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Trieb: Paul Kalkbrenner ermittelt. Bd. 3 (Ein Paul-Kalkbrenner-Thriller) (German Edition)

Trieb: Paul Kalkbrenner ermittelt. Bd. 3 (Ein Paul-Kalkbrenner-Thriller) (German Edition)

Titel: Trieb: Paul Kalkbrenner ermittelt. Bd. 3 (Ein Paul-Kalkbrenner-Thriller) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Krist
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über den Asphalt. Tabori zitterte vor Kälte. Klappernd schlugen seine Zähne aufeinander. Er versuchte, den Böen zu entgehen, indem er sich nahe entlang der Häusermauern bewegte. Die Fassaden, die ihm bei seiner Ankunft in der Stadt noch so imposant und herrschaftlich erschienen waren, ragten jetzt grau und trist in den Himmel. Gefangen in ihren riesigen Schatten kam sich Tabori winzig vor, inmitten der vielen Menschen allein und verlassen.
    Von einem Fensterbrett brach er sich einen Eiszapfen ab. Er nahm ihn in den Mund, wo er nach und nach zu Wasser zerschmolz. Das löschte immerhin den gröbsten Durst. Als er ihn sich wieder besah, ähnelte der verbliebene Zapfen einem gläsernen Speer. Am liebsten hätte er ihn in eines der Schaufenster geworfen. Er wollte es krachen hören. Er wollte das Glas in tausend Splitter zerfallen sehen.
    Unter dem breiten Vordach eines türkischen Krämerladens stapelten sich frisches Obst und Gemüse in den Auslagen. Ein Verkäufer in weißem Kittel sorgte sich geschäftig um die ersten frühmorgendlichen Kunden. Der kleine Junge, der sich neben den Kisten herumdrückte, war ihm noch nicht aufgefallen.
    Tabori zögerte. Worauf wartete er? Er würde sich schämen. Auch seine Mutter würde nicht stolz auf ihn sein, aber er brauchte ihr ja nichts davon zu erzählen. Für diesen Gedanken schämte er sich noch mehr. Aber der Hunger war einfach stärker.
    Wie von selbst glitt seine Hand nach vorn. So als gehöre sie gar nicht mehr zu ihm. Sie griff nach einem Apfel und vergrub ihn geschwind unter seinem Parka. Ebenso schnell brach sie von einem Büschel eine Banane ab, stopfte sie in die Jacke. Sie nahm sich noch eine Orange, dann drehte sich Tabori um. Ihm war, als würde jemand anders seine Bewegungen steuern. Und dieser Jemand schrie in dem Augenblick aus Leibeskräften:
Und jetzt nur noch weg!
    Doch er konnte sich nicht von der Stelle bewegen. Ein Mann hatte Tabori am Kragen gepackt.

64
    Das Vernehmungszimmer im
Politiebureau
war klein, aber dank eines hohen, vergitterten Fensters ungewöhnlich hell. Es gab den Blick auf die berühmte Prinsengracht frei, die sich mitten durch Amsterdams historisches Zentrum schlängelte. Hausboote, die unter einer Schneeschicht fast zu versinken drohten, lagen auf beiden Seiten des Kanals fest vertäut.
    Marten Peglar hatte mit der idyllischen Schönheit des erwachenden Morgens wenig gemein. Sein teurer Anzug war von der Nacht in der Zelle zerknittert, Kinn und Wangen waren unrasiert und stoppelig, das bis in die Spitzen blondierte Haar ohne Halt. »Sie kommen aus Deutschland?«, fragte er. »Vielleicht können Sie
mir dann endlich verraten, warum man mich verhaftet hat?«
    Paul Kalkbrenner blickte zum holländischen Vernehmungsbeamten auf, der mit ihnen im Raum stand. Er nickte. Kalkbrenner schob das Mikrofon des Tonbandgeräts näher an Peglar heran. »Sie wurden verhaftet, weil Sie Ihren Bruder ermordet haben.«
    In Peglars grauen Augen spiegelte sich jene Arroganz, die Kalkbrenner bereits auf den Fotos erahnt hatte. »Wieso hätte ich das tun sollen?«
    »Weil er Ihnen auf die Schliche gekommen ist«, antwortete Thanner.
    »Wovon reden Sie?«
    »Von De Jong
.
«
    »Was soll mit dem sein?«
    »Das Gleiche wie mit Kombifleisch
.
«
    »Ich habe keine Ahnung, worauf Sie hinauswollen.«
    »Warum, Herr Peglar? Wegen Ihrer Schulden?«
    »Ich weiß wirklich nicht, was Sie meinen.«
    »Oder für die Firma?«
    »Wie bitte?«
    »War Ihr Bruder an den Geschäften beteiligt?«
    »Wären Sie jetzt bitte so liebenswürdig, mich darüber aufzuklären, wovon Sie reden?«
    Thanner brachte seinen voluminösen Oberkörper in Stellung. »Ich frage mich schon die ganze Zeit, was passieren würde, wenn Fahnder des LKA in Babelsberg auftauchten. Was würden unsere Kollegen in Ihrer Firma finden?«
    Doch Peglars Selbstherrlichkeit war nicht zu erschüttern. »Tomatensuppe. Hühnersuppe. Rinderbraten. Und noch viele andere Produkte. Was denken Sie denn?«
    »Vermutlich finden wir tatsächlich nichts«, spie Thanner aus. »Wahrscheinlich wurde das Gammelfleisch längst zu Fielmeisters Beste
verwurstet und an den Handel ausgeliefert. Ihr Bruder hatte keine Ahnung davon, und als er dahinterkam, haben Sie ihn umgebracht: So war’s doch, hab ich recht?«
    Peglar kreuzte die Arme vor seiner Brust. »Das ist vollkommener Quatsch. Sie spinnen sich da was zurecht.«
    In einem der Hausboote auf dem Kanal flammte ein Licht auf. An einem Frühstückstisch studierte ein Mann eine

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