigieren. Und die Präsentation am Montag …«
»Darling, mach dir keinen Kopf. Ich kümmere mich darum. Und wenn du Hilfe brauchst, dann melde dich.«
Polizeikommissar Hansen hatte geduldig gewartet, bis sie das Gespräch beendete, dann erkundigte er sich nach Alans Verwandtschaft.
»Nun, eigentlich ist da nur Bernd, mein Bruder.«
»Bernd E. Benson?« Der Beamte prüfte seine Notizen. »Ist das nicht der …?«
»Ja, der Künstler. Aber tut das jetzt etwas zur Sache?«
»Nein, natürlich nicht«, entschuldigte sich Hansen. »Aber wäre es nicht möglich, dass Manuel bei ihm ist?«
»Nein, außerdem haben wir bereits mit Bernd gesprochen«, fuhr Anna auf.
»Gut«, sagte Hansen.
Was ist daran denn gut?
»Trotzdem brauche ich die Adressen und Telefonnummern aller Verwandten und Bekannten«, sagte der Polizist, »auch der Freunde von Manuel, seiner Schulkameraden, seiner Lehrer, sofern Sie sie dabeihaben. Ansonsten können Sie sie mir auch gleich telefonisch durchgeben.« Er sah in seine Unterlagen. »Eine detaillierte
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