Trieb: Paul Kalkbrenner ermittelt. Bd. 3 (Ein Paul-Kalkbrenner-Thriller) (German Edition)
Prostitution: Beide, Mann wie Frau, gehen anschaffen. Sie bieten sexuelle Dienstleistungen für ein Entgelt. Und wie weibliche gibt es männliche Prostitution schon immer. »Männliche Prostitution hat es in der Nähe großer Bahnhöfe schon immer gegeben«, weiß der Sozialpädagoge Rainer Ulfers vom Stricherprojekt Basis e.V. in Hamburg im Gespräch mit »Spiegel Online«. »Im Unterschied zu heute vollzog sie sich unauffälliger und die Jungs wurden bei Entdeckung sofort in Fürsorgeheime gesteckt.«
Weibliche Prostitution ist institutionalisiert. Es gibt Bordelle, Clubs, sogar eine Vielzahl Gesetze, die die Prostituierten maßregeln. Und es gibt Zuhälterei und Menschenhandel, was in der männlichen Prostitution nur in den seltensten Fällen vorkommt. Frauen können, so sagt man auch, bis ins hohe Alter anschaffen gehen, für jeden Fetisch gibt es schließlich auch Freier.
Jungs, die anschaffen, können das nicht, es sei denn sie spezialisieren sich als Callboys und bieten spezielle Dienstleistungen. Frauen werden heute auch nur noch in den seltensten Fällen in ihrer sexuellen Identität angegriffen, sobald sie kundtun, sie würden als Prostituierte arbeiten. Männer, die anschaffen gehen, gelten automatisch als schwul.
Im Volksglauben ist der Callboy eine knackige Offerte für die solvente Frau. Es gibt sogar Männer, die diesem Gerücht Glauben schenken und sich dementsprechend selbständig machen wollen, in der Hoffnung, nicht nur viel Geld, sondern auch viel Sex mit schönen Frauen zu bekommen.
»Ich bekomme Anrufe von Männern, die in das Gewerbe einsteigen möchten – aber für Frauen«, weiß Sabine Reinke vom Stricherprojekt Looks e.V. in Köln. »Das finde ich putzig; diese Männer haben seltsame Vorstellungen und halten sich für Gottes Geschenk an die Frauen. Sie wollen den Job dann im Schlafzimmer bei sich zu Hause machen, neben Schlafzimmerschrankwand, Wäschetruhe, Fernseher und den weißen Socken vor dem Bett.«
Der Normalfall, und der professionelle noch dazu, ist aber der: Ein separater Raum mit entsprechend stimulierendem Interieur, ein Handy für die Erreichbarkeit, Annoncen in einschlägigen Zeitschriften und vor allem die Bereitschaft, schwule Kundschaft zu bedienen. Denn, so Sabine Reinke, »es gibt keinen Markt für Callboys, die Frauen bedienen. Frauen nehmen kommerzielle Sexdienstleistungen nicht in Anspruch.«
Wer’s noch immer nicht glaubt, der wirft einen Blick in die Kontaktrubriken der einschlägigen Magazine wie die Berliner Illustrierte »Tip«: Eine Anzeige unter » ER für SIE «: »Attrakt. U. niveauvoll! Rico 36/186/80 gepflegt, mit sportl., knackigem, gebräuntem Po, xxl-bestückt, verwöhnt zärtlich u. einfühlsam, anspruchsvolle Damen/Paare (kein bi.). Diskrete Besuche/Empfänge! 0162/7328669 (Anrufe nur von Ihr).«
Allerdings 75 Anzeigen unter » ER für IHN «. Die lesen sich so: »Oral Total! Gibt dir Mann (Ende 30)! Lutsche dir auch Eier und Loch! Preis ist Alters und gewichtsabhängig! Tel. 39420492.« Oder so: »Extrem-Riesenschwanz, 24×6! Richtig hart! Der besondere Kick! Jeff, 30/193, versaut, akt. FF , uvm, mit Playroom u. Zeit. Tel. 29348323.« Oder so: »Hübscher Brasilboy, 25, 176, 68 – süß + sexy! Bläst dich in den Himmel – Lässt sich geil abficken! Empfang, H/H . Tel. 242339229.«
Tatsächlich sind es ausschließlich schwule Männer, die einen professionellen Liebesdiener mieten, oder heterosexuelle Männer, die ihren Horizont erweitern wollen: Freier dieser Sorte gibt es viele und, ganz nebenbei, Callboys, die diese Nachfrage stillen, ebenso: »Hast du (M-40) mal Bock, einen Mann zu ficken? Dann ruf an! Tel. 39120534. Ich M, 25/176, sportl., unbeh., dkl.h., rasiert. Trau dich!«
Warum bieten diese Männer ihren Körper gegen Geld an? Für manche ist es ein Nebenverdienst, andere finanzieren sich das Studium damit. Manchmal waren Callboys zuvor Stricher und haben mit 18, 19 Jahren – ein Alter, in dem sie für die Freier, die am Bahnhof oder in Stricherkneipen auf Jungenfang gehen, unattraktiv geworden sind – aus der Not eine Tugend gemacht und sich professionalisiert.
Was einfach klingt, ist harte Arbeit: Sofern Callboys nämlich nicht in einem Gay-Club – dem schwulen Pendant zum Nachtclub der weiblichen Prostitution – arbeiten können, muss ein professioneller Callboy erst einmal investieren. Ein Handy und ein Appartement reichen in den seltensten Fällen aus.
»Was sie in der Regel recht schnell merken«, so
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